Anti-Asylpaket II - Ein wütender Kommentar

Anti-Asylpaket II – Ein wütender Kommentar

Nun also ein neues „Asylpaket“. „Asylpaket II“ genannt. Wenn man rein guckt, ist es jedoch nichts anderes als ein Anti-Asylpaket. „Thema verfehlt, sechs, setzen!“ wäre der richtige Kommentar. Oder auch: „Zynisch und menschenverachtend und eines Rechtsstaats unwürdig“.

Ja, ich bin wütend. Wütend, weil ein weiteres Mal nichts aber auch gar nichts zur Bekämpfung von Fluchtursachen getan wird – was der einzige Weg zum immer wieder verkündeten Ziel, der Senkung der Flüchtlingszahlen, wäre. Nicht zur besseren Unterstützung der internationalen Hilfsorganisationen, damit die Menschen in den Flüchtlingslagern rund um Syrien nicht weiter hungern müssen. Kein Stopp von Waffenexporten, keine Idee, wie dieser fürchterliche Bürgerkrieg in Syrien beendet werden kann. Nicht mal der Versuch der Stabilisierung des norafrikanischen Raums. Nichts. Auch keine Maßnahmen für die dringend notwendige Integration. Dafür ein weiteres Mal das Verbiegen des individuellen Rechts auf Asyl, neue Grausamkeiten, die Rechtspopulisten und Nazis aller Coleur sicher sehr freuen werden und reflexartige Maßnahmen, die den Geflüchteten das Leben schwer machen. Ja, das macht mich einfach nur noch wütend!

Und wer es gern etwas ausführlicher hat, hier meine (zugegeben etwas polemischen) Kurzbemerkungen zum Anti-Asylpaket der Bundesregierung:

 

Aussetzung des Familiennachzugs

Geregelter Familiennachzug ist ein – und derzeit leider so ziemlich der einzige – sicherer Fluchtweg. Wer den Familiennachzug aussetzt nimmt in Kauf, dass noch mehr Frauen und Kinder ins Mittelmeer getrieben werden! Jeder, der diesem Paket zustimmt,macht sich schuldig an jedem einzelnen Kind, das im Mittelmeer ertrinken wird. Jeder!

Und die Aussetzung des Familiennachzugs verhindert Integration. Sollen wir jetzt dem Familienvater sagen: „Such dir eine Wohnung, lern deutsch, geh arbeiten, aber deine Familie, die kannst du erst in zwei Jahren (vielleicht, wenn uns bis dahin nicht noch eine neue Schikane eingefallen  ist) nachholen. Wenn die bis dahin gestorben ist – vor Hunger in der eingekesselten Stadt, an den Bomben welcher Kriegspartei auch immer oder durch deutsche Waffen in Händen des IS – was gehts uns an?“  Oder auch: „Hey, wir finden ja eigentlich allein reisende männliche Flüchtlinge ein totales Problem. Und jetzt haben wir uns überlegt, dass wir einfach verhindern, dass diese allein reisenden männlichen Flüchtlinge auch allein in Deutschland bleiben sollen. Das ist zwar nicht sonderlich logisch, aber hey, noch schlimmer als viele allein reisende männliche Flüchtlinge sind noch mehr Flüchtlinge.“

Ach und das alles ist ein Kompromiss, weil wir ja ansonsten Kontingente vereinbaren, mit denen wir die Familien aus den Flüchtlingslagern aus Jordanien, dem Libanon und der Türkei schneller raus holen. Dass das aber erst noch auf EU-Ebene vereinbart werden muss, und wir ja alle wissen, wie einigungsfreudig die EU in diesen Fragen gerade ist, egal. Es klingt einfach super! So nach: So schlimm sind wir doch gar nicht.

Bisher gab es in Deutschland den Konsens auf das Recht auf Zusammenleben in der Familie. Nach diesem Beschluss kann man wohl getrost feststellen: Das gilt aber für CDU, CSU und SPD nur für Deutsche. Die AfD, Pegida & Co wird das sehr gern hören!

 

Weitere „sichere“ Herkunftsstaaten und Besondere Aufnahmeeinrichtungen

Länder werden nicht automatisch zu sicheren Herkunftsländern weil die Bundesregierung das beschließt. Auch an den Fluchtursachen wird dies nichts ändern. In unserem Rechtsstaat ist Asyl ein individuelles Grundrecht, das nicht nach Bedarf hingebogen werden und einzelnen oder Personengruppen vorenthalten werden darf. Und mal ernsthaft, Algerien, Tunesien, Marokko, da fahren wir schließlich alle gern in den Urlaub hin (ok, außer vielleicht nach Algerien). Allein das beweist doch schon, dass da alles schick ist!

Das, was hier gemacht wird folgt genau einer Logik: Deutschland merkt, es kommen viele Flüchtlinge und das findet die CSU im Verbund mit Nazis und Rechtspopulisten doof. Also suchen wir uns mal ein paar Länder aus, wo wir finden, dass die Menschen, die von dort kommen, gar nicht verfolgt sein dürfen. Für die Menschen aus den Ländern machen wir Sondergesetze und nehmen ihnen das individuelle Recht auf Schutz vor Verfolgung (schließlich haben wir gerade festgelegt, dass es da per se keine Verfolgung gibt!), sperren sie in „besondere Aufnahmeeinrichtungen“ und schicken sie schnell wieder zurück. Oder wir tun zumindest so, denn blöderweise können wir ganz viele von ihnen nicht zurück schicken, weil ihnen ja doch Gefahr für Leib und Leben droht (aber das sagen wir nicht so laut, sonst würde ja unsere ganze Argumentation zusammenbrechen!). Das Ergebnis ist, dass zwar dennoch viele in Deutschland bleiben – mit unsicherem Aufenthaltsstatus – aber immerhin haben wir keine Kosten für Integration, weil die verwehren wir ihnen ja, weil sie ja schließlich nicht verfolgt werden. Also kriegen sie keine Sprachkurse und arbeiten dürfen sie auch nicht. Aber immerhin haben wir Handlungsfähigkeit bewiesen! Das ist Symbolpolitik zur Beruhigung der Seele sogenannter besorgter Bürger auf dem Rücken der Menschen – und nichts anderes!

 

Abschiebung trotz Krankheit

Und dann haben wir noch gemerkt, dass es Menschen gibt, die wir eigentlich gern schnell wieder los werden wollen, aber leider haben die Traumata erlitten oder sind schlicht krank. Bisher galt, dass solche Menschen nicht abgeschoben werden dürfen, wenn in den Herkunftsländern nicht gesichert ist, dass sie angemessen behandelt werden können. Und deshalb erfinden wir mal ein paar neue Regeln, um diese dennoch los zu werden. Sowas wie: Wenn irgendwo im Herkunftsland eine Behandlung möglich wäre, schicken wir die dennoch zurück. Schließlich kann man ja wohl verlangen, dass sie sich dann mal da hin begeben. Wenn man es weiter denkt, müssen wir eigentlich nur irgendwo einen Bereich im Herkunftsland schaffen, den wir militärisch abriegeln, da bauen wir nen Krankenhaus, am besten noch ne Landebahn für die Flugzeuge mit den Kranken daneben, und dann können wir die alle zurück schicken. Wie die da – nach Gesundung – überleben können? Also das geht uns nun wirklich nichts mehr an!

Und psychische Traumata? Also mal ernsthaft, gibts sowas wirklich? Und wenn ja, das ist uns doch egal. Sollen sie halt gucken, wie sie die wieder los werden. Am besten dort, wo sie sie erlitten haben!

 

Und nun?

All das wird übrigens nicht helfen, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren. Flüchtingszahlen zu reduzieren heißt, Menschen dort, wo sie am liebsten wohnen – bei sich zu Hause – eine Lebensperspektive zu geben.Weder schafft man das, indem man 130 Milliarden Euro in die Bundeswehr pumpt (was ja eigentlich nru bedeuten kann, dass man sich künftig noch ein bisschen mehr an Kriegen beteiligen will, die übrigens immer neue Flüchtlinge produzieren), noch indem man denjenigen, die es bis hierher geschafft haben, das Leben schwer macht und ihnen Integration verweigert!

Mit diesem Anti-Asylpaket hat sich ein weiteres gezeigt, dass CDU, CSU und (leider auch) SPD lieber PEGIDA- und AfD-Forderungen nachgeben, statt sich um die eigentliche Aufgabe, nämlich Integration, zu kümmern. Oh, fast vergessen, während man bei der Aushöhlung des Asylrechts sehr schnell zu konkreten Vereinbarung kommt, reicht es bei der Integration gerade mal für eine Arbeitsgruppe. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, kann aber hier auch gleich ein paar Tipps geben:

  • Integrations- und Sparchkurse sehr schnell für alle, nicht nur für diejenigen mit gesichertem Status und diejenigen aus Iran, Irak, Syrien und Eritrea.
  • Aufhebung von Arbeits- und Bildungsverboten und Abschaffung der Vorrangprüfung
  • Beschleunigung und Entbürokratisierung der Berufsanerkennung und Ausbau ergänzender Bildungsangebote
  • Schaffung von preiswertem Wohnraum durch Sozialwohnungsbauprogramm

Das würde schon mal sehr helfen und könte auch sehr schnell greifen. Warum nur habe ich die Befürchtung, dass sich im Ergebnis der Arbeitsgruppe davon nicht allzuviel wieder finden wird?

Lasst uns endlich anfangen, den Geflüchteten Lebensperspektiven zu eröffnen!