Erste Bewährungsprobe der Zählgemeinschaft im Kreistag nach der Landratswahl gründlich schief gegangen

Erste Bewährungsprobe der Zählgemeinschaft im Kreistag nach der Landratswahl gründlich schief gegangen

Die Haushaltsberatung ist die jährliche „Sternstunde“ der Kommunalvertretung. Mit dem Haushalt werden schließlich die Weichen für das kommende Haushaltsjahr gestellt, also wird festgelegt, wofür im Landkreis das Geld ausgegeben werden darf. Wir hatten als LINKE dazu einige Anträge gestellt. Unser Schwerpunkt war dabei die Senkung der Kreisumlage. Die Kreisumlage wird durch die Kommunen an den Landkreis für die Erledigung seiner Aufgaben gezahlt. Sie wird vom Kreis festgelegt und orientiert sich an seinem Bedarf. Zwar wies der Haushaltsentwurf des Landkreises ein Defizit aus, was eine höhere Kreisumlage als in den vergangenen Jahren gerechtfertig hätte, jedoch waren nicht alle zu erwartenden Ennahmen im Haushalt berücksichtigt. So ist bekannt, dass der Landkreis eine Erstattung des Landes aus Vorhaltekosten für leer stehende Asylunterkünfte bekommen wird, diese war jedoch nicht berücksichtigt. So sprachen wir uns dafür aus, die Kreisumlage von den geplanten 44,5% auf 42,5% zu senken. Die Forderung deckte sich auch mit der vieler Bürgermeister im Havelland.

So erwarteten wir bei der gestrigen Kreistagssitzung eigentlich eine spannende Haushaltsberatung. Doch wenige Tage vor der Kreistagssitzung teilte der Landrat Roger Lewandowski mit, dass er den Punkt Haushalt von der Tagesordnung nimmt. Mit übrigens genau der Begründung, die wir vorgebracht haben. Aber stimmt diese? Wenn man heute die Märkische Allgemeine liest, ergibt sich ein anderes Bild, und das lässt tief blicken. Dort erfahren wir, dass der Kreisvorsitzende der SPD, Martin Gorholt (der nebenbei auch Landratskandidat war, aber gescheitert ist), – entgegen vorheriger Absprachen in der Zählgemeinschaft – den Haushalt in letzter Minute verändern wollte. Die CDU wollte den Haushalt denoch verabschieden, ganz im Sinne des CDU-Landrats und seines SPD-Finanzdezernenten, der noch am Wochenende erklärt hatte, dass es keine Spielräume für eine Senkung der Kreisumlage gäbe. Und so sah sich der Landrat gezwungen, den Haushalt von der Tagesordnung zu nehmen. Wir finden das politisch erst einmal in Ordnung, wenn denn am Ende tatsächlich dabei raus kommt, dass die Städte und Gemeinden entlastet werden.

Die andere Ebene ist aber die politische, und die finde ich hier die eigentlich spannende. Wer den Landkreis ein wenig kennt, weiß, dass bis vor wenigen Monaten – also so lange Landrat Schröder im Amt war – ein solcher Vorgang undenkbar gewesen wäre. Weder hätte dessen SPD einen solchen Aufstand gewagt, noch hätte sich die CDU oder eine andere Partei der Zählgemeinschaft so etwas getraut. Nach außen hin wurde immer Einigkeit demonstriert und auch deshalb galt Schröder als starker Mann.

Ein solches Vorgehen des SPD-Vorsitzenden, auch noch unter Gesichtsverlust seines eigenen Finanzdezernenten, kann man deshalb auch so deuten, dass er nicht will, dass der neue Landrat einen Erfolg feiert und seinen ersten Haushalt unbeschadet durchbringt. Damit ist dieser erst einmal geschwächt, was vielleicht gar nicht aufgefallen wäre, wenn der ganze Vorgang nicht öffentlich geworden wäre.

Gleichzeitig heißt das aber auch, dass die Zählgemeinschaft ihre erste große Bewährungsprobe nach der Landratswahl erfolgreich in den Sand gesetzt hat. Hatte es schon Ärger gegeben, weil die SPD mit LINKEN und Grünen ausgelotet hatte, ob bei einer Wahl im Kreistag auch ein rot-rot-grünes Bündnis möglich wäre (was daran gecsheitert ist, dass die SPD am Ende doch kalte Füße bekommen und damit einen Politikwechsel hin zu konsequent sozialer, gerechter, demokratischer und ökologischer Politik im Havelland verhindert hat), dürfte eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zählgemeinschaft jetzt erst einmal nachhaltig gestört sein. Gerade beim wichtigsten Projekt des Jahres – dem Haushalt – dem neuen Landrat eine solche Niederlage beizubringen, wird dieser sich mit Sicherheit für einige Zeit merken.

Und: Im Kreistag sind viele Entscheidungen unumstritten und oft liegen die Positionen nicht sehr weit auseinander. Ein Landrat kann deshalb auch ohne Zählgemeinschaft agieren und sich jeweils seine Mehrheiten suchen, dass das funktioniert, kann man sich in anderen Landkreisen anschauen. Natürlich ist eine solche „Koalition“ bequem, weil man auf eine sichere Mehrheit setzt und nicht jedes Mal mit allen Akteuren ins Gespräch kommen muss. Gerade im Havelland konnten wir jedoch auch beobachten, dass dies schnell dazu führt, dass sinnvolle Vorschläge der Opposition mit teils völlig unsinnigen Begründungen abgelehnt wurden und die Diskussionskultur die Bezeichnung „Kultur“ nicht mehr verdient hatte. Damit ging es nicht mehr um die bestmöglichen Lösungen für den Landkreis sondern um das, was der Landrat wollte. Wir spüren aktuell, dass der neue Landrat hier zumindest ansatzweise einen neuen Umgang versucht. Mit der Fortsetzung der Zählgemeinschaft setzt aber auch er auf die vermeintlich sichere Mehrheit. Dass er sicher dieser aber eben nicht sicher sein kann, zeigt dieser Vorgang.

Bleibt also eigentlich nur eine Frage: Wenn der Landrat also gleich bei der ersten großen Bewährungsprobe so vorgeführt wird, welchen Wert hat dann noch eine Zählgemeinschaft?

 

Und was gab es sonst noch so bei de Kreistagssitzung? Es ging um die Abfallgebührensatzung des Landkreises, die einstimmig den Kreistag passierte. Und die Gebühren für den Rettungsdienst wurden gesenkt, was dadurch möglich wurde, dass die Zahl der Einsätze sich erhöht hat und damit der einzelne Einsatz wirtschaftlicher zu erledigen ist.

Außerdem haben wir beantragt, einen Aufsichtsrat für die Schloss Ribbeck GmbH zu bilden. Diese kreiseigene Gesellschaft ist bislang die einzige, die der Kontrolle durch den Kreistag faktisch entzogen ist, da ein solches Gremium nicht existiert. Das führt auch dazu, dass die strategische Ausrichtung der Gesellschaft bisher faktisch nur durch den Landrat bzw. die Verwaltung erfolgte und die Kreistagsabgeordneten maximal durch das jährlich zu bewilligende Budget Einfluss nehmen konnten. Als LINKE forden wir deshalb bereits einige Zeit ein Beteiligungsgremium, auch um die Debatte, welche Ausrichtung die Gesellschaft haben soll, zu forcieren. Bislang ist sie vor allem auf Tourismus ausgerichtet und wir wollen, dass das Schloss Ribbeck ein „Haus für Alle“ wird, also die Potentiale auch der Bevölkerung des Landkreises zu Gute kommen. Wir wünschen uns bspw. eine Zusammenarbeit mit den Schulen der Region, ein niedrigschwelliges und sozial verträgliches Angebot und eine Gastronomie, die nicht nur auf Menschen mit großem Geldbeutel setzt. Unser Antrag wurde von den anderen Fraktionen begrüßt und in den Fachausschuss überwiesen, wo nun die Debatte stattfindet, welche Größe der Aufsichtsrat haben soll. Wir können also davon ausgehen, dass bei der kommenden Kreistagssitzung dieses Gremium geschafen wird.