Flüchtlingspolitik in Brandenburg - Handreichung zum aktuellen Sachstand

Flüchtlingspolitik in Brandenburg – Handreichung zum aktuellen Sachstand

Für KommunalpolitikerInnen und in der Flüchtlingsarbeit Aktive habe ich einen aktuellen Sachstand zur Flüchtlingspolitik in Brandenburg erarbeitet. Dieser erscheint in einer Broschur der Landtagsfraktion. Es gibt auch eine Version zum einfachen Ausdrucken. Der Text ist auch hier dokumentuiert:

 

Derzeit ist das Thema Asyl und Flüchtlinge in aller Munde und auch die Presse ist voll mit Meldungen zu steigenden Flüchtlingszahlen und Diskussionen um neu zu errichtende Unterkünfte. Dabei treten immer wieder Fragen auf: Wie sind Unterkunft und Betreuung von Flüchtlingen in Brandenburg eigentlich organisiert?Welche Hilfen zur Integration gibt es, wer ist wofür zuständig und wie wird das finanziert?

Diese Handreichung soll KommunalpolitikerInnen, in der Flüchtlingsarbeit Aktiven und Interessierten einen schnellen Überblick über den aktuellen Sachstand zur Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen in Brandenburg geben. Es wird versucht, ein schnelles Erfassen der wichtigs- ten Entwicklungen und Fakten zu ermöglichen.

Aufgrund der dynamischen Entwicklung gibt es regelmäßig Veränderungen, weshalb eine Aktualisierung dieser Handreichung in unregelmäßigen Abständen geplant ist. Die jeweils aktuelle Fassung finden Sie auf www.linksfraktion-brandenburg.de

 

Situation auf Bundesebene

Die aktuelle Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) besagt, dass im Jahr 2015 voraussichtlich 400.000 Erstanträge und 50.000 Folgeanträge von Asylsuchenden in Deutschland gestellt werden. Bereits in den Monaten Januar bis April 2015 hat sich die Zahl der AsylantragstellerInnen im Vergleich zum Vorjahr mit 100.755 Erstanträgen (Januar bis April 2014: 43.519) mehr als verdoppelt. In diesem Zeitraum wurden außerdem 13.370 Folgeanträge gestellt. Hauptherkunftsländer waren im Jahr 2015 bisher Kosovo, Syrien und Albanien.

Das BAMF hat durch bevorzugte Bearbeitung von Anträgen aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern, vor allem aus den Balkanstaaten, die Zahl der Entscheidungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt. Asylsuchende aus diesen Ländern haben nach dem geltenden Asylrecht kaum Chancen auf einen Schutzstatus in Deutschland. Gleichzeitig bearbeitet das BAMF prioritär Asylgesuche aus besonders unsicheren Herkunftsländern (bspw. Syrien). Das ändert allerdings nichts daran, dass die Verfahrensdauer bei den AntragstellerInnen aus den meisten Herkunftsstaaten bei weit über einem halben Jahr liegt und das BAMF derzeit ca. 170.000 Entscheidungen vor sich her schiebt.

Das Bundesministerium des Innern will auf die steigenden Flüchtlingszahlen durch die Einstellung von 2000 neuen EntscheiderInnen reagieren, 750 davon sollen noch in diesem Jahr eingestellt werden. Wir begrüßen diesen Schritt, da er dazu beitragen kann, die Verfahrensdauer zu senken und damit auch die Zeit der Unsicherheit bei den AntragstellerInnen zu verringern. Es bleibt abzuwarten, ob die zügige Einstellung des Personals gelingt und dies auch die Bescheidung von Anträgen beschleunigt.

Im Jahr 2014 endete ca. ein Drittel der Entscheidungen mit der Gewährung eines Schutzstatus (Asylberechtigte, Flüchtlinge nach Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärer Schutzstatus, Feststellung eines Abschiebungsverbots). Hierin sind jedoch auch sogenannte formelle Entscheidungen enthalten. Dies sind vor allem Entscheidungen in denen das BAMF bei der Zuständigkeitsprüfung feststellt, dass ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Rechnet man diese formellen Entscheidungen heraus, ergibt sich ein bereinigter Schutzstatus von nahezu 50 Prozent. Das heißt, ca. die Hälfte der AsylantragstellerInnen, bei denen das BAMF inhaltlich entscheidet, erhalten einen Schutzstatus.

Es bleibt zu betonen, dass Deutschland Anfang der 90er Jahre mit ähnlichen Flüchtlingszahlen, wie sie jetzt erwartet werden, zu tun hatte. Es ist insofern eine schwierige Situation, es gilt aber darauf zu achten, nicht zusätzlich zu dramatisieren.

 

Situation in Brandenburg

Die Asylsuchenden werden nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt. In Brandenburg werden nach diesem Schlüssel ca. 3,07% der AntragstellerInnen aufgenommen. Aktuell rechnen wir damit, dass im Jahr 2015 ca. 14.000 ErstantragstellerInnen zuzüglich FolgeantragstellerInnen in der Brandenburger Erstaufnahme unterzubringen sind. Das heißt gleichzeitig, dass monatlich ca. 1.000 Personen auf die Landkreise aufgeteilt werden müssen. Demgegenüber wurden im Jahr 2014 etwas mehr als 6.300 Asylsuchende in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes registriert, bereits dies stellte eine starke Steigerung gegenüber 2013 mit etwas mehr als 3.300 und 2012 mit knapp 1.800 Asylsuchenden dar. Aus diesen Zahlen wird bereits deutlich, vor welch großen Herausforderungen das Land und die Kommunen stehen.

 

Erstaufnahme

In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenhüttenstadt und deren Außenstellen in Frankfurt (Oder) und Ferch werden die Asylsuchenden in den ersten Wochen ihres Asylverfahrens untergebracht. Hier stehen derzeit max. 1.900 Plätze zur Verfügung. Bis zum Jahresende wird die Zahl der vorhandenen Plätze auf 3.200 und im Jahr 2016 auf 4.200 durch Kapazitätserweiterungen an den vorhandenen Standorten und zusätzliche Außenstellen in Frankfurt (Oder), Wünsdorf und Doberlug-Kirchhain erhöht. Mit dieser Steigerung kann erreicht werden, dass der Aufnahmedruck auf die Kommunen vor allem in Situationen mit sehr vielen AntragstellerInnen in sehr kurzer Zeit, etwas verringert werden kann. Gleichzeitig muss weiterhin Ziel sein, die Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahme so gering wie möglich zu halten, da eine Integration erst in den Kommunen wirklich möglich ist und in der Erstaufnahme die Kinder weder Anspruch auf eine Kindertagesbetreuung haben noch der Schulpflicht unterliegen.

Die gesetzlich vorgeschriebene gesundheitliche Erstuntersuchung wurde bisher durch das Gesundheitsamt des Landkreises Oder-Spree durchgeführt. Zum 1. Juli 2015 geht die Zuständigkeit auf das Land über. Die Untersuchung wird dann in Kooperation mit dem Krankenhaus in Eisenhüttenstadt direkt auf dem Gelände der Erstaufnahme durchgeführt. Ab November 2015 wird dort auch ein Röntgencontainer zur Verfügung stehen.

 

Unterbringung und Versorgung in den Kommunen

Nach einem Aufenthalt von maximal drei Monaten in der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgt die Verteilung der Asylsuchenden auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden ist für die Kommunen eine Pflichtaufgabe nach Weisung. Die Verteilung erfolgt nach einem jährlich zu überprüfenden Schlüssel, der sich vorrangig an der EinwohnerInnenzahl orientiert. Aktuell ist folgender Schlüssel gültig: Barnim 6,9%, Dahme-Spreewald 6,7%, Elbe-Elster 4,6%, Havelland 6,2%, Märkisch Oderland 7,6%, Oberhavel 8,0%, Oberspreewald-Lausitz 4,6%, Oder-Spree 7,3%, Ostprignitz-Ruppin 4,5%, Potsdam-Mittelmark 8,4%, Prignitz 3,6%, Spree-Neiße 5,0%, Teltow-Fläming 6,6%, Uckermark 5,5%, Brandenburg a.d.H. 2,7%, Cottbus 3,7%, Frankfurt (Oder) 2,2% und Potsdam 5,9%. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in der Vergangenheit nicht erbrachte Aufnahmeleistungen mit eingerechnet werden, weshalb die tatsächlich unterzubringenden Flüchtlinge von diesem Schlüssel abweichen können.

In Brandenburg ist die Verteilung auf die Kommunen über den sogenannten Circa-Server organisiert. Dabei melden die Kommunen freie Plätze und ihnen werden aufgrund dieser Freimeldungen Flüchtlinge zugewiesen. Dieses Verfahren gelangt jedoch an seine Grenzen, wenn nicht genügend Freimeldungen vorliegen. Für diesen Fall müssen Flüchtlinge auch ohne Freimeldung zugewiesen werden. Aufgrund der hohen Zugangszahlen wurde dieses Verfahren Anfang 2015 vorübergehend ausgesetzt, es soll jedoch grundsätzlich beibehalten werden.

Für den Fall, dass ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt der Aufnahmeverpflichtung nicht nachkommt, kann das zuständige Ministerium Ersatzvornahmen veranlassen. Ehe es zur Ersatzvornahme kommt, kommen Notfallpläne in den Landkreisen und kreisfreien Städten zum Einsatz. Das sind Unterbringungsmöglichkeiten in Turnhallen, Zelten o.ä. Grundsätzlich ist Ziel LINKER Politik, Notunterkünfte zu vermeiden!

In Brandenburg gab es mit Stand Februar 2015 55 Gemeinschaftsunterkünfte in denen ca. 5.700 Personen untergebracht waren. Darüber hinaus waren zu diesem Zeitpunkt ca. 2.500 Personen in ca. 990 Wohnungen untergebracht. Alle Landkreise und kreisfreien Städte sind derzeit dabei, die Platzzahlen für die Flüchtlingsunterbringung zu erhöhen. Das ist auch dringend notwendig.

Ein selbstbestimmtes Leben ist bei der Unterbringung in Wohnungen am besten zu erreichen, weshalb wir diese der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften vorziehen. Vor allem die aktuell teils über mehrere Jahre dauernde Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften stellt eine enorme psychische Belastung für die asylsuchenden Menschen dar und ist integrationshemmend. Mit besonderer Sorge betrachten wir derzeit die Tendenz zur Einrichtung großer Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb von Wohngebieten in einzelnen Kommunen. Gerade hier sind die Mobilität und der Zugang zu Bildung und Teilhabe und damit eine schnelle Integration kaum möglich.

Gleichzeitig wissen wir, dass aktuell aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen ein enormer Aufnahmedruck auf die Kommunen herrscht. Erfreulich ist, dass der Anteil derer, die in Wohnungen untergebracht sind, dennoch kontinuierlich gesteigert werden konnte. Im ganzen Land wird es auch in der kommenden Zeit nötig sein, weitere Wohnungen für Flüchtlinge zu akquirieren.

Bei der Landesregierung ist eine Koordinierungsstelle für Flüchtlingsbelange eingerichtet worden. Diese ist angesiedelt beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Sie fungiert als Anlaufstelle für die Kommunen und soll die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen vereinfachen.

Den Kommunen wird vom Land pro geschaffenen Platz in einer Gemeinschaftsunterkunft eine Investitionspauschale in Höhe von 2.300,81 Euro gezahlt. Es ist davon auszugehen, dass die Investitionspauschale bei der Neuerrichtung von Flüchtlingsunterkünften regelmäßig nicht ausreicht, um alle bei den Kommunen entstehenden Kosten zu decken. Im Jahr 2014 wurde zusätzlich einmalig ein Landesprogramm in Höhe von 5 Millionen Euro aufgelegt, das die Schaffung zusätzlicher Plätze in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen sowie den barrierefreien Umbau gefördert hat. Einige Kommunen versuchen aktuell über Miet- oder Öffentlich-Private-Partnerschaftsmodelle vordergründig haushaltsschonend Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen. Bei solchen Modellen ist unbedingt zu prüfen, ob die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu einem Bau durch den Landkreis oder die kreisfreie Stadt auch über einen längeren Zeitraum gegeben ist!

Die Kommunen sind auch für die gesundheitliche Versorgung der Asylsuchenden zuständig. Dabei haben Asylsuchende keinen Anspruch auf eine gesundheitliche Vollversorgung sondern nur auf Behandlung von akuten Erkrankungen. Um die Kommunen hier von Verwaltungsaufwand zu entlasten und gleichzeitig die Entscheidung über die Behandlungsnotwendigkeit auf Ärzte zu übertragen, strebt das Land über einen Rahmenvertrag mit einer Krankenkasse, dem die Landkreise und kreisfreien Städte beitreten können, die Einführung einer Gesundheitskarte an.

Rechtliche Grundlage für die Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen ist das Landesaufnahmegesetz. 2015 ist eine Novellierung dieses Gesetzes vorgesehen. Die Eckpunkte sollen bis zum Sommer und der Referentenentwurf bis zum Herbst vorliegen. Zielstellung ist das Inkrafttreten zum 1.1.2016.

Die Erstattungsverordnung regelt die Übernahme der den Kommunen für diese Aufgabe entstehenden Kosten durch das Land. Zuständig für die Erstattung ist das Landesamt für Soziales und Versorgung. Für Unterbringung, Betreuung und Erbringung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wird den Kreisen und kreisfreien Städten pro Person eine Jahrespauschale von 9.128 Euro gezahlt. Diese Erstattung endet bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und ist auf vier Jahre einschließlich der Dauer des Asylverfahrens begrenzt. Sie erfolgt jährlich, wobei vierteljährlich Abschlagszahlungen auf Antrag gewährt werden. Von dieser Möglichkeit wird bereits seit Jahren von allen Kommunen Gebrauch gemacht. Zusätzlich werden pro Gemeinschaftsunterkunft Bewachungskosten in Höhe von 6.900 Euro monatlich pauschal erstattet.

Im bundesweiten Vergleich gibt es verschiedene Formen der Kostenerstattung, einige Länder zahlen die konkret angefallenen Kosten, die restlichen arbeiten mit Pauschalen. Die gewährte Pauschale in Brandenburg ist im Bundesvergleich die höchste, wird allerdings nur für vier Jahre gezahlt. Derzeit fehlen Daten darüber, inwiefern diese Erstattung kostendeckend ist. Auch zur Höhe der Aufwendungen in unterschiedlichen Unterbringungsformen gibt es keine ausreichende Datenbasis. Für das Bundesland Thüringen liegen dazu detaillierte Zahlen vor. Man kann dort beobachten, dass zwar die Unterbringungskosten in Gemeinschaftsunterkünften zwischen den einzelnen Einrichtungen stark schwanken, allerdings ist fast flächendeckend festzustellen, dass die Unterbringung in Wohnungen kostengünstiger ist als in Gemeinschaftsunterkünften. Auch aus diesem Grund sollten weitere Anstrengungen zur Akquise von Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung unternommen werden.

Das Ministerium der Finanzen hat den Kommunen angeboten, geeignete Landesimmobilien für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Zudem hat die Investitionsbank des Landes ein Kreditprogramm aufgelegt, über das Kommunen zu attraktiven Konditionen die Finanzierung der Investition in Flüchtlingsunterkünfte sichern können.

Für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Flüchtlinge wurden durch das Land Mindestbedingungen festgelegt. Geregelt ist bspw. die Mindestwohnfläche, welche Einrichtungsgegenstände vorhanden sein und welche Beschaffenheit die Sanitär- und Kücheneinrichtungen haben müssen. Auch die Anforderungen an die soziale Beratung und Betreuung sind darin festgeschrieben. Die Einhaltung dieser Mindestbedingungen ist Voraussetzung für die Kostenerstattung entsprechend der Erstattungsverordnung.

Durch das Land werden aktuell fünf überregionale Flüchtlingsberatungsstellen mit insgesamt 7,5 Stellen gefördert. Eine weitere Aufstockung der Stellen ist geplant.

 

Spracherwerb

Das Land fördert mit einem Programm Deutschkurse für Flüchtlinge. Damit werden auch diejenigen beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützt, die nicht an den vom Bund finanzierten Integrationskursen teilnehmen dürfen. Damit ist Brandenburg eines der ersten Bundesländer, das Asylsuchenden und Geduldeten die Teilnahme an qualifiziertem Deutschunterricht ermöglicht. Dieses Programm wird flächendeckend im gesamten Land Brandenburg durchgeführt. Zur regionalen Organisation wurden vier Koordinierungsstellen eingerichtet, die Interessierte unter anderem zu Eignungstests oder Sprachkursen beraten

 

Schulbildung

In der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt wird ein speziell entwickelter Unterricht für Flüchtlingskinder angeboten, den es auch an künftigen Außenstellen geben wird. Dadurch erhalten die Kinder schon vor dem Schulbeginn in den Kommunen erste Sprach- und Kulturkenntnisse. Mit Beginn des Aufenthalts in den Kommunen unterliegen die Kinder der Schulpflicht. Die Landeskoordinatorin für Migrationsfragen beim Landesschulamt informiert die Schulen möglichst frühzeitig über ankommende Kinder und Jugendliche, damit sie sich vorbereiten können.

Die Kinder und Jugendlichen erhalten an den Schulen zusätzliche Sprachförderung, z. B. in Vorbereitungsgruppen und Förderkursen („Willkommensklassen“). Aufgrund der oft sehr unterschiedlichen Vorkenntnisse kann es in dünn besiedelten Regionen mit kleineren Orten bei der Organisation der Kurse Schwierigkeiten geben, Deutsch als Zweitsprache in verschiedenen Förderstufen zu unterrichten. Der Sprachunterricht erfolgt nach Möglichkeit durch speziell ausgebildete Lehrkräfte. Dazu gibt es seit August 2014 für zunächst 53 Lehrkräfte Fortbildungsreihen; weitere 59 folgen bis zum Frühjahr 2016.

Es gibt weitere gute Möglichkeiten, auf kommunaler Ebene die Integration wirksam zu unterstützen. Dazu können finanzielle Hilfen für das ehrenamtliche Engagement gehören. Auch Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes können helfen, um z.B. in Kita oder Schule ergänzende Angebote bereitzustellen.

Wichtige Kooperationspartner der Schulen sind die sechs Regionalstellen der RAA (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie). Für sie ist die Integration von Asyl- und Flüchtlingskindern ein zentraler Arbeitsschwerpunkt.

 

Berufliche Integration

Das Landesnetzwerk „Integration durch Qualifizierung” (IQ Netzwerk) ist angesiedelt bei der Integrationsbeauftragten des Landes. Es möchte mit seiner Arbeit die berufliche Integration von Migrantinnen und Migranten verbessern und arbeitet mit den relevanten Akteuren vor Ort zusammen. Zu den Hauptaufgaben gehören dabei die Begleitung des Anerkennungsprozesses für Menschen mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, die Schulung, Qualifizierung und Beratung der Fachkräfte in verschiedenen

Institutionen, um einen besseren Zugang zu Arbeitsmarktinstrumenten für Migrantinnen und Migranten zu sichern, die Verzahnung der Unterstützungsleistungen und -angebote und der Ausbau der erforderlichen Kooperationsstrukturen.

 

Finanzielle Auswirkungen für das Land Brandenburg

Grundsätzlich ist der Bund lediglich für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Er zahlt demnach alle Kosten rund um das Asylverfahren sowie die Kosten für Integrationskurse für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte. Die Länder sind für die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden in der Erstaufnahme zuständig. Die Kommunen sind für die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden nach der Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Hierfür erhalten sie Kostenersatz gemäß der Erstattungsverordnung vom Land.

Aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen erhöhen sich aktuell die Aufwendungen für Asylsuchende in allen Ländern stark. Im Land Brandenburg beliefen sich die Gesamtkosten im Asylbereich (Investitionen, Kapazitätserweiterung und Betrieb der Erstaufnahme sowie die Kostenerstattungen gemäß Landesaufnahmegesetz) in 2013 auf 43,6 Millionen Euro. Im Jahr 2014 stiegen diese auf 75,1 Millionen Euro. Für 2015 ist mit Gesamtausgaben in Höhe von ca. 190 Millionen Euro und für 2016 von 260 Millionen Euro zu rechnen. Zusätzliche Aufwendungen entstehen durch Integrationsmaßnahmen und für Schul- und Kitabesuch; diese sind nicht exakt zu beziffern.

Das Land Brandenburg unternimmt enorme finanzielle Anstrengungen, um die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden sicher zu stellen. Im vergangenen Jahr sagte der Bund zu, jeweils 500 Millionen Euro für die Unterstützung der Länder und Kommunen bei dieser Aufgabe für die Jahre 2015 und 2016 zur Verfügung zu stellen. Die Hälfte davon ist jedoch durch die Länder an den Bund zurück zu zahlen. Für Brandenburg bedeutet dies, dass das Land in 2015 und 2016 insgesamt 30 Millionen Euro erhält, wovon jedoch 15 Millionen Euro verzinst(!) zurückzuzahlen sind. Brandenburg stellt davon 22,5 Millionen Euro über das

Finanzausgleichsgesetz den Kommunen zur Verfügung. 7,5 Millionen Euro werden für die Erweiterung der Kapazität der Erstaufnahme verwendet.

Angesichts der o.g. Kostenentwicklung tragen diese Hilfen durch den Bund nur zu einem geringen Teil zu den entstehenden Kosten bei. Deshalb bleibt unsere Hauptforderung, dass der Bund sich endlich strukturell, angemessen und dauerhaft an den Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration von Asylsuchenden beteiligen muss.

 

Weitere Materialien

Rechtliche Grundlage für die Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen ist das Landesaufnahmegesetz. http://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212636

Die Erstattungsverordnung regelt die Übernahme der den Kommunen für diese Aufgabe entstehenden Kosten durch das Land: http://bravors.brandenburg.de/de/verordnungen-212776

Für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Flüchtlinge wurden Mindeststandards festgelegt: http://bravors.brandenburg.de/de/verwaltungsvorschriften-221144

Die Investitionsbank des Landes hat ein Kreditprogramm aufgelegt, über das Kommunen zu attraktiven Konditionen die Finanzierung der Investition in Flüchtlingsunterkünfte sichern können. http://www.mdf.brandenburg.de/media_fast/4055/Faltblatt_ILB_Brandenburg-Kredit_Fuer%20Kommunen-Fluechtlingseinrichtungen.pdf

Kinder und Jugendliche unterliegen nach Verlassen der Erstaufnahme der Schulpflicht. Die Eingliederung fremdsprachiger SchülerInnen in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen ist in der Eingliederungsverordnung geregelt. http://bravors.brandenburg.de/de/verordnungen-215198 Auch ein Anspruch auf Kinderbetreuung besteht.

Die Integration in den Arbeitsmarkt wird durch das IQ-Netzwerk (Integration durch Qualifizierung) gefördert. Weitere Informationen dazu gibt es hier http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.278385.de Außerdem ist die Anerkennung von bereits erworbenen Berufsabschlüssen wichtig. Alle wichtigen Informationen dazu gibt es hier http://www.masgf.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.185581.de

Außerdem existieren in Brandenburg mehrere überregionale Flüchtlingsberatungsstellen. Eine Übersicht findet sich hier: http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.189341.de

Der Landtag hat ein Integrationskonzept beschlossen. Hier finden sich weitere Informationen und Handlungsempfehlungen im gesamten Bereich der Integration http://www.masgf.brandenburg.de/media_fast/4055/MASF_1Landesintegrationskonzept2014.pdf