"Gauland will vom rechten Rand ablenken"

„Gauland will vom rechten Rand ablenken“

Der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland hat einen Brief an Wähler_innen der Partei DIE LINKE geschrieben. Der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat der LINKEN, Christian Görke stellt sich dazu den Fragen von Bürgerinnen und Bürgern:

Herr Görke, schon bei vergangenen Wahlen hat DIE LINKE kräftig Wähler an die Alternative für Deutschland verloren. Macht ihnen die AfD nun auch in Brandenburg ihre Anhänger abspenstig?

Christian Görke: Bei jeder Wahl gibt es Bewegungen zwischen Parteien – und nachweislich auch Wählerwanderungen von der LINKEN zur AfD. Sie sind aber mit Blick auf unsere gesamte Wählerschaft und auf unser Potenzial eher marginal. Das ist auch kein Wunder: Was ihre Werte, Wünsche und Überzeugungen anbelangt, so ordnen sich unsere tatsächlichen und potenziellen Anhängerinnen und Anhänger klar links der Mitte ein – und die Anhängerinnen und Anhänger der AfD klar am rechten Rand.

Genau davon aber, von dieser Verortung am rechten Rand, will Gauland ablenken. Er will seine Partei als “Partei der Mitte” darstellen – deswegen hat er sich nicht nur an die Wählerinnen und Wähler der LINKEN, sondern fast aller Parteien in Brandenburg gewandt. Er will suggerieren: Von rechts wie von links führen Wege zur AfD, also muss die im Zentrum des Parteiensystems stehen. Stimmt aber nicht – sie steht weit rechts.

Aber Herr Gauland verweist doch in seinem Brief auf eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten – etwa zwischen Sahra Wagenknecht und Bernd Lucke. Das können Sie doch nicht so einfach vom Tisch wischen!

Das hätte Herr Gauland, der wie ein Wolf im Schafspelz daherkommt, gern so. Aber: Sahra Wagenknecht und Bernd Lucke mögen in der Beschreibung mancher Details der Euro-Krise übereinstimmen – in der Konsequenz gibt es aber gravierende Unterschiede: Wir sind für Europa, wir sind für den Euro – wie auch die ganz große Mehrheit unserer Wählerinnen und Wähler. Für Europa – das bedeutet: für ein solidarisches Europa – wir erheben uns nicht über die “Südländer” oder die “Krisenländer”, sondern wir wollen, dass alle gemeinsam gestärkt aus der Krise hervor gehen. Das unterscheidet uns.

Aber am Sonntag geht es weniger um Europa – da stehen sich in Gestalt von LINKER und AfD zwei konträre Gesellschaftsbilder gegenüber: Wir stehen – in bester märkischer Tradition – für Weltoffenheit, Toleranz, Solidarität und freie Entfaltung des einzelnen. Die AfD steht für Abschottung, polizeistaatlichen und sozialen Druck, kalten marktwirtschaftlichen Radikalismus und eine Rolle rückwärts in den Mief der Adenauer- und Ulbricht-Zeit. Ihr Frauenbild ist eine blanke Katastrophe! Das alles wird dann mit populären Erinnerungen, verbreiteten Ressentiments und vereinfachten, aber längst überholten Antwortmustern vermischt und dargeboten.

Haushaltstage, DDR-Nostalgie: das ist schlecht, wenn es die AfD vertritt – und gut, wenn es von der LINKEN kommt? Machen Sie es sich da nicht ein bisschen einfach?

Nur ein Beispiel. Ich sagte schon: Das Frauenbild der AfD ist eine Katastrophe: Wer heute im 21. Jahrhundert einen Haushaltstag fordert, der muss ihn auch für Männer fordern, wie es DIE LINKE übrigens im Gegensatz zur AfD tut. Die AfD will den Haushaltstag nur für Frauen, fordert zugleich von jeder Frau mindestens drei Kinder, will dann auch noch den Schwangerschaftsabbruch wieder unter Strafe stellen und tut sich mit verbalen Angriffen auf Gleichstellungspolitik hervor. Wenn das keine Rolle rückwärts in dunkle Zeiten ist! Mit unseren Vorstellungen von Gleichstellung der Geschlechter, von Familienpolitik und kinderfreundlicher Gesellschaft hat das jedenfalls nichts zu tun. Und so ist es in allen Bereichen: Unsere Werte und unsere politischen Konsequenzen unterscheiden sich fundamental.

Wie stehen Sie zu Gaualands Forderungen zu Sicherheit, Ordnung, Grenzkriminalität?

Jeder will sicher leben und ich verstehe die Ängste der Menschen vor Kriminalität. Da werden wir im Zuge der Evaluierung der Polizeireform, der grenzüberschreitenden und der Zusammenarbeit mit der Bundespolizei weitere Schritte unternehmen. Im Übrigen ist die Bundespolizei für die Sicherung der Grenzen zuständig und nicht ausschließlich die Landespolizei. Der wichtigste Unterschied zwischen LINKE und AfD ist aber, dass wir alles dafür tun, die Ursachen von Kriminalität zu bekämpfen – sie sind zu einem großen Teil sozialer Art.

Da helfen nicht noch so starke polizeistaatliche Mittel oder gar Bürgerwehren. Wir wollen Verbrechen aus Not verhindern und Straftätern den Weg zurück in die Gesellschaft, in ein Leben ohne Kriminalität weisen – entsprechend haben wir den Strafvollzug in Brandenburg reformiert. Das ist unser Weg – und das unterscheidet uns.