Havelbrandung - linke Zeitung für Brandenburg an der Havel, Herbst 2015

Havelbrandung – linke Zeitung für Brandenburg an der Havel, Herbst 2015

Die aktuelle Ausgabe der Havelbrandung, der Zeitung der LINKEN Brandenburg an der Havel ist erschienen. Hier geht es zur Online-Version.

Ich habe einen Artikel dort veröffentlicht, den ich hier natürlich auch zur Verfügung stellen will.

Wenn Hass gesellschaftsfähig wird -Und was man dagegen tun kann

Seit nunmehr einem Jahr wird unsere Gesellschaft durch Pegida heimgesucht. Was anfangs im politischen Diskurs eher als Randerscheinung in Sachsen behandelt wurde, hat in den vergangenen Wochen wieder neuen Zulauf  erhalten – eine gefährliche Ansammlung von Rechtspopulisten und Neonazis im Verbund mit enttäuschten und frustrierten und dem Rechtspopulismus offenen BürgerInnen.
Längst wird unverhohlen von Geflüchteten als “Viehzeug” gesprochen, werden PolitikerInnen als “Volksverräter” betitelt und sind Medien nur noch “Lügenpresse”. Diese Rhetorik erinnert an sehr dunkle Zeiten. Und auch das, was daraus erwächst, denn Sprache beeinflusst das Denken, den politischen Diskurs und eben auch die Stimmung in der Bevölkerung. Ein Jahr Pegida hat, assistiert von AfD, NPD & Co, zur Verrohung der politischen Kultur geführt.
Es ist offensichtlich, dass der Hass des Wortes zum Hass der Straße führt – und schließlich zur Tat. Diese Taten gibt es seit Monaten. Brennende geplante und bestehende Flüchtlingsunterkünfte, wie im August in Nauen, sind scheinbar Alltag geworden. Zwar war die Zivilgesellschaft entsetzt und es gab viel Solidarität. Und doch ist da die schweigende Mehrheit, die sich nicht positioniert. Eine neue Eskalationsstufe ist mit dem Mordanschlag auf die Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker erreicht worden. Nach über einem Jahr Hetze und Hass ist die Hemmschwelle so weit gesunken, dass auch politischer Mord Mittel einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu werden droht.
Egal, wie man Pegida charakterisieren möchte, diese “Bewegung” ist durchaus erfolgreich. Es ist egal, wie viele Menschen sie noch auf die Straße bekommen. Fakt ist, diese “Bewegung” ist erfolgreich, weil sie dieses Land verändert hat, weil sie Hass salonfähig gemacht hat.

Politik hat selbst einen Anteil daran, dass dieser Hass gesellschaftsfähig geworden ist. Statt klarer Ächtung hat erst vor kurzem ein offizielles Treffen eines SPD-Landrates mit den HetzerInnen der AfD im Brandenburger Landtag stattgefunden. Und statt klarer Ablehnung der Positionen sehen wir Zugeständnisse, die Übernahme von Inhalten und die Umsetzung in praktische Politik, wie Anfang Oktober durch die Asylrechtsverschärfungen geschehen.

Die Zivilgesellschaft macht aktuell den besten Job. Sie handelt und hilft, wo nötig, springt ein, wenn staatliches Handeln nicht ausreicht, stellt sich mutig Pegida und Nazis aller Couleur entgegen. Sie verteidigt die Grundfeste unseres Zusammenlebens und tut einfach das Richtige. Sie zeigt damit auch der Politik den zu beschreitenden Weg. Die Zivilgesellschaft vermittelt und lebt Werte wie Solidarität, Weltoffenheit und Toleranz. Ich bin der festen Überzeugung, dem Hass und der Verrohung kann man nur Menschlichkeit und Solidarität im Denken, im Reden und
im Handeln entgegen setzen.
Andrea Johlige (MdL)