Herzlichen Dank und erste Gedanken zum Wahlergebnis

Herzlichen Dank und erste Gedanken zum Wahlergebnis

Erst einmal herzlichen Dank! Herzlichen Dank an die 183.172 Wählerinnen und Wähler, die uns landesweit ihre Stimme gegeben haben. Herzlichen Dank auch den 3096 Havelländerinnen und Havelländern, die mir persönlich ihr Vertrauen ausgesprochen haben! Herzlichen Dank auch den Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern, die in den letzten Wochen und Monaten unermüdlich um jede Stimme für ein soziales Brandenburg gekämpft haben – an den Ständen, beim Plakatieren, bei der Organisation von Veranstaltungen, bei Gesprächen und Diskussionen, beim Stecken von Infos, bei Debatten in den sozialen Netzwerken und bei vielen weiteren Aktionen und Aktivitäten. Ganz besonderes Danke an die WahlkämpferInnen in meinem Wahlkreis! Und ein besonderes Dankeschön geht an die Kandidatinnen und Kandidaten der LINKEN in Brandenburg. Ihr habt gekämpft bis zum letzten Tag. Und viel zu viele haben es nicht in den Landtag geschafft. Ich drücke euch, ich weiß, dass die Enttäuschung bitter ist. Bitte macht weiter, wir brauchen euch alle!

Das Wahlergebnis hat uns, hat mich gestern traurig und nachdenklich gemacht. Das hier kann und soll keine ausführliche Analyse sein, dafür ist es auch noch zu früh, dafür hatte zumindest ich auch noch nicht die Zeit. Ein paar Gedanken seien aber schonmal angesprochen:

  1. Das für mich erschreckendste ist die Wahlbeteiligung. 25 Jahre nach der politischen Wende in der DDR entziehen sich mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten dem Recht, für das damals gekämpft wurde. Alle demokratischen Parteien müssen sich dabei an die eigene Nase fassen. Scheinbar gelingt es uns nicht (mehr?), Menschen für Mitbestimmung am Wahltag zu begeistern. Es hilft nicht, Nichtwählerschelte zu betreiben. Das Volk scheint so enttäuscht von seinen Politikern, dass es nicht einmal mehr den kleinen Weg am Sonntag auf sich nimmt. Dafür hat dann aber auch und vor allem die Politik die Verantwortung. Wir haben uns von den Menschen entfernt, so weit, dass sie die, die ganz massiv in ihre Lebensverhältnisse eingreifen dürfen, nicht mehr mit ihrer Legitimation ausstatten. Ich glaube, wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs, mit den BürgerInnen, den gesellschaftlichen AkteurInnen und den Medien, woran das liegt und wie Politik gegensteuern kann.
  2. Gleichzeitig gab es aber neben der allgemeinen Stimmung, sich der Wahl zu entziehen, in diesem Wahlkampf spezifische Bedingungen, die aus meiner Sicht dazu beigetragen haben, dass WählerInnen zu Hause geblieben sind.
    • Die Strategie der CDU das Land systematisch schlecht zu reden: Die CDU hat um den schnellen Erfolg willen mit ihrer Kampagne bewusst das Land schlechter gemacht als es ist. Bei Unterrichtsausfall, innerer Sicherheit und auch der Straßenbeschaffenheit hat sie bewusst übertrieben und auch Lügen in Kauf genommen (vergleiche auch Blogeintrag hier). Was soll denn aber der durchschnittliche Wähler daraus lernen? Dass alles schlecht ist und es eh nichts bringt zur Wahl zu gehen? Wenn das das Ziel war, ist es gelungen und nebenbei ist auch gelungen, diejenigen, die zur Wahl gegangen sind, in die Arme der AfD zu treiben. Aber dazu später mehr.
    • Im Wahlkampf gab es keine Zuspitzung. Die Brandenburgerinnen und Brandenburger sind ganz zufrieden, wie es ihnen geht, mit der rot-roten Landesregierung waren sie überwiegend zufrieden und Wechselstimmung gab es nicht. Eine solche Wahlkampfsituation demobilisiert.
    • Durch die Ankündigung von Dietmar Woidke, er sähe keinen Grund, „die Pferde zu wechseln“ schien auch alles klar. Da gab es nicht mehr viel zu entscheiden. Auch das hält Menschen ab, zur Wahl zu gehen.
  3. Das Abschneiden der AfD ist bitter und auch bedenklich. Bei allen Landtagswahlen der letzten Wochen (Sachsen, Türingen, Brandenburg) wurde der eher linke Block geschwächt und der eher rechte Block hatte Zuwächse zu verzeichnen. Mein Gefühl sagt mir, dass hier ein gesellschaftlicher Umbruch im Gange ist, den wir sehr genau analysieren sollten. In diesem Wahlkampf hat die AfD darauf gesetzt, ein erzkonservatives Familienbild zu propagieren, das im Übrigen auch kaum etwas mit der Lebensrealität in Brandenburg zu tun hat, und auf Themen wie Innere Sicherheit und Kriminalität zu setzen. Hier hat auch die oben erwähnte Kampagne der CDU gewirkt. CDU malt das Land in schwärzesten Farben und AfD gibt einfache Antworten, macht am Ende nur geringen Zuwachs bei der CDU und treibt WählerInnen in die Arme der AfD.
  4. Noch schwieriger war im Wahlkampf das Agieren in der Frage der Flüchtlingspolitik. Die AfD setzt dies als Thema, gespickt mit fremdenfeindlichen Ressentiments und die CDU rennt freudestrahlend hinterher. Auch das hat der CDU wenig genützt, die AfD aber zusätzlich stark gemacht.
  5. Ein gewisser Tabubruch ist ebenfalls der CDU zuzuschreiben. Nach den Kommunalwahlen im Kreisverband der Generalsekretärin der CDU, Anja Heinrich, eine gemeinsame Fraktion mit der AfD zu bilden, hat die AfD hoffähig gemacht. Und auch die Absage an eine Koalition mit der AfD auf Landesebene kam erst, als klar war, dass es prozentual mit der CDU eh nciht reichen würde. Ja, auch das hat zum Wahlerfolg der AfD beigetragen. Wir alle sind gut beraten, die Auseinandersetzung inhaltlich zu führen und der AfD die Maske runter zu reißen. Im Kern ist sie eine erzkonservative, rechtspopulistische Partei und das werden wir in den nächsten fünf Jahren im Landtag immer wieder deutlich machen müssen. Wir als LINKE wollen ein tolerantes, weltoffenes und emanzipatorisches Land. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu kämpfen.

Zu unserem Wahlergebnis ist zu sagen:

  1. Im Kern hatten wir ein Mobilisierungsproblem. 113.000 WählerInnen sind schlicht zu Hause geblieben. Das heißt zwar auch, dass sie niemand anderes gewählt haben, also für uns zurück gewinnbar sind, vor allem heißt es aber, dass wir sie enttäuscht haben. So sehr, dass sie nicht mehr hin gegangen sind.
    • Das kann daran liegen, dass gerade unsere WählerInnen besonders große Erwartungen an uns hatten, die wir nicht so schnell oder auch nicht gut genug erfüllen konnten.
    • Wir konnten außerdem das, was wir in der Landesregierung erreicht haben – und das war eine ganze Menge: Vergabegesetz mit Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen, Umstellung der Wirtschaftsförderung mit Berücksichtigung sozialer Kriterien wie niedriger Leiharbeiterquote und Tarifbindung, Konsolidierung des Landeshaushalts und dennoch mehr Geld für Bildung und Wissenschaft uswusf. – nicht ausreichend an die Wählerin und den Wähler bringen.
    • Unsere Bilanz ist gut und wir haben das Land tatsächlich sozialer gemacht. Allerdings haben soziale Themen im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt. Die Fokussierung auf Sicherheit und Flüchtlingspolitik hat es uns extrem schwer gemacht, mit unserem Profil „durchzukommen“. Quasi haben diese Debatten unser soziales Profil überlagert.
    • Ich bin der festen Überzeugung, dass die Entscheidung zu Welzow II uns nur wenige Stimmen gekostet hat. Ich glaube aber, dass die inszenierte Greenpeace-Kampagne zu unserer Glaubwürdigkeit, die massiv von den Medien aufgenommen wurde, demobilisierend auf unsere WählerInnen gewirkt hat. Ich glaube nach wie vor, dass Greenpeace der umweltpolitischen Bewegung damit keinen Gefallen getan hat, weil das Ergebnis eien schwarz-rote Regierung sein kann, die im Kern bedeutet: Braunkohlepartei SPD + Braunkohlepartei CDU = Braunkohle und Stopp des Wegs zum Überflüssigmachen der Kohle bis 2040. Das ist hier aber gar nicht Thema, ich glaube aber, dass nicht die Entscheidung selbst sondern vor allem Inszenierung drumherum uns geschadet hat.
    • zu all dem kommen einige regionale Konflikte, die zwar nicht das ganze Land erfasst haben, dennoch aber in ihrer Summe unser Ergebnis gedrückt haben – Hochschulfusion in der Lausitz, Altanschließer, BER usw.
    • unsere Ansprache war scheinbar nicht die Richtige. Wir haben in unserer Kampagne ganz klar gesagt, wo wir hin wollen. Vielleicht waren wir zu wenig polemisch?
    • Gleichzeitig kamen wir aus jahrelanger Opposition. Ein Teil unserer Wählerschaft erwartet Opposition von uns. Diese zurückzugewinnen wird wahrscheinlich am schwersten.
    • Und nicht vergessen: Unsere Performance in den ersten Jahren der Regierung war nicht immer die Beste und auch die Querelen auf Bundesebene in den letzten Jahren waren nicht immer hilfreich und auch da ist Vertrauen verloren gegangen.

Soviel vielleicht als erste Gedanken. Weitere werden folgen!

Bei all dem kann ich mich noch nicht so richtig freuen, dass mir der Spung in den Landtag gelungen ist. Worauf ich mich aber auf jeden Fall freue ist, dieses Land mitgestalten zu dürfen. Ob nun in Regierung oder Opposition. Ich werde im Landtag kämpfen um ein soziales, weltoffenes, demokratisches und starkes Land Brandenburg! Versprochen!

Wer kämpft kann verlieren. Ja, wir haben verloren, zumindest bei dieser Wahl. Der Kampf um jede Wählerstimme bei den kommenden Wahlen hat genau heute begonnen. Machen wir was draus!