Rede im Landtag zur Unterbringung von Flüchtlingen

Rede im Landtag zur Unterbringung von Flüchtlingen

In der heutigen Landtagssitzunghabe ich meine erste Rede zur Unterbringung von Flüchtlingen in Brandenburg gehalten. Es ging um einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne und einen Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und SPD.

Die Rede kann man sich hier anschauen: zum Video

 

Und hier kann man sie auch nachlesen:

Herr Vizepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der vergangenen Wahlperiode haben wir deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen erreicht. Ich erinnere an die Initiativen zur Aufhebung der Residenzpflicht, die Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Optionspflicht und zur generellen Hinnahme der mehrfachen Staatsangehörigkeit, den Beschluss zur Verbesserung der Unterkunftsbedingungen, das neue „Landesintegrationskonzept 2014“ und nicht zuletzt die Änderung der Landesverfassung. Und: Wir haben durch zahlreiche Initiativen vor Ort eine Willkommenskultur entwickelt, die Brandenburg gut zu Gesicht steht.

Gleichzeitig mussten wir in den letzten Monaten, vor allem im Wahlkampf, erleben, wie für den kurzfristigen populistischen Erfolg fremdenfeindliche Ressentiments bedient wurden, und das nicht nur von der AfD. Ich sage hier ganz deutlich. Das werden wir nicht hinnehmen. Menschen, die in Not sind, die ihre Heimat verlassen, um Kriegen zu entkommen, sind in Brandenburg willkommen.

Das hat der Landtag in einem Entschließungsantrag aller Fraktionen „Das Friedliche Zusammenleben fördern – Willkommenskultur in Brandenburg stärken“ in der vergangenen Wahlperiode beschlossen. Ich hatte gehofft, dass ein solcher humanitärer Konsens auch in dieser Wahlperiode im Landtag erreicht werden kann. Nach der Debatte heute morgen habe ich daran allerdings meine Zweifel.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2012 festgestellt: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. Wir werden uns immer wehren, wenn dieser Grundsatz verlassen wird. Auf der Straße und in diesem Haus.

Sie wissen, dass wir als LINKE die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden vor allem in Wohnungen an Standorten anstreben, die den Zugang zu Schulen und Kindertagesstätten, zu Ärzten und kulturellen Einrichtungen sichern und die Mobilität der Flüchtlinge – kurz die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – gewährleisten. Dabei bleiben wir aber nicht stehen. Wir wollen die Verbesserung der schulischen Integration, des frühzeitigen Spracherwerbs und der psychosozialen Betreuung und Beratung der Flüchtlinge. Wir setzen uns dafür ein, dass der Bund seine Liegenschaften, die für die Unterbringung geeignet sind, dem Land bzw. den Kommunen unentgeltlich und unkompliziert zur Verfügung stellt und der Bund sich an den Kosten der Unterbringung beteiligt. Wir halten daran fest, dass das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft wird und wir wollen endlich das menschenunwürdige Gutscheinsystem in allen Landkreisen in Brandenburg überwinden. Im Landkreis Oberhavel scheint dies ja nun endlich zu gelingen.

Die aktuelle Situation ist jedoch nicht leicht. Die Zentrale Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt platzt aus allen Nähten und die Kommunen schaffen es derzeit nicht alle, genügend Wohnraum für die Zuflucht suchenden Menschen zur Verfügung zu stellen, was wiederum die Situation in Eisenhüttenstadt verschärft. Als Landespolitik müssen wir gemeinsam mit den Kommunen nach Lösungen suchen, die aktuell extrem angespannte Situation zu meistern. Dabei setzen wir auf ein Sonderprogramm, das den Kommunen hilft, die Herausforderungen bei der Unterbringung und der Betreuung von Flüchtlingen zu meistern. Und auch der Bund darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen.

Wir sind einig, dass die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge vorrangig in Wohn- und Mischgebieten zu erfolgen hat. Deshalb setzen wir uns für die Novellierung des Landesaufnahmegesetzes dahingehend ein, dass neben einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften auch die Wohnungsunterbringung dauerhaft gefördert wird.

Gleichzeitig wissen wir, dass es gewerblich genutzte Gebiete in Gemeinden gibt, die sehr nah an kommunaler Infrastruktur gelegen sind, die Nähe zu Bildungseinrichtungen aufweisen und auch Mobilität gewährleisten. Für solche absoluten Ausnahmefälle halten wir es in der derzeitigen Situation für hinnehmbar, wenn in den Kommunen solche Flächen befristet für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden. Denn eines muss uns bewusst sein. Wir haben es mit einer dauerhaften, umfassenden europäischen, Aufgabenstellung zu tun. Die Zahl von Flüchtlingen und Asylbegehrenden wird nicht plötzlich sinken. Die Krisen und Kriege werden nicht plötzlich aufhören.

Meine Damen und Herren,

im Dezember, werden wir hier im Parlament konkret darüber debattieren, wie wir in Brandenburg in den kommenden Jahren die Herausforderungen bei der Unterbringung der Flüchtlinge ebenso wie der Integration und der Stärkung zivilgesellschaftlichen Engagements meistern können. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie, meine Damen und Herren der Fraktion Bündnis 90/Grüne uns die Zeit für die notwendige inhaltliche Befassung lassen und Ihre Anliegen, die ich in weiten Teilen für richtig empfinde, in diese Debatte einbringen. Wir werden heute Ihren Antrag ablehnen, laden Sie aber herzlich ein, gemeinsam mit uns, die Weichenstellungen für die nächsten Jahre in der Flüchtlingspolitik in Brandenburg vorzunehmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.