Rede zu den Gesetzentwürfen zum Landesaufnahmegesetz zu Integrationspauschale und Migrationssozalarbeit

Rede zu den Gesetzentwürfen zum Landesaufnahmegesetz zu Integrationspauschale und Migrationssozalarbeit

Im Landtagsplenum standen zwei Gesetzentwürfe zum Landesaufnahmegesetz zur Debatte. Der Gesetzentwurf meiner Fraktion mikt dem Titel „Gesetz zur Entfristung der Integrationspauschale und der Migrationssozialarbeit“ und der Gesetzentwurf der Landesregierung mit dem Titel „Gesetz zur Fortführung der Migrationssozialarbeit für Regelleistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern“. 

Meine Rede ist beim rbb als Video abrufbar.

Außerdem habe ich in der Debatte noch eine Kurzintervention gemacht, nachdem der AfD-Abgeordnete Nothing Unsinn erzählt hat. Auch diese Kurzintervention ist beim rbb als Video verfügbar.

Das Skript meiner Rede stelle ich natürlich auch gern zur Verfügung:

„Es liegen zwei Gesetzentwürfe vor, die sich vordergründig mit dem gleichen Thema beschäftigen und dennoch gibt es große Unterschiede.

Dabei geht es um zwei Komplexe.

Die Migrationssozialarbeit für anerkannte Flüchtlinge wurde durch die rot-rote Koalition eingeführt. Damit wurden für die Jahre 2018 bis 2020 zusätzliche Stellen für die Integrationsarbeit geschaffen. Dies war nötig geworden, weil die Asylverfahren mittlerweile stark beschleunigt wurden und Personen bereits kurze Zeit nach Ankunft in Deutschland ihre Anerkennung erhalten haben. Damit hatten sie keinen Anspruch mehr auf irgendeine sozialarbeiterische Hilfe.

Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde eine Regelung geschaffen, die vorsah, dass für diese Personen bis zu drei Jahre nach Anerkennung Migrationssozialarbeit vorgehalten wird. Die dadurch geschaffenen 180 Stellen wurden dort eingesetzt, wo es Probleme mit den Regelsystemen gibt, weil diese nicht ausreichend auf die Bedürfnisse von Menschen mit Fluchthintergrund vorbereitet sind. So ist in Brandenburg an der Havel bspw. eine Stelle in der Frauenschutzeinrichtung für Frauen mit Migrationshintergrund angesiedelt. In mehreren Kommunen sind Stellen zur Unterstützung von Schulen und KiTas eingerichtet worden.

Auch für Koordination und Beratung, bei der Arbeitsmarktintegration, beim Quartiersmanagement oder auch in der aufsuchenden Sozialarbeit wurde Personal eingesetzt. Da diese Regelung ausläuft, braucht es eine Entfristung. Im Gesetzentwurf der Landesregierung ist vorgesehen, dieses Instrument bis zum 31.12.2021 fortzuführen. Das klingt erst einmal gut. Aber warum wird es nur für ein Jahr festgeschrieben? Eine jährliche Gesetzesänderung zur Verlängerung wäre nicht nur unüblich sondern auch hinsichtlich der Planungssicherheit für Kommunen und Träger kontraproduktiv.

Und es kommt noch ein Problem dazu: Es bleibt bei der Regelung, dass Geflüchtete nur bis zu drei Jahre nach Anerkennung Anspruch auf Migrationssozialarbeit haben. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass viele Geflüchtete auch nach drei Jahren noch Hilfe benötigen. Gleichzeitig bedeutet das praktisch, dass es deutlich weniger Stellen geben wird, da es durch die gesunkenen Flüchtlingszahlen deutlich weniger Personen gibt, deren Anerkennung in den vergangen drei Jahren erfolgt ist. Verändert man diesen Berechnungsschlüssel nicht, wird es nur noch ca. ein Drittel der bisherigen Stellen geben. Für das Havelland bedeutet das bspw., dass von bisher zehn Stellen nur noch drei übrigbleiben. Und in Cottbus bleiben von bisher ca. 27 Stellen nur noch ca. 6,5.

Die Regierung hat gegenüber der Presse behauptet, dass für 2021 ca. die gleiche Summe für MSA II zur Verfügung steht wie 2020. Gleichzeitig weiß sie aber sehr genau, dass das Geld ohne Änderung der Berechnungsgrundlage nur zu etwa einem Drittel abfließen wird, also von 180 Stellen landesweit nur noch ca. 60 Stellen übrig bleiben.

Für mich klingt das alles danach, dass man die Migrationssozialarbeit für anerkannte Flüchtlinge faktisch ausschleichen lässt. Und es steht zu befürchten, dass sie dann ab 2022 ganz abgeschafft wird.

Der zweite Komplex: Im Gesetzentwurf der Landesregierung fehlt eine Regelung zur Integrationspauschale. Bisher ist diese im Landesaufnahmegesetz für die Jahre 2019 und 2020 geregelt und bedeutet kurzgefasst, dass für alle Asylsuchenden und anerkannten Flüchtlinge bis zu drei Jahre nach Anerkennung den aufnehmenden Kommunen 300 Euro pro Person pauschal für kommunale Integrationsarbeit gezahlt werden.

Die Verteilung der Mittel wurde unterschiedlich gehandhabt. Einige Kommunen haben einen Teil für Projekte vorgesehen und den Rest an die Städte und Gemeinden weitergeleitet, andere finanzieren daraus fast ausschließlich kreisliche Integrationsprojekte. Auch wurden zusätzliche Stellen bspw. zur Unterstützung von Kitas und Schulen mit hohem Anteil an Kindern mit Fluchthintergrund geschaffen. Und genau so war es auch gewollt: Die Kommunen sollten die Freiheit haben, dieses Geld dort einzusetzen, wo sie es brauchen.

Nun stünde eine Verstetigung an. Im Gesetzentwurf der Regierung fehlt jedoch eine Regelung zur Entfristung. Da allerdings im Haushaltsentwurf für 2021 9,567 Mio. Euro für die Förderung kommunaler Integrationsangebote vorgesehen sind, wird es auch im kommenden Jahr Geld für kommunale Integrationsarbeit geben, jedoch nicht als gesetzlich vorgeschriebene Leistung, sondern als Förderprogramm des Landes.

Da kann man jetzt sagen: super, es geht weiter. Aber: Warum wird die gesetzliche Regelung nicht entfristet, wenn man eh das Landesaufnahmegesetz ändert? Und warum ist im Haushaltsentwurf keine Verpflichtungsermächtigung für die kommenden Jahre vorgesehen? Und warum wird auch hier die Berechnungsgrundlage nicht geändert, besteht also auch hier das Problem, dass das Geld nur zu einem Teil abfließen kann? Auch hier klingt das alles danach, dass es nur für ein Jahr fortgeführt und in den kommenden Jahren irgendwann abgeschafft werden soll.

Im Gesetzentwurf der LINKEN wird vorgeschlagen, dass beide Instrumente dauerhaft entfristet werden und gleichzeitig die Berechnungsgrundlage geändert wird. Beide sollen nicht drei Jahre nach Anerkennung auslaufen, sondern die Leistung soll jeweils an den SGB II-Bezug gekoppelt werden. Wir gehen davon aus, dass diejenigen, die noch nicht in Arbeit sind und deshalb im SGB II-Bezug verbleiben, auch noch Integrationsbedarf haben. Deshalb wollen wir, dass für diese Menschen auch weiterhin Integrationspauschale gezahlt wird und sie Anspruch auf Migrationssozialarbeit haben.

Wir bitten um Überweisung unseres Gesetzentwurfs in den Ausschuss.“