Rede zu zwei Anträgen der AfD zur Asylpolitik

Rede zu zwei Anträgen der AfD zur Asylpolitik

Im Landtag kamen heute zwei Anträge der AfD (Antrag Sanktionierung des Asylmissbrauchs und Antrag Keine Niederlassungserlaubnis für Asylbewerber nach drei Jahren) zur Asylpolitik zur Abstimmung. Meine Rede dazu ist hier dokumentiert.

„Anrede,
meine Vorrednerinnen haben schon einiges zu den beiden Anträgen gesagt. Ich möchte aber auch aus meiner Sicht noch einige Dinge dazu anmerken.
Zum ersten Antrag: Sanktionierung des Asylmissbrauchs.
Wer nicht kooperativ ist bei der Feststellung der Identität, muss nach dem Willen der AfD als Asylbewerber abgelehnt werden. Was hieße das konkret: Allen Geflüchteten, die keinen Pass haben, wird das Recht auf Asyl genommen. Gründe dafür, keinen Pass zu haben, gibt es übrigens viele: auf der Flucht verloren, weggeworfen oder vernichtet, zum Beispiel weil eine Identifizierung oder auch nur der Nachweis der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe im Herkunftsland Inhaftierung und Tod nach sich gezogen hätte.
Oder sie haben auch nie einen Pass besessen, weil es auch heute noch Länder gibt, in denen nicht jeder ein Identitätsdokument besitzt.
All diesen wollen Sie also das Recht auf Asyl verweigern und sie automatisch ablehnen. Das widerspricht nicht nur humanitären Grundsätzen, es widerspricht auch der Genfer Flüchtlingskonvention.
Dazu passt auch ihr zweiter Antrag.
Wenn Menschen als Flüchtlinge oder Asylberechtigte anerkannt sind, sollen sie auch nach der Überprüfung des Asylgrunds nach drei Jahren keine unbefristete Niederlassungserlaubnis bekommen. Es wundert mich nicht, dass Ihnen die Regelung nicht gefällt, sichert sie doch, dass anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte damit dauerhaft in Deutschland bleiben können. Dies ist übrigens integrationsfördernd, weil es damit endlich eine gesicherte Lebensperspektive und keine dauerhafte Unsicherheit gibt.
Der Antrag ist allerdings auch fast überflüssig, denn die Koalition auf der Bundesebene kommt ihnen da schon entgegen. Nach den Eckpunkten zum Integrationsgesetz soll anerkannten Flüchtlingen ein „zusätzlicher Integrationsanreiz“ gegeben werden, indem sie nur noch dann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten, wenn sie „Integrationsleistungen erbracht“ haben.
Hier soll es eine weitest mögliche Angleichung an die Erteilungsbedingungen bei anderen AusländerInnen geben. ; Unklar bleibt dabei wie „die besondere Lage der Flüchtlinge“ oder „die Lage im Herkunftsland“ „berücksichtigt“ werden soll.
Flüchtlinge kommen aufgrund einer akuten Bedrohung unvorbereitet nach Deutschland. Viele sind von der Flucht gezeichnet und evtl. traumatisiert.
Die Neuregelung bzw. Verhinderung einer Aufenthaltsverfestigung nach drei Jahren eröffnet also die Möglichkeit flächendeckender Asylwiderrufe und auch von Abschiebungen. Das bedeutet für die anerkannten Flüchtlinge mehr Rechtsunsicherheit, für die Behörden bedeuten die neuen Anforderungen einen erhöhten Prüfaufwand
Eine sichere Bleibeberechtigung erhalten im Ergebnis nur diejenigen, die sich als ökonomisch nützlich erweisen und Löcher beim Arbeitskräftebedarf schließen können.
Es wird Sie nicht wundern, dass insofern beide Anträge ablehnen. Auch übrigens, weil sie nicht ein einziges Problem lösen, mit denen sich die Länder und Kommunen aktuell zu beschäftigen haben.“