Rede zum Gesetzentwurf der CDU zur Einführung eines Gedenktages für den Mauerbau und die Opfer der SED-Diktatur m 13. August

Rede zum Gesetzentwurf der CDU zur Einführung eines Gedenktages für den Mauerbau und die Opfer der SED-Diktatur m 13. August

Die CDU-Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Schaffung eines Gedenktages für den Mauerbau und die Opfer der SED-Diktatur am 13. August eingebracht.  Diesen Gesetzentwurf haben wir abgelehnt und einen Entschließungsantrag eingebracht, der die Mehrheit im Plenum fand.

Ich habe zu dem Antrag im Namen meiner Fraktion gesprochen.

Beim rbb ist ein Mitschnitt der Rede verfügbar.

Der Text meiner Rede ist außerdem hier dokumentiert:

„Die vollständige Abriegelung der Grenze der DDR und der folgende Mauerbau vor etwas mehr als 55 Jahren hat die Teilung Deutschlands in zwei Staaten über Jahrzehnte zementiert. Er diente dem Erhalt des politischen Systems der DDR und war das Eingeständnis der DDR-Führung, im Wettbewerb der Systeme, vor allem wegen des Verlusts hochqualifizierter Arbeitskräfte, bei offenen Grenzen nicht bestehen zu können.

Es gab nach dem Ende des Faschismus mit seinen unerträglichen Verbrechen ein großes Bedürfnis nach Alternativen zum Kapitalismus und hier gingen Ost und West verschiedene Wege. In der DDR wurde der legitime Versuch unternommen, durch eine Vergesellschaftung der Produktionsgüter, eine umfassende Bodenreform und zahlreiche fortschrittliche sozialpolitische Maßnahmen eine Gesellschaftsordnung zu errichten, die die Verwerfungen des kapitalistischen Systems – Ausbeutung, Armut, Entfremdung – überwindet. Der Bau der Mauer war das unfreiwillige Eingeständnis, dass dieser Versuch den Charakter eines autoritären Staatssozialismus angenommen hatte: Der Bevölkerung wurde der Willen der Partei- und Staatsführung aufgezwungen, unter Inkaufnahme der Verletzung der Freizügigkeit und der Meinungsfreiheit. Dies steht im klaren Gegensatz zu eine demokratischen und emanzipatorischen Sozialismusverständnis.

Die Berliner Mauer war gleichzeitig aber auch Produkt des Kalten Krieges und der nach dem Zweiten Weltkrieg neu entstandenen bipolaren Weltordnung von Ost und West. Die Teilung Deutschlands und Berlins war besiegelt und wurde auch von den Westmächten akzeptiert und befördert. Erinnert sei an John F. Kennedy, der sagte, die Mauer „sei keine schöne Lösung, aber tausendmal besser als Krieg“.

Wiederholt hat sich meine Partei zu diesem Jahrestag erklärt, ich zitiere aus einem Beschluss des Parteivorstandes aus dem Jahr 2001: „Kein Ideal und kein höherer Zweck kann das mit der Mauer verbundene Unrecht, die systematische Einschränkung der Freizügigkeit und die Gefahr für Freiheit sowie an Leib und Leben, beim Versuch das Land dennoch verlassen zu wollen, politisch rechtfertigen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die Zahl der Todesopfer an der Mauer – 138 soweit wir heute wissen – sind 138 zu viel und jedes einzelne Opfer ist zu bedauern und jedem einzelnen Opfer ist zu gedenken. Und deshalb ist es gut, dass wir uns hier im Landtag Gedanken darüber machen, in welcher Form dieser Opfer gedacht werden soll.

Der Intention, den 13.8. als Gedenktag für den Mauerbau und die Opfer der SED-Diktatur einzuführen, folgen wir jedoch nicht. Dies aus drei Gründen:

  1. Bezweifeln wir, dass ein Gedenktag das geeignete Mittel ist, der jüngeren Bevölkerung historisches Wissen näher zu bringen. Auch wir sehen, dass es bei der Vermittlung und Auseinandersetzung mit historischen Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit Nachholbedarf gibt. Wir sehen deshalb bspw. Bedarf bei der Stärkung historischer Themen in den Schulen – dies passiert übrigens gerade über den neuen Rahmenlehrplan – und auch die politische Jugendbildung und die Landeszentrale für Politische Bildung können hier einen wertvollen Beitrag leisten.
  2. Möchte ich davor warnen, die Einführung von Gedenktagen als Allheilmittel zu betrachten. Dies sollte ein sehr herausragendes Mittel sein, um nicht die Symbolik aller bereits geschaffenen Gedenktage zu schwächen.
  3. Glauben wir, dass ein Gedenktag nur dann sinnvoll sind, wenn er an ein Datum geknüpft ist, das eine eindeutige Symbolik mit sich bringt. Innerhalb der CDU scheint man sich aktuell nicht einig zu sein, welches Datum das richtige ist, um der Opfer des DDR-Regimes zu gedenken. Zumindest habe ich wahrgenommen, dass der 17. Juni als bundesweiter Gedenktag innerhalb der CDU diskutiert wird.

Ich habe eingangs meiner Rede die klare Position meiner Partei und Fraktion zum Mauerbau auch deswegen so ausführlich geschildert, weil sie deutlich macht, dass wir in der Bewertung der Geschichte der DDR sehr differenziert sind und nicht wollen, dass Geschichte einseitig betrachtet wird. Schon mit der Enquetekommission zur Aufarbeitung der DDR-Zeit in der vergangenen Wahlperiode hatten wir unterschiedliche Ansichten dazu, inwiefern Politik Geschichtswissenschaft betreiben kann und inwiefern ein Parlament der geeignete Ort für das Suchen und Finden einer historischen Wahrheit ist. Dieser Konflikt tritt auch hier wieder zu Tage.

Dennoch – und damit komme ich zum Ende – sind wir durchaus der Meinung, dass der Landtag eine geeignete Form des Gedenkens der Opfer und des Bekenntnisses zum Unrecht des Mauerbaus finden muss.  In unserem Entschließungsantrag schlagen wir eine solche vor und bitten deshalb um Zustimmung zu diesem Antrag.“