Rede zum Gesetzentwurf zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Rede zum Gesetzentwurf zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Heute fand im Landtag eine Debatte zur ersten Lesung des Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches des Sozialgesetzbuches -Kinder und Jugendhilfe- statt, in dem der Umgang mit ungebleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Brandenburg geregelt wird. Meine Rede dazu ist hier dokumentiert:

„Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren,
bereits im April diesen Jahres haben wir uns hier mit der Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge beschäftigt. Seitdem ist einiges passiert und die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich grundlegend geändert. Zum 1. November 2015 ist das „Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“ in Kraft getreten. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern vor allem in den Bereichen der Zuständigkeiten, der landesinternen Verteilung der Kinder und Jugendlichen und bei der Gesundheitsuntersuchung landesgesetzlichen Spielraum gegeben. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir diesen Spielraum ausgestalten.

Ich war nicht überrascht, dass die AfD noch bevor sie den Gesetzentwurf kannte, eine Pressemitteilung dazu unter dem Titel „AfD-Fraktion lehnt Integration ab dem ersten Tag ab“ herausgab. Nebenbei bemerkt war diese Erklärung bar jeder Kenntnis. Das macht aber vor allem deutlich, dass es Ihnen nicht um Problemlösungen geht, sondern um Stimmungsmache.

Und deshalb bin ich froh, dass dieser Gesetzentwurf als gemeinsamer Entwurf der demokratischen Fraktionen dieses Landtags eingebracht wird. Zeigt es doch, dass sich die große Mehrheit in diesem Haus bewusst ist, welch große Aufgabe in den kommenden Monaten auf die Jugendhilfe in Brandenburg zukommt und dass diese nur gemeinsam zu bewältigen ist.

Meine Damen und Herren,

aufgrund der weltweiten Fluchtbewegungen und steigenden Flüchtlingszahlen suchen derzeit auch deutlich mehr unbegleitete Minderjährige bei uns Zuflucht. Dies hat sich bisher auf Grund der Verpflichtung zur sofortigen Inobhutnahme bundesweit auf einige Kommunen konzentriert. In Brandenburg hatten wir bisher jährlich ca. 100 unbegleitete Kinder und Jugendliche unterzubringen, zu versorgen und zu begleiten. Mit der neuen Regelung auf Bundesebene ist mit einem deutlichen Anstieg auf ca. 1500 bis 2000 pro Jahr zu rechnen. Das bedeutet, dass alle Jugendämter gemeinsam mit den Trägern vor Ort entsprechende Strukturen aufbauen müssen. Die fachgerechte Unterbringung, Betreuung und Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge stellen besondere fachliche Anforderungen an den Kinder- und Jugendschutz und benötigen eine starke Jugendhilfe mit spezialisiertem Personal und fachlich versierten Strukturen. Darüber hinaus kommt es darauf an, dass wir von der Landesebene aus die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, vor allem hinsichtlich der fachlichen Begleitung der Jugendhilfeträger, der Aus- und Fortbildung von Fachkräften und der Standards für die Unterbringung und Versorgung.

Meine Damen und Herren,

unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in erster Linie Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche, die Krieg und Vertreibung, Hunger, Elend und Ausgrenzung erlitten und die eine oft lebensgefährliche Flucht überlebt haben. Sie brauchen unseren besonderen Schutz, gerade weil sie den Schutz ihrer Eltern nicht oder nicht mehr haben. Diese Kinder und Jugendlichen haben wichtige Bezugspersonen verloren und es ist für ihre Entwicklung existenziell wichtig, dass die wenigen Bindungen, die geblieben sind oder gerade neu aufgebaut wurden, nicht auch noch verloren gehen.

Es ist unsere Aufgabe, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diesen Kindern und Jugendlichen, wie allen anderen Kindern und Jugendlichen in Brandenburg, das Recht auf Kindheit gegeben und ein bestmöglicher Start ermöglicht wird. Dazu gehören eine kindgerechte, verständnis- und liebevolle Betreuung in der Jugendhilfe und bei noch zu gewinnenden Pflegefamilien, eine schnelle Integration in das Bildungssystem sowie eine bestmögliche gesundheitliche Versorgung inkl. der Behandlung von erlittenen psychischen Belastungen und Traumata. Dazu gehören auch die Eröffnung von Ausbildungschancen und Perspektiven für die anschließende Integration in das Erwerbsleben. Das alles wird nur gelingen, wenn alle Beteiligten in erster Linie das Kindeswohl und die Kindesinteressen im Blick haben.

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf beginnen wir diese Arbeit. Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss.“