Rede zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes

Rede zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes

Es lag ein Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes vor. Nach der Behandlung im Ausschuss wurde dieser nun in zweiter Lesung beschlossen. Zur 1. Lesung des Gesetzes hatte ich bereits für meine Fraktion gesprochen und die Probleme, vor allem hinsichtlich der Integrationspauschale und der Migrationssozialarbeit für anerkannte Geflüchtete deutlich gemacht. Die damalige Rede kann hier nachgelesen werden.

Die Rede zur 2. Lesung ist hier als Videomitschnitt verfügbar.

Außerdem dokumentiere ich den Text der Rede in der Folge, zitert aus der vorläufigen stenografischen Niederschrift:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kein Gesetz verlässt den Landtag so, wie es in ihn hineingekommen ist; manchmal wird es sogar besser. Ich muss zugeben: Dieser Gesetzentwurf ist dank des Antrags der Koalitionsfraktionen besser geworden.
Ich bin sehr froh, dass Sie meine Hinweise aufgenommen haben. Dazu gehört einerseits die Bitte, einen Fehler, den der Gesetzentwurf enthielt, zu beseitigen – darauf habe ich schon in der ersten Lesung hingewiesen. Andererseits habe ich vorgeschlagen, eine neue Berechnungsart zu schaffen, die nicht wie bisher den Bestand im SGB II, sondern den Zugang zum SGB II berücksichtigt. Dadurch kommt es nicht, wie ich befürchtet hatte, im kommenden Jahr zu einer Drittelung der Stellen, sondern sogar zu einem leichten Aufwuchs.
Ich kann es noch einmal anbieten: Wenn wir im nächsten Jahr über die Evaluation des Landesaufnahmegesetzes reden, würden wir uns gern von Anfang an beteiligen. Dann sind vielleicht Fehler vermeidbar, und vielleicht ist es dann auch vermeidbar, dass wir sehr lange darüber streiten müssen, ob Stellenzahlen gedrittelt werden oder nicht, und erst am Ende herauskommt, woran das liegen könnte.
Dennoch ist der Gesetzentwurf kein Grund zum Feiern; wer im Ausschuss dabei war, weiß das auch. Erstens – auch das hatte ich schon in der ersten Lesung gesagt – ist die Integrationspauschale künftig keine gesetzliche Leistung mehr. Die Richtlinie dazu kennen wir noch nicht. Es steht aber zu befürchten, dass es höhere Hürden und mehr Bürokratie und damit auch weniger Mittelabfluss gibt. Wenn weniger Mittel abfließen, werden Sie es bestimmt irgendwann der Kürzung anheimfallen lassen. Ich werde Sie
dann an meine Warnung von heute erinnern. Ich halte es wirklich für einen großen Fehler, diese gesetzliche Leistung abzuschaffen und ein Förderprogramm daraus zu machen.
Zweitens – und das ist mein größerer Schmerz bei diesem Gesetzentwurf; das wissen Sie – ist die schon angesprochene Befristung bis Ende 2021 zu nennen, die Sie hier schaffen. In der Anhörung ist sehr, sehr deutlich geworden: Das hat zu einer großen Verunsicherung bei den Kommunen, bei den Trägern und bei den Fachkräften geführt.
Wer sich mal mit Trägern unterhält, weiß, dass bereits jetzt erste Kündigungen von Fachkräften auf dem Tisch liegen, die angesichts einer solchen Unsicherheit dort nicht länger arbeiten wollen und sich stattdessen lieber etwas anderes suchen.
Auch die weitere Festlegung darauf, dass ein Anspruch auf Migrationssozialarbeit II erst drei Jahre nach Anerkennung entsteht, halten wir für einen Fehler. Darauf haben auch mehrere Anzuhörende in der Anhörung hingewiesen. Ich möchte hier noch einmal zu Protokoll geben: Die Migrationssozialarbeit II ist ein wichtiges Instrument für die Integrationsarbeit in Brandenburg. Sie dient der Verstärkung der Regelsysteme dort, wo diese nicht ausreichend auf die Zielgruppe vorbereitet sind. Die Stellen der Migrationssozialarbeit finden sich in Schulen, auf dem Arbeitsmarkt, in Frauenhäusern, in der Alltagsberatung, bei der Hilfe zur Selbsthilfe und auch bei der Unterstützung des Ehrenamts.
Mit diesem Gesetz – wenn Sie es heute so beschließen – setzen Sie diese Strukturen aufs Spiel. Sie schaffen damit Unsicherheit. Wir werden uns deshalb enthalten. Wir finden es zwar richtig, dass es um ein Jahr verlängert wird, halten es aber für einen ganz großen Fehler, keine Entfristung vorzunehmen. Daher gibt es von uns leider nur eine Enthaltung. – Herzlichen Dank.“