Rede zur Debatte zur Umsetzung des Asyverfahrensbeschleunigungsgesetzes in Brandenburg

Rede zur Debatte zur Umsetzung des Asyverfahrensbeschleunigungsgesetzes in Brandenburg

Heute fand im Landtag eine Debatte zur Umsetzung des Asylverfahrensbescleunigungsgesetzes statt. Dazu lagen ein Antrag der CDU und einer von Bündnis 90/Die Grünen vor. Mein Redeskript dokumentiere ich hier, wobei ich in diesem Fall darauf hinweisen will, dass das gesprochene Wort gilt, weil ich durch den Verlauf der Debatte einige Dinge ergänzt habe.

„Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren,

in dieser Debatte behandeln wir zwei Anträge, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der von Bündnis 90/DIE GRÜNEN setzt auf eine konsequente Ausnutzung bundesgesetzlicher Spielräume zu Gunsten einer humanen Flüchtlingspolitik. Inhaltlich stimmen wir da in weiten Teilen überein, auch wenn der Antrag verzichtbar ist, da diese Koalition einen Großteil dessen bereits umsetzt und wir mit dem Entschließungsantrag in der aktuellen Stunde bereits die Weichen in diese Richtung gestellt haben.

Der Antrag der CDU spricht eine völlig andere Sprache. Er setzt auf Abschreckung und versucht, gegebene Spielräume so hart wie möglich auszulegen.

Meine Damen und Herren von der CDU,

selbstverständlich wird in Brandenburg das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz umgesetzt. Wie im Übrigen auch jedes andere Bundesgesetz in Brandenburg umgesetzt wird, völlig unabhängig davon, ob Brandenburg im Bundesrat zugestimmt hat oder nicht. Und ich finde es unredlich, das Gegenteil zu suggerieren.

Ihr Antrag liest sich in weiten Teilen, als würde auf einmal alles gut werden, wenn wir es Geflüchteten so unangenehm wie möglich bei uns machen und abgelehnte Asylsuchende möglichst schnell wieder los werden.

Hören Sie auf so zu tun, als würden schärfere Abschiebungsregelungen irgendein Problem lösen. Selbst wenn wir alle vollziehbar Ausreisepflichtigen auf einmal abschieben würden, würde das nur die Zahl ausmachen, die aktuell innerhalb weniger Tage nach Brandenburg kommt. Bei einem Aufwand, der Personal und finanziellen Ressourcen in einer Größenordnung bindet, der kaum zu rechtfertigen ist. Und da bin ich noch gar nicht bei den psychischen Belastungen für die Menschen. Deshalb ist es der richtige Weg, dass wir in Brandenburg weiterhin zuerst auf das Instrument der sogenannten freiwilligen Rückführung setzen.

Die Ausweitung der Abschiebehaft auf bis zu 15 Monate – für Menschen, deren einziges Verbrechen ist, in Deutschland Asyl beantragt zu haben – Sachleistungen und verschärfte Residenzpflicht sowie der verlängerte Aufenthalt in der Erstaufnahme suggerieren vielleicht der Öffentlichkeit Härte und Kälte. Und wahrscheinlich ist genau das auch ihr Ziel. All diese Maßnahmen sind jedoch verbunden mit einem riesigen Aufwand für unser Land und für die Verwaltungen und sie sind schlicht inhuman. Vor allem werden sie aber an der aktuellen Situation nichts ändern. Im Oktober flüchteten knapp 188.000 Menschen nach Deutschland. 5.000 davon aus den Ländern des Westbalkans. Das sind gerade einmal 2,69%. Hören Sie auf so zu tun, als wäre das Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten ein geeignetes Instrument, um die Flüchtlingszahlen zu senken. Ich kann Ihnen sagen, was die Flüchtlingszahlen senken kann. Auch da hilft ein Blick in die Statistik: ca. 89.000 Menschen kamen aus Syrien, 31.000 aus Afghanistan und knapp 22.000 aus dem Irak. Es folgten mit einigem Abstand Pakistan, Iran und Eritrea. Das zeigt: Die aktuelle Fluchtbewegung hat vor allem eine Ursache: Krieg.

Egal wie sehr Sie die Außengrenzen abschotten, Zäune und Mauern bauen, die Menschen werden flüchten. Sie flüchten vor den Kriegen, an denen auch Deutschland nicht ganz unschuldig ist. Es bleibt dabei: Nur eine konsequente friedliche Konfliktbewältigung, der Stopp von Waffenlieferungen, eine nachhaltige und auf Selbstverwaltung setzende Entwicklungshilfe werden die Fluchtursachen beseitigen. Und im Übrigen würde auch eine bedarfsgerechte Ausstattung der Hilfsorganisationen in den Anrainerstaaten der Krisengebiete helfen. Abschottung und Abschreckung haben bisher nicht funktioniert und werden auch in Zukunft nicht helfen, eben weil die Menschen nicht wegen Taschengeld sondern aus Todesangst, bitterster Not und Elend heraus flüchten.

Allerdings, und da sind wir auch ehrlich, werden Erfolge bei der Bekämpfung von Fluchtursachen nur mittel- oder langfristig erreichbar sein. Bis dahin müssen wir mit der eingetretenen Situation umgehen. Die Humanität, unsere Humanität gebietet es, diejenigen, die vor Krieg, Verfolgung und Not flüchten, gut aufzunehmen, zu versorgen und zu betreuen und ihnen Lebensperspektiven zu eröffnen. Deshalb sollten wir unsere Kraft und Energie vor allem in die Integration der Menschen in unsere Gesellschaft investieren und nicht in bürokratische Abschreckungsmechanismen!“