Virtuelle Sprechstunde mit Akteur*innen aus der Bildung  - Viele Probleme und motivierte Lösungssuche

Virtuelle Sprechstunde mit Akteur*innen aus der Bildung – Viele Probleme und motivierte Lösungssuche

Da die Corona-bedingten Einschränkungen auch für uns Abgeordnete neue Wege erfordern, um mit den Akteur*innen im Wahlkreis im Gespräch zu bleiben, haben wir ein neues Format entwickelt: die virtuelle Sprechstunde. Wir haben bereits eine solche Sprechstunde für Kunst- und Kulturschaffende angeboten (Bericht hier im Blog) und für Gastronom*innen (Bericht hier im Blog). Vor ganz besonderen Herausforderungen steht auch der Bildungsbereich. Deshalb haben mein Fraktionskollege Christian Görke und ich auch zu diesem Thema Akteur*innen aus dem Havelland und dem Dosseland eingeladen. Wir waren überwältigt vom Interesse. Unter den 15 Teilnehmenden aus dem Bildungsbereich waren Vertreter*innen von Amts- und Stadtverwaltungen (für die Perspektive der Schulträger), mehrere Schulleiter*innen, die Leiterin einer Kita, Lehrer*innen und auch ein Schüler. Allein diese Zusammensetzung zeigt, wie groß der Bedarf bei allen Beteiligten ist, über die aktuellen Problemlagen ins Gespräch zu kommen. Zusätzlich waren mit Tobias Bank und Daniel Golze Kreistagsabgeordnete der LINKEN anwesend. Und auch ein Pressevertreter hat den Weg in die Sprechstunde gefunden.

Und es waren tatsächlich mehr als 90 Minuten voller Informationen und Diskussionen.

Da es so viele Teilnehmer*innen waren, hat mein Tablet immer nur einen Teil der Teilnehmer*innen angezeigt. Das war bisher Premiere. Bei den vorangegangenen Sprechstunden hat eine Seite immer ausgereicht…

Im ersten Diskussionsblock haben wir vor allem Fragen des Personals diskutiert. Hier wurde deutlich, dass es multiple Problemlagen in dieser Bereich gibt. Aktuell sind zwar nur 10 der 915 im Land Brandenburg existierenden Schulen geschlossen, jedoch sind 166 Schulen von Teilschließungen betroffen. Das stellt die betroffene Schulen vor besondere Herausforderungen. Ein Schulleiter berichtete bspw., dass in seiner Schule drei Klassen in Quarantäne sind. Das klingt erst einmal nicht viel, da in dieser Klassen aber sehr viele Lehrer (vor allem wegen des Kurssystems in der Abiturstufe) unterrichtet haben, sind gleichzeitig 23 von 60 Lehrern in Quarantäne versetzt worden. Damit ist es nahezu unmöglich, einen Regelbetrieb aufrecht zu erhalten. Gerade für die Klassen, die in diesem Schuljahr ihren Abschluss machen, kann das ernsthafte Folgen haben, zumal das Bildungsministerium auch weiterhin darauf beharrt, dass die Lehrpläne einzuhalten sind und auch unsere Überlegungen, in diesem Jahr keine zentralen Prüfungen sondern schulbezogene Prüfungen vorzusehen, bisher auf taube Ohren stießen.

Bei den Lehrer*innen gibt es natürlich auch große Sorgen wegen der Ansteckungsgefahr. Und hinzu kommt, dass es im Gegensatz zum Frühjahr keine Lösungen für Lehrer*innen gibt, die selbst einer Risikogruppe angehören. Das führt zu psychischen Belastungen beim Lehrpersonal, die auch von den Schulen aufgefangen werden müssen.

Und dann ist da noch das Thema Maske. Es wurde deutlich, dass es für die Schüler*innen kaum verständlich ist, weshalb im Unterricht keine Maske notwendig ist, in den Pausen aber schon. Gleichzeitig birgt die neue Regelung, dass sowohl von Schüler*innen als auch von Lehrer*innen im Unterricht Maske getragen werden muss, neue Fallstricke. Die Mimik geht verloren und gerade in Fächern, wo es um Aussprache von Lauten und Worten geht, ist die Lautformung mit dem Mund auch optisch wichtig.

Thema war auch die mangelnde Planbarkeit. Da oftmals nicht klar ist, wie lange die Quarantäne beim Personal tatsächlich andauern wird, ist es schwierig Lösungen zu finden, um den Unterricht aufrecht zu erhalten.

In diesem Zusammenhang wurde dann auch diskutiert, ob es sinnvoll wäre, ein Wechselmodell einzuführen, wie es gerade auch auf Bundesebene diskutiert wird. Also den Wechsel zwischen Präsenz- und Online-Lernen. Es wurde deutlich, dass dies keinesfalls zentral festgelegt werden sollte, da die Voraussetzungen in den einzelnen Schulen völlig unterschiedlich sind. Die eine Schule hat schon Probleme mit einem vernünftigen Internetanschluss, während dies bei anderen zwar kein Problem ist, gerade im ländlichen Raum aber nicht bei allen Schülerinnen und Schülern die Voraussetzungen zu Hause vorliegen.

Und da sind wir auch schon mitten im zweiten Diskussionsblock der Sprechstunde: der Digitalisierung und den Voraussetzungen dafür. Im Havelland ist das größte Problem, dass der Breitbandausbau lange nicht so weit ist, wie notwendig. Im Kreistag ist zwar beschlossen, dass alle Haushalte, die nicht mindestens über eine 30Mbit-Anschluss verfügen, in den kommenden Jahren an das Breitbandnetz angeschlossen werden sollen. Das dauert aber noch. Im Ausbaugebiet rund um Friesack hat der Ausbau zwar begonnen, bei den andere Gebieten gibt es aber noch nicht mal einen detaillierten Zeitplan. Voraussichtlich 2024 wird der Ausbau abgeschlossen sein und erst dann werden auch alle Schulen mit Breitbandanschlüssen versorgt sein. Es war schon länger klar, dass das eigentlich zu spät ist, unter Pandemiebedingungen ist es aber für die Schulen eine ganz besondere Herausforderung.

Und auch bei weiteren technischen Voraussetzungen hakt es. Eine Schulleiterin erzählte, dass es zwar in jedem Klassenraum einen Rechner gibt, der sogar ans Internet angeschlossen ist. Eine (teilweise) online-Beschulung aber dennoch nicht möglich ist, weil die Rechner nicht über eine Kamera verfügen und ein Stream zu Schüler*innen nach Hause deshalb nicht möglich ist. Oder ein anderes Beispiel: In einer Schule wurden zwar über den Digitalpakt neue Geräte angeschafft, das vorhandene EDV-Personal ist jedoch überfordert und schafft es nicht, diese in Betrieb zu nehmen. Richtig absurd wird es dann aber, wenn man sich die Erfahrungen anhört, die mit IT-Konzepten in den Schulen verbunden sind. Statt Vorgaben landesseitig zu machen, soll jede Schule ein eigenes Konzept entwickeln und bindet damit Personal, das eh kaum vorhanden und in der Regel dafür gar nicht ausgebildet ist. Da sollen dann auch Konzepte für virtuellen Unterricht entwickelt werden und am Ende entscheidet doch die eher praktische Frage, wo welches Kabel verlegt werden muss. Hier ist es wie so oft beim Bildungsministerium: Immer schön alles auf die Schulen und die Schulträger abwälzen und sich selbst einen schlanken Fuß machen. Das geht so nicht!

Die Forderungen waren deshalb klar: Es braucht klare Vorgaben vom Land für die IT-Ausstattung ohne jede Schule zu zwingen ein eigenes Konzept zu erarbeiten. Es braucht ausreichend Laptops für Schüler*innen im Präsenzunterricht aber vor allem auch für den Online-Unterricht. Die Schulen müssen prioritär und schnell ans Breitbandnetz angeschlossen werden und es braucht ein landesseitiges Begleitprogramm für die Umsetzung und Fortsetzung des Bundesprogramms, das einmalig die technische Ausstattung der Schulen finanziert.

Im dritten Diskussionsblock ging es um die Schülerbeförderung. Auch im Havelland ist das Problem, dass es zwar in den Schulen möglich ist, Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten, im Schülerverkehr jedoch nicht. Überfüllte Schulbusse führen alle Hygieneregelungen ad absurdum. Deshalb haben wir als LINKE gefordert, landesseitig zusätzliche Kapazitäten im Schulbusverkehr zu schaffen. Das kann auch, wie in anderen Bundesländern bereits praktiziert, durch im Land ansässige Busreiseunternehmen realisiert werden. Dafür braucht es aber eine Finanzierung, die Träger des Nahverkehrs – also die Landkreise – werden das nicht finanzieren können.

Weitere Themen in der Online-Sprechstunde waren die (als gut empfundene) Zusammenarbeit mit dem kreislichen Gesundheitsamt, Schnelltests an Schulen durch nichtmedizinisches Personal (was einhellig abgelehnt wird), Übernahme von Quarantäne-Anordnungen für Schüler*innen durch die Schulen (was ebenfalls abgelehnt wird) sowie die Betonung, das weitere Probleme im Bildungsbereich, wie bspw. die anstehende Novellierung des Kita-Gesetzes nicht vernachlässigt werden sollten.

Dem Bericht ist zu  entnehmen, wie inhaltsreich diese Sprechstunde war und wie vielfältig die Problemlagen sind. Christian Görke und ich haben ganz viele Sachen mitgenommen, die wir im Landtag thematisieren werden. Und natürlich werden wir weiter mit den Akteur*innen im Gespräch bleiben. Für Januar planen wir eine weitere Sprechstunde zur Bildung und auch an weiteren Themen sind wir interessiert. Deshalb wird es noch im Dezember eine virtuelle Sprechstunde zum Thema Sport und Fitness und eine zum Thema Sozialwirtschaft und soziale Träger geben.