Gedenkorte: Jugendkonzentrationslager Uckermark

Gedenkorte: Jugendkonzentrationslager Uckermark

Leser*innen dieses Blogs wissen, dass mein besonderes Interesse der Erinnerungskultur gilt. Und so stelle ich in unregelmäßigen Abständen Gedenkorte vor, die mich besonders bewegt haben. Dieser Beitrag gilt dem Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen Uckermark, dessen Überreste ich am vergangenen Wochenende am Rande einer Fahrrad-Tour erkundet habe.

Das Konzentrationslager Uckermark ist unweit des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück (darüber hatte ich hier im Blogvor einigen Jahren bereits berichtet) direkt am heutigen Radwanderweg zwischen Fürstenberg/Havel und Himmelpfort gelegen.

Das Jugendkonzentrationslager wurde im Frühjahr 1942 von Frauen aus dem Konzentrationslager Ravensbrück als sogenanntes Jugendschutzlager errichtet. In solchen Lagern sollten „asoziale“ oder „kriminelle“ Jugendlich inhalftiert werden, um die Jugend des Deutschen Reichs vor ihnen zu schützen. Die Überlebenden dieser Lager galten viele Jahre lang nicht als Opfer des Nationalsozialismus, erst 1970 wurden die Jugendschutzlager als KZ-ähnliche Lager anerkannt. Die Täter kamen größtenteils davon, die Überlebenden, die Opfer und ihre Familien mussten um Anerkennung kämpfen und mit Stigmatisierungen leben.

Im Jugendkonzentrationslager Uckermark waren etwa 1200 Mädchen und junge Frauen in den Jahren 1942 bis 1945 inhaftiert. Die Lebensbedingungen waren katastrophal. Im Januar 1945 wurde ein Großteil der Häftlinge in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gebracht, auf dem Gelände des Jugendkonzentrationslagers wurde ein Vernichtungsort eingerichtet, an dem zunächst Frauen aus dem Lager Ravesbrück, später auch Frauen aus anderen KZs und Ghettos ermordet wurden. Nach aktuellen Schätzungen wurden zwischen Januar und April 1945 hier etwa 5000 Frauen durch Hunger, Kälte, Giftinjektionen und Transporte zur Gaskammer in Ravensbrück getötet.

Das Lager wurde nach 1945 wegen einer Epedemie abgebrannt und das Gelände wurde ab den 70er Jahren von der sowjetischen Armee genutzt. Deshalb sind nur noch wenige Zeugnisse erhalten. Auch gibt es keine Fotos aus der NS-Zeit, kaum Lagepläne und auch über die Insassen ist vergleichsweise wenig bekannt.

Seit 1995 bemühen sich Überlebende und deren Familien und Freund*innen sowie ehrenamtliche Helfer*innen darum, einen würdigen Gedenkort zu schaffen. Die militärische Überbauung ist mittlerweile entfernt, ein Gedenkstein und viele Informationstafeln sind errichtet. In jährlich stattfindenen Baucamps bemühen sich Antifaschist*innen und Feminist*innen den Ort weiter zu gestalten.

Das Jugendkonzentrationslager Ravensbrück ist jedoch nicht Bestandteil der der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten. Wie andere Gedenkorte, die nicht Bestandteil der Stiftung sind, ist es ein zäher Kampf, den Gedenkort zu erhalten und zu gestalten. Ich hatte das bereits mehrfach hier im Blog thematisiert: Ich finde es ein riesiges Problem, das vermeintlich nicht so wichtige Gedenkorte in Brandenburg nicht in die Stiftung aufgenommen werden und es damit an Ehrenamtlichen hängt, Informationen zu sammeln und aufzubereiten, zu Überlebenden und deren Familien Kontakt zu halten und den Ort als solches zu pflegen.

Bei meinem Besuch des Ortes war ich fast allein. Zwei junge Frauen waren damit beschäftigt, noch einige Hinterlassenschaften des diesjährigen Baucamps zu beseitigen. Ansonsten war kein Mensch vor Ort. Allein deshalb ist der Besuch dieses Ortes ein völlig anderer als der des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück. Völlig allein mit sich und den eigenen Gedanken, inmitten einer wunderschönen Landschaft, schlägt das Grauen, das hier geschah, auf eine andere Weise zu, als ich es an anderen Gedenkorten erlebt habe: ursprünglicher und irgendwie echter. Es fällt mir schwer, das in Worte zu fassen. Ähnlich fühlte ich mich im Belower Wald berührt.

Ich habe mir viel Zeit genommen, den Ort zu erkunden, die Fotos können aber nur einen kleinen Eindruck vermitteln. Ich möchte jedem empfehlen, sich bei Gelegenheit diesen Ort anzuschauen. Er vermittelt auf einzgartige Weise den Kampf um ein würdiges Gedenken für Opfer, die fast vergessen sind.