Rede zur Änderung der Kommunalverfassung

Rede zur Änderung der Kommunalverfassung

In 2. Lesung hat der Landtag einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Kommunalverfassung gemäß Beschlussempfehlung verabschiedet. Wir konnten dem nicht folgen und haben uns enthalten.

Das Video meiner Rede ist hier verfügbar.

Das Skript meiner Rede dokumentiere ich hier:
„Diese Änderung der Kommunalverfassung sollte ursprünglich vor allem einen Zweck haben: die Regelungen der kommunalen Notlagenverordnung in die Kommunalverfassung zu überführen. Das ist gut und es ist auch gut, dass ein Teil dessen, was in den vergangenen Monaten durch die Notlage erfolgreich erprobt werden konnte, nun auch in den Regelbetrieb übernommen wird. Deshalb unterstützen wir auch, dass auch außerhalb der Notlage in Ausnahmefällen wie Krankheit oder familiären Schwierigkeiten eine Teilnahme an Sitzungen der Vertretungen und Ausschüssen per Videozuschaltung möglich ist. Das kann dafür sorgen, dass die Arbeit in Vertretungen vor allem für diejenigen leichter und damit auch attraktiver wird, die bisher vielleicht häufig verhindert waren oder wegen Krankheit längere Zeit nicht mitarbeiten konnten.

Für uns ist allerdings wichtig, dass Präsenzsitzungen die Regel bleiben. Die Regelung, die die Koalition gefunden hat, betont dies zwar auch. Allein, sie wird dem nicht gerecht. Die Regelung ist so offen, dass es gut sein kann, dass Einzelne bei jeder Sitzung diese Gründe anbringen. Dies allerdings würde die Arbeit in den Vertretungen nachhaltig verändern und dem Grundsatz, dass nur in Ausnahmefällen von einer Präsenz abwichen wird, nicht gerecht. Wir wissen nicht, ob diese Befürchtung eintritt, sie ist aber durchaus vorhanden. Eine solche, innovative Änderung braucht Akzeptanz. Und zwar nicht die Akzeptanz von Berufspolitiker*innen, wie wir es sind, sondern die Akzeptanz der Tausenden ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen im ganzen Land. Um diese Akzeptanz zu stärken, haben wir vorgeschlagen, diese Regelung nur befristet einzuführen, um deutlich zu machen, dass der Landtag eine zweieinhalbjährige Erprobung vor Ort will und erst nach der Erprobung entscheidet, ob die Regelung dauerhaft in der Kommunalverfassung verankert wird. Ich bedaure sehr, dass Sie diesen Vorschlag nicht aufgenommen haben.

Auch zu der Frage der Bürgerbegehren sind Sie eine unserer Anliegen nicht gefolgt. Es ist gut, dass die Zulässigkeitsprüfung für Bürgerbegehren an den Anfang des Verfahrens gelegt wird. Es ist auch gut, dass im Gesetzgebungsverfahren das dafür notwendige Quorum nochmal abgesenkt wurde. Wir hätten uns jedoch die Klarstellung gewünscht, dass es den Initiator*innen des Bürgerbegehrens freisteht, wann diese Zulässigkeitsprüfung erfolgt. Da sagen Sie uns zwar, das wäre ja freigestellt, man kann das sicher auch so interpretieren. Nur sagt die Begründung des Gesetzentwurfs etwas anderes und auch in der Anhörung im Ausschuss ist keiner der angehören Experten auf diese Interpretation gekommen. Insofern wäre eine Klarstellung sinnvoll gewesen, auch das haben Sie abgelehnt.

Gut ist, dass der Blankocheck für das Innenministerium, über die Köpfe von Gemeinden hinweg eine Mitverwaltung beschließen zu können, vom Tisch ist. Wir begrüßen auch, dass künftig verpflichtend Ortsteilbudgets vorgesehen sind. Und auch die neue Regelung zur Möglichkeit der Zahlung von Aufwandsentschädigungen für sachkundige Einwohner bei der Teilnahme an Fraktionssitzungen begrüßen wir ausdrücklich.

Allerdings können wir der Beschlussempfehlung nicht zustimmen. Denn auch unsere weiteren Änderungsanträge bspw. zur Klarstellung, dass die Regelungen bei der Videoteilnahme auch für beschließende Ausschüsse gelten oder auch zur Stärkung der Vertretungen durch eine Informationspflicht des Hauptverwaltungsbeamten bei Änderungen am Geschäftsverteilungsplan wurden ausnahmslos abgelehnt.

Übrigens, obwohl uns im Vorfeld seitens der Koalition versichert wurde, dass die meisten unserer Anträge von der Richtung her auch Anliegen der Koalition seien. Allein folgte daraus gerade nicht die Suche nach gemeinsamen Lösungen. Vielmehr konnte die Koalition sich ewig nicht einigen, deshalb musste sogar eine Sondersitzung des Ausschusses anberaumt werden, weil die Koalition zur regulären Sitzung noch nichts auf die Reihe bekommen hatte. Das wurde uns schmackhaft gemacht mit dem Hinweis, dann hätte man auch Zeit sich mit der Opposition nochmal zu verständigen. Nur kam es zu dieser Verständigung nicht. Im Gegenteil, in unglaublicher Arroganz erklärten uns die Koalitionsabgeordneten in der Sitzung auf einmal, weshalb alle unsere Anliegen unsinnig seien. Das war ein bisschen so wie die Hand zur Begrüßung ausstrecken und dann kurz bevor der andere zugreift, diese wieder weg ziehen. Solch ein Vorgehen wird das Gegenüber sich merken und beim nächsten Mal zögern die Hand zu ergreifen oder es ganz lassen. Ob das gerade an dieser Stelle, bei der Kommunalverfassung, notwendig war, müssen Sie selbst wissen. Ich bedaure diesen Umgang sehr.“