Freundeskreis Israel im Brandenburger Landtag gegründet

Freundeskreis Israel im Brandenburger Landtag gegründet

Heute vor 70 Jahren entstand der Staat Israel. Aus diesem Anlass hat sich im Landtag ein Freundeskreis Israel gegründet, in dem Abgeordnete aller Fraktionen vertreten sind. Er will Solidarität mit Israel üben und die Bedeutung des Judentums für Brandenburg hervorheben. Ich fraue mich sehr, dass es gelungen ist, diesen Freundeskreis fraktionsübergreufend zu gründen. Dieser Zusammenschluss ist aus meiner Sicht ein starkes Zeichen für die Freundschaft mit dem jüdischen Staat, für wachsendes Vertrauen und die Stärkung der Zusammenarbeit und gegen Antisemitismus.

Im Vorfeld gab es Diskussionen, wieso auch die AfD sich an diesem Freundeskreis beteiligen darf. Dazu nur so viel: Da es sich um einen parlamentarischen Freundeskreis handelt, kann die AfD als demokratisch gewählte Partei nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sie könnte sich einklagen und das würde sie nur in ihrer Märtyrer-Rolle bestärken. In der Gründungserklärung finden sich Sätze, der die AfD eigentlich nicht zustimmen kann. Dass sie es dennoch (einstimmig) getan hat, zeigt ihr politisches Kalkül und ihre Verlogenheit.

Es wird jetzt eine Satzung erarbeitet, in der festgelegt wird, wie die Mitgliedschaft im Freundeskreis für einzelne Abgeordnete über die Zustimmung zur Gründungserklärung hinaus geregelt wird. Es kann also nicht jeder mitmachen.

Im Übrigen bin ich mir recht sicher, dass zwar die Aufregung erstmal groß ist. Bei der Arbeit wird sich aber sehr schnell heraus stellen, wer tatsächlich am Thema arbeiten will und wer nicht und da tippe ich darauf, dass sich AfD-Abgeordnete eher selten in die Arbeit einbringen werden. Symbolisch ist es dennoch Mist, das stimmt. Aber es gab nur die Varianten mit AfD oder gar nicht und ich finde es falsch, Dinge, die man politisch notwendig findet, nicht zu machen, nur weil die AfD dabei sien könnte.

Der Landtag hat zur Gründung des Freundeskreises eine Pressemitteilung veröffentlicht. Den Text des Gründungsdokuments dokumentiere ich hier:

 

Gründungsdokument

Freundeskreis Israel im Landtag Brandenburg

Der 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel ist uns Anlass, die Solidarität Deutschlands mit Israel auch im Landtag Brandenburg zu bekräftigen und uns der besonderen Bedeutung Israels und des Judentums für das Land Brandenburg zu vergewissern.

Das Land Brandenburg engagiert sich seit seiner Wiedergründung im Jahr 1990 für die Verständigung und Freundschaft mit Israel. Die gegenseitigen Beziehungen zu Israel sind geprägt von gemeinsamen Werten – Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit –, und vor allem durch die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den Juden und dem Staat Israel.

Der nationalsozialistische Völkermord an den europäischen Juden ging auch von Brandenburger Boden aus. Brandenburgerinnen und Brandenburger haben sich am nationalsozialistischen Völkermord beteiligt. In Brandenburg befanden sich die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück und zahlreiche Außenlager.

Für uns Brandenburger Parlamentarier gilt: Uns eint eine tiefe Verbundenheit und Solidarität mit Israel. Zu unserer Partnerschaft mit Israel gehört dabei selbstverständlich auch der kritische Dialog. Wegen Deutschlands historischer Verantwortung werden die deutsch-israelischen Beziehungen immer einen besonderen Charakter haben. Wir bekennen uns dazu, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist. Das Existenzrecht des Staates Israel werden wir mit aller Kraft verteidigen. Der wichtigste Garant für den Staat Israel ist Frieden im Nahen Osten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bürgerinnen und Bürgern des Staats Israel in Frieden, in anerkannten und sicheren Grenzen, in wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit leben können. Wir wollen – wo immer es möglich ist – einen Beitrag leisten für einen Abbau der Spannungen zwischen Israelis und Plästinenserinnen und Palästinensern.

Wir wenden uns gegen jegliche Versuche einer erinnerungspolitischen Kehrtwende und erteilen einer schleichend um sich greifenden „Schlussstrich-Mentalität“ eine klare Absage. Es ist uns Auftrag und Verpflichtung, die Erinnerung an den einzigartigen Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus wachzuhalten, der Opfer würdig zu gedenken und nicht nachzulassen in dem Kampf, dass Auschwitz nicht noch einmal sei. Ausdrücklich schließen wir uns den Worten des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck an, wonach es keine deutsche Identität ohne Auschwitz geben könne.

Die Verantwortung für die Vergangenheit ist uns Aufforderung und Mahnung in der Gegenwart: Jüdinnen und Juden müssen sich im Land Brandenburg sicher und heimisch fühlen und hier diskriminierungsfrei leben können. Antisemitismus – ob in Form rechtsextremer Gruppierungen, islamistischer Strömungen oder aus der Mitte der Gesellschaft, ob offen oder in Form von Antiisraelismus – werden wir entschlossen und mit allen Mittel des demokratischen Rechtsstaats entgegengetreten.

Gleichzeitig reicht es nicht aus, sich gegen Antisemitismus aller Couleur zur Wehr zu setzen. Vielmehr wollen wir aktiv das Verständnis für jüdisches Leben, jüdische Kultur und Religion und den Staat Israel fördern und zur Beschäftigung damit anregen. Besonders wichtig ist uns, Begegnungen mit Jüdinnen und Juden zu fördern und die Neugierde bei Kindern und Jugendlichen an der jüdischen Kultur und jüdischem Leben geweckt wird. Wir freuen uns über die Zusammenarbeit Brandenburger Hochschulen mit Hochschulen in Israel. Wir würdigen insbesondere die bisherigen zwölf brandenburgisch-israelischen Schulpartnerschaften und die Schülerbegegnungen, an denen im vergangenen Schuljahr rund 120 Schülerinnen und Schüler teilnahmen, und begrüßen die Kooperationsvereinbarung zwischen dem brandenburgischen Bildungsministerium und der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Wir sind stolz darauf, dass das Land Brandenburg mit dem Abraham-Geiger-Kolleg das erste Rabbinerseminar in Mitteleuropa nach dem Holocaust beherbergt. Wir freuen uns, in Gestalt des Moses-Mendelssohn-Zentrum, des Selma-Stern-Zentrums für jüdische Studien und der Potsdam School of Jewish Theology als einziger Jüdisch-theologischer Einrichtung an einer deutschen Universität über führende Forschungsinstitute mit Strahlkraft über unser Land hinaus zu verfügen. Und mit dem Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg haben israelische und jüdische Filmproduktionen einen festen Platz in der Filmlandschaft des Landes Brandenburg.

Wir verpflichten uns daher,

  • die Erinnerung an früheres jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Land Brandenburg wachzuhalten und historische Orte jüdischen Lebens wie zum Beispiel Friedhöfe in Ehren zu halten und zu pflegen,
  • die Arbeit der Brandenburger Gedenkstätten zu unterstützen,
  • das Verständnis und friedliche Zusammenleben der Menschen zu fördern,
  • Antisemitismus, Antizionismus und Rassismus in jeglicher Form entgegenzutreten,
  • jüdisches Leben, jüdische Religion und jüdische Kultur in Brandenburg nach Kräften zu fördern und wo nötig zu schützen.

Wir wollen

  • die Beziehungen zwischen der Knesset und dem Landtag Brandenburg auf eine gefestigte Grundlage stellen,
  • im Bewusstsein der besonderen Rolle Israels als eine der wenigen Demokratien im Nahen Osten und in Anerkennung der guten Integrationsleistung der israelischen Gesellschaft Erfahrungen zum interkulturellen Dialog austauschen,
  • politischen, historischen, kulturellen und religiösen Austausch fördern,
  • Kooperationen im Bereich der Wirtschaft, Infrastruktur und Tourismus anregen,
  • Brandenburger und Israelis einander näher bringen und dazu zivilgesellschaftliche Kooperationen – Städte- und Schulpartnerschaften, Jugendbegegnungen, wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit – zwischen Brandenburg und Israel weiter ausbauen.

 

Potsdam, den 15. Mai 2018