Volksinitiative zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge bei sogenannten Sandpisten - Eine Positionierung

Volksinitiative zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge bei sogenannten Sandpisten – Eine Positionierung

Die Freien Wähler haben eine Volksinitiative zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge bei Sandpisten gestartet. Medienberichten zufolge kamen in kurzer Zeit 30.000 Unterschriften zusammen, dfie heute dem Landtag übergeben werden sollen. Meine Partei hat zum Umgang mit der Initiative bereits im Dezember einen Beschluss gefasst:

Beschluss des Landesvorstands der LINKEN Brandenburg:

Sozial verträgliche Lösungen für Erschließungsbeiträge
Nach der erfolgreichen Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge haben die Freien Wähler nunmehr eine weitere Volksinitiative gestartet, um auch die Erschließungsbeiträge abzuschaffen.
DIE LINKE. befürwortet direktdemokratische Entscheidungen und sieht in der Volksinitiative ein legitimes Mittel, um den Brandenburgerinnen diese weitreichende und mit erheblichen finanziellen Konsequenzen verbundene Frage zur Entscheidung vorzulegen. DIE LINKE. Brandenburg steht diesem Anliegen kritisch gegenüber. Es ist nachvollziehbar, dass die Anlieger sogenannter „Sandpisten“, die z.T. seit Jahrzehnten an solchen Straßen wohnen, durch einen erst jetzt erfolgenden erstmaligen Ausbau nicht belastet werden wollen. Gleichzeitig muss man auch konstatieren: der erstmalige Bau bzw. Ausbau solcher Strecken kommt zuallererst den Eigentümerinnen der Grundstücke zugute, die dadurch erschlossen werden. Diese Aufgabe undifferenziert der Allgemeinheit zu übertragen, bedeutet erhebliche Mehrbelastungen für die öffentlichen Haushalte, die von allen Steuerzahlerinnen getragen werden müssen. Der Volksinitiative verhalten wir als LINKE uns neutral gegenüber. Wir rufen nicht zur Sammlung von Unterschriften auf und kämpfen stattdessen für Lösungen, die die Eigentürmerinnen entlasten, jedoch nicht vollständig von den Beiträgen befreien. Statt einer pauschalen Abschaffung der Erschließungsbeiträge für „Sandpisten“ wäre aus unserer Sicht ein differenziertes Vorgehen sinnvoll. Wichtige Elemente dafür könnten eine stärkere Beteiligung der Anliegerinnen an der Planung der Ausbaumaßnahmen, eine Reduzierung der Ausbaustandards, wie unter anderem mit dem „Bernauer Modell“ praktiziert, Kappungsgrenzen und ein Härtefallfonds sein. Soziale Härten müssen verhindert werden. Gleichzeitig kann und muss die Allgemeinheit nicht für eine generelle Entlastung der Grundstückseigentümerinnen geradestehen, zumal mit den Ausbaumaßnahmen direkte Vorteile für die Eigentümer*innen und Wertsteigerungen der Grundstücke verbunden sind.

Ich hatte als zuständige Sprecherin der Ladtagsfraktion dem Landesvorstand ein Positionspapier übermittelt, das Grundlage für den Beschluss war. Dieses Papier stammt aus dem Oktober 2020, teilweise gibt es dazu auch neue Entwicklungen. Die grundsätzliche Argumetation ist aber nach wie vor gültig und deshalb dokumentiere ich es hier:

Positionierung zur Volkinitiative der Freien Wähler zur
Abschaffung der Erschließungsbeiträge für so genannte Sandpisten

Die Freien Wähler haben eine Volksinitiative angekündigt, die zum Ziel haben soll, die Erschließungsbeiträge für sogenannte Sandpisten, also für Straßen, die teils seit vielen Jahrzehnten genutzt werden, jedoch nie grundhaft ausgebaut bzw. erstmalig hergestellt wurden und damit nach Erschließungsbeitragsrecht durch die Anwohner mitzufinanzieren sind, abzuschaffen.

Aus LINKER Perspektive waren wir immer gegen die vollständige Abschaffung der Erschließungsbeiträge, da diese dazu dienen, ein Grundstück erstmals zu erschließen, die Bebaubarkeit und Nutzung des Grundstückes damit erst zu ermöglichen. Insofern sind die Erschließungsbeiträge ganz eindeutig und weit überwiegend im Interesse des Grundstückseigentümers und sollten nicht durch die Allgemeinheit übernommen werden. Klar ist jedoch, das Problem der Sandpisten besteht und einer politischen Lösung bedarf. Auch hier ist es so, dass der grundhafte Ausbau einen Vorteil für Anliegerinnen und Anlieger bringt. Dennoch ist es – gerade auch angesichts der Abschaffung der Straßenbaubeiträge – oftmals kaum vermittelbar, weshalb nach vielen Jahren der Nutzung bei einem grundhaften Ausbau bis zu 90% der Kosten auf die Anlieger*innen umgelegt werden sollen. 

Dieses Papier versucht, einen Sachstand sowie den Stand der Diskussion darzustellen und schlägt eine Positionierung der LINKEN Brandenburg zur geplanten Volksinitiative vor.

1. Lage nach der Abschaffung der Straßenbaubeiträge

Die gesetzliche Grundlage für die Erschließungsbeiträge ist das Baugesetzbuch (BauGB), in Bayern seit 1997 und in Baden-Württemberg seit 1.10.2005 das Kommunalabgabengesetz (KAG). Für die erstmalige Herstellung der in § 127 Abs. 2 BauGB genannten Erschließungsanlagen (Straßen) wird ein Erschließungsbeitrag erhoben.  Spätere Änderungen oder Erweiterungen der Erschließungsanlagen (Straßen) lösen keine neue Beitragspflicht nach dem BauGB aus. Die dafür ursprünglich zu veranlagenden Straßenbaubeiträge sind in Brandenburg 2019 abgeschafft worden.

Das Land ersetzt den Kommunen diesen Ausfall der Beiträge durch Ausgleichszahlungen über die Straßenausbau-Mehrbelastungsausgleich-Verordnung – (StraMaV) vom 20. August 2020. In der Verordnung ist geregelt, dass  

  1. ein Grundbetrag im Jahr 2019 von 1.416,77 EUR je Kilometer Gemeindestraße (also auch für Straßen für die bisher keine erstmalige Erschließung stattgefunden hat) durch das Land pauschal an die Städte und Gemeinden gezahlt wird (2019 sind 31 Mio. EUR pauschal ausgezahlt worden). Beginnend ab dem Jahr 2020 wird dieser Pauschalbetrag mit einer Dynamisierung von 1,5 % fortgeschrieben (Absatz 5).
  2. Rückzahlungen erstattet werden.  
  3. Kommunen, die mit der Pauschale nicht auskommen, einen Fehlbetragsausgleich beantragen können. Dabei werden die Pauschalzahlungen der Vorjahre mit eingerechnet, erst wenn die summierte Höhe der Pauschalzahlungen überschritten wird, greift die Spitzabrechnung.

Es ist zu erwarten, dass die kalkulierten 40 Millionen Euro jährlich für den Ausgleich der erlassenen Beiträge durch das Land zumindest in den ersten Jahren nicht ausreichen werden. Da keine Pauschalzahlungen angespart werden konnten, wird bei nahezu jeder Baumaßnahme die Spitzabrechnung zum Tragen kommen. Dieser Effekt wird erst nach einigen Jahren zurückgehen.

Noch offen ist, ob den Kommunen tatsächlich die vollen Beitragsausfälle auf betroffenen Straßenbaumaßnahmen (im Rahmen der festzulegenden Ausbaustandards) erstattet werden. Die Erwartung seitens der Kommunen ist da, der Wille des Landes zumindest in Verordnung auch dokumentiert. Ob dies tatsächlich so eintritt, wird die Praxis zeigen. Klar ist, dass die Spitzabrechnung einen immensen Prüfaufwand des Landes erfordert und Streitfälle vorprogrammiert sind.

Bereits jetzt haben in einigen Kommunen die Verteilungskämpfe begonnen. Die Erhebung von Straßenbaubeiträgen hatte bisher kostendämpfend gewirkt, da Anwohnerinnen und Anwohner die Beiträge nicht hatten zahlen wollen oder können und so wurde oftmals auf Druck der Anliegerinnen und Anlieger auf einen Ausbau verzichtet oder es wurden die Ausbaustandards so angesetzt, dass keine zu hohen Kosten entstanden (bspw. Verzicht auf Gehwege, schmale Straßenbreite usw.). Dieses kostendämpfende Moment ist nun weggefallen. Einige Kommunen berichten bereits jetzt, dass der Druck der Bürger*innen steigt, nun vermehrt Straßenausbau mit hohen Ausbaustandards zu betreiben.

Das Land übernimmt „nur“ die entfallenden Beiträge, d.h. ein großer Teil der Kosten für Straßenbaumaßnahmen muss weiterhin durch die Städte und Gemeinden getragen werden. Dies kann, bei zunehmendem Druck aus der Bevölkerung, Straßen nun aber endlich auszubauen, zu starken Belastungen der Haushalte wie auch zu Kapazitätsproblemen bei Planung und Bau führen.

In dieser Situation geraten die Baumaßnahmen, für die Erschließungsbeiträge erhoben werden, besonders in den Fokus der Auseinandersetzung. Einerseits hatten die Bürgerinnen und Bürger geglaubt, dass die Abschaffung der Straßenbaubeiträge sie auch von der Erschließungsbeitragspflicht entbindet, andererseits ist festzustellen, dass aktuell in vielen Kommunen Baumaßnahmen stattfinden sollen, die über Erschließungsbeiträge durch die Bürgerinnen und Bürger refinanziert werden sollen. Unklar ist die Motivation der Kommunen, nun nach Abschaffung der Straßenbaubeiträge, die seit vielen Jahren in Gebrauch befindlichen Straßen (Sandpisten) erstmalig herzurichten und Erschließungsbeiträge zu erheben. Möglicherweise hängt dies mit der lange nicht klaren Lage zur Erstattung entfallender Straßenbaubeiträge durch das Land zusammen, so dass durch die Kommunen erst einmal andere Vorhaben in Angriff genommen wurden. Es ist aber auch möglich, dass es sich in einigen Kommunen um einen Versuch handelt, möglichst viele Vorhaben nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen, da hier ein geringerer kommunaler Anteil vorgesehen ist. Möglicherweise soll aber auch der Gesetzgeber unter Druck gesetzt werden, auch die Erschließungsbeiträge zu übernehmen.

2. Rechtliche Grundlagen und Rechtsprechung

Die Kommunen beschließen Satzungen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.  Rechtsgrundlage dieser Satzung ist Bundesrecht, §§ 127 ff. Baugesetzbuch. Nach diesen Vorschriften müssen sich die Kommunen richten und für die erstmalige Herstellung von Straßen usw. 90% Erschließungsbeiträge erheben. Erschließungsbeiträge sind auch für Straßen anzuwenden, die bereits als solche faktisch genutzt werden, jedoch noch nie im Rechtssinne „erstmalig“ hergestellt waren.

Deshalb ist entscheidend, wann eine Straße im Rechtssinne als erstmalig hergestellt anzusehen ist, mit der Folge, dass hinsichtlich der Baukosten an dieser Straße keine Erschließungsbeiträge mehr, sondern nur noch Straßenbaubeiträge erhoben werden können.

Dabei haben die Kommunen durchaus hohe Hürden zu beachten, wenn sie Erschließungsbeiträge erheben wollen. Diese sind grundlegend in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 2007 (https://www.bverwg.de/110707U9C5.06.0) festgehalten. 

Danach ist eine Straße erstmalig hergestellt, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt (vor dem 03.10.1990) auf ihrer gesamten Länge über eine befestigte Fahrbahn, eine Oberflächenentwässerung (keine Versickerung) und eine Straßenbeleuchtung, die ein ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglicht, verfügte. Auch auf gewachsenen Boden aufgeworfener und verdichteter Schotter stellt kein vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenes Mindestmaß bautechnischer Herrichtung dar. 

Damit ist nach der Rechtslage bei dem Ausbau von sog. „Sandpisten“ der dabei entstehende Aufwand nach der Erschließungsbeitragssatzung zu 90% auf die anliegenden Grundstücke zu verteilen.

Die Kostenbelastung für solche Baumaßnahmen stellt für die Eigentümer*innen, angesichts stark gestiegener Baukosten und der hohen Eigenanteile (meist 90%) eine durchaus hohe Belastung dar. 

3.Stand der Diskussion zu den Erschließungsbeiträgen bei sogenannten Sandpisten

Das Thema Erschließungsbeiträge bei sogenannten Sandpisten hat den Landtag in dieser Legislaturperiode bereits mehrfach aufgrund von Anträgen der Freien Wähler beschäftigt. Die Anträge hatten dabei verschiedene Inhalte, vorrangig mit dem Ziel, die Beitragspflichtigen von der Zahlung der Erschließungsbeiträge zu befreien oder zu entlasten.

Zuletzt ist die die Gesetzesinitiative zur Abschaffung von Erschließungsbeiträgen für bereits vorhandene Sandstraßen im Land Brandenburg (DS 7/1752) in der Landtagssitzung im September gescheitert.

Am 24.09. hat eine Initiative mehr als 10.000 Unterschriften an den Petitionsausschuss übergeben. Die Petition wird unter der Nr. 623/7 geführt. Organisator und Ansprechpartner ist Hr. Skalla aus Stahnsdorf.

Das Infrastrukturministerium hat dem Landtag einen Bericht vorgelegt, der die finanziellen Auswirkungen einer Abschaffung der Erschließungsbeiträge für sogenannte Sandpisten zum Inhalt hat. Dazu hat der Städte-und Gemeindebund Brandenburg im Frühsommer eine Befragung seiner Mitglieder zum Umfang der in ihrem Gemeindegebiet vorhandenen „Sandpisten“ durchgeführt. Dabei haben von den 417 Brandenburger Kommunen 227 aus sämtlichen Landkreisen und zwei kreisfreie Städte zurückgemeldet (54,4 Prozent).

Die gemeldeten Straßenkilometer belaufen sich auf 2.189,49 km, was hochgerechnet auf das gesamte Land Brandenburg eine Gesamtlänge vorhandener „Sandpisten“ von 4.022,10 km ergibt. Der finanzielle Gesamtaufwand beträgt bei durchschnittlichen Baukosten von einer Erschließungsstraße von 965.000 Euro/km etwa 4 Milliarden EURO. Konnexitätspflichtig wären bei einem kommunalen Anteil von 10 % also 90%, mithin 3,6 Milliarden EURO.

Wegen des strikten Konnexitätsprinzips wäre bei einer Abschaffung der Erschließungsbeiträge der Eigentümeranteil (meist 90%) durch das Land an die Kommunen zu ersetzen. Die Kommunen die einen geringeren Beitragssatz festgelegt haben, um die Eigentümer zu entlasten würden entsprechend weniger erhalten.

Der Bericht weist aus unserer Sicht einige Mängel auf. So sind hier auch Straßen erfasst, bei denen keinerlei Notwendigkeit für einen Ausbau besteht. Allerdings müssen wir in Rechnung stellen, dass es diverse Abgrenzungsprobleme gibt, die einen kaum vertretbaren Aufwand erzeugen würden, wenn eine detailliertere Erfassung der betroffenen Straßen stattfinden sollte. Insofern gehen wir davon aus, dass die geschätzten 3,6 Mrd. € deutlich zu hoch angesetzt sind und eher mit einer Belastung des Landeshaushalts von 1 bis max. 2 Mrd. € verteilt auf ca. zehn Jahre zu rechnen wäre.

Der Text der von den Freien Wählern geplanten Volksinitiative liegt noch nicht vor. Wir vermuten, dass der Text dem Gesetzentwurf zur Abschaffung von Erschließungsbeiträgen (DS 7/1752) für bereits vorhandene Sandstraßen im Land Brandenburg entspricht.

Danach sollen für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen, die vor dem 3. Oktober 1990

1. hergestellt oder

2. für Verkehrszwecke genutzt

wurden, keine Erschließungsbeiträge mehr erhoben werden können. Als hergestellt gelten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen, wenn sie nach den vor dem 3. Oktober 1990 geltenden gesetzlichen Bestimmungen oder nach einem gültigen technischen Ausbauprogramm jemals hergestellt worden sind oder jemals den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprachen. Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen wurden zu Verkehrszwecken genutzt, wenn sie trotz fehlender Herstellung vor dem 3. Oktober 1990 jemals Erschließungszwecke erfüllten.

Aktuell haben die Freien Wähler außerdem öffentlich den Vorschlag unterbreitet, den Topf für die Erstattung der weggefallenen Straßenbaubeiträge um 30 Millionen € jährlich aufzustocken, um daraus die Abschaffung der Erschließungsbeiträge bei sogenannten Sandpisten zu finanzieren.

Bewertung

Die Abschaffung der Erhebung der Erschließungsbeiträge nach dem Vorschlag der Freien Wähler erscheint zuvorderst als eine nachvollziehbare verständliche Forderung. Es ist vielfach nicht erklärbar, dass Grundstückseigentümer*innen nach vielen Jahren noch für die erstmalige Herstellung der Anliegerstraßen bezahlen sollen. Insofern erscheint es auch sachgerecht, so die bisherige Position der Linken, hier eine sozial verträgliche Lösung zu erreichen.

Das Hauptargument der Freien Wähler stellt wie bereits bei der Abschaffung der Straßenbaubeiträge darauf ab, dass Straßen, auch Anliegerstraßen dem Allgemeingebrauch unterliegen und von der Allgemeinheit auch genutzt werden. Grundsätzlich mag dies zutreffen, allerdings dürfte unstreitig sein, dass Anliegerstraßen als Anliegerstraßen eingestuft werden, weil sie den Anlieger*innen in erster Linie zugutekommen. Insbesondere wenn es sich wie häufig um Sackgassen oder Ringverkehre oder Ortsteilgebiete handelt. Dann benutzen diese Straßen die Anlieger*innen selbst, deren Nachbarn, die Entsorgungsfahrzeuge für ihre Grundstücke, die Feuerwehr die zu ihrem Grundstück fährt, der Rettungswagen der zu ihnen kommt oder der Handwerker, der auf ihrem Grundstück tätig wird.  

Es steht also die Frage, wie wir uns als LINKE gegenüber einer Volksinitiative positionieren. Wir schlagen eine differenzierte Position vor:

  • Wir verhalten uns gegenüber der Volksinitiative neutral. Wir rufen nicht dazu auf, diese Volksinitiative bei der  Sammlung der Unterschriften zu unterstützen. Wir wissen aber, dass es Genoss*innen geben wird, die sich hier engagieren werden.
  • Bei der Behandlung im Landtag wird sich die Fraktion wegen der hohen Kosten aufgrund des Konnexitätsprinzips und von Abgrenzungsproblemen jeweils neutral verhalten.
  • Da wir Formen der direkten Demokratie befürworten, halten wir es für ein sinnvolles und legitimes Mittel, eine solch finanziell weitreichende Entscheidung den Bürger*innen zu überlassen. Sollte es zu einem Volksentscheid kommen, mobilisieren wir aktiv für eine Teilnahme, ohne eine Abstimmungsempfehlung zu geben.
  • Gleichzeitig setzen wir uns weiter für eine sozial verträgliche landesweiten Lösung für sogenannte Sandpisten ein, die  durch verschiedene Aktivitäten flankiert werden. Hier ist es aus unserer Sicht wichtig eine rechtssichere Lösung zu erreichen, die dann auch die Akzeptanz bei den Menschen findet.  Dazu sollte
  1. eine stärkere Anwohnerbeteiligung (zwingend) vor der Realisierung der Maßnahme stattfinden.  
  2. die Senkung und Anpassung der Ausbaustandards an tatsächliche Erfordernisse vor Ort gemeinsam mit den Grundstückseigentümern vereinbart werden. Dazu könnte das sog. „Bernauer Modell“ durch das Ministerium weiter propagiert werden.  
  3. ein Landesförderprogramm mit einem jährlichen Volumen von 10 Mio. EURO bis 2024 aufgelegt werden, mit dem der Anteil der Grundstückseigentümer*innen gedämpft wird.
  4. geprüft werden, ob eine Kappungsgrenze für maximal auf die Beitragspflichtigen umlegbare Kosten (sowohl bezogen auf den Straßenmeter als auch auf die Gesamtbelastung) rechtlich möglich ist
  5. ein Härtefallfonds geschaffen werden, mit dem Grundstücksverluste wegen hoher Erschließungsbeitragskosten und zu geringen Einkommens oder Vermögens verhindert werden können. 

Als Alternative zu dieser Positionierung würde eine Unterstützung der Volksinitiative in Frage kommen.  Problematisch daran wäre jedoch die weitere (vollständige) Kostenverlagerung auf die Allgemeinheit zugunsten von Eigentümer*innen, insbesondere angesichts der immensen Wertsteigerungen von Immobilien in den vergangenen Jahren. Außerdem wäre – wie nach der Abschaffung der Straßenbaubeiträge – ein erhöhtes Ausbaubegehren von Anwohner*innen nach Abschaffung der Erschließungsbeiträge für so genannte Sandpisten zu erwarten, das zu hohen Folgekosten führen wird. Gleichzeitig sind Abgrenzungsprobleme für den Kostenersatz bei späteren Erweiterungen oder Veränderungen an solchen Straßen (nach 1990) zu erwarten.