Rede zum Kommunalabgabengesetz und zur Kommunalverfassung

Rede zum Kommunalabgabengesetz und zur Kommunalverfassung

In 2. Lesung behandelte der Landtag den Gesetzentwurf der Landesregierung „Siebtes Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg“. Wir haben als Linke einen erneuten Versuch gestartet, die umstrittene Änderung der Kommunalverfassung hinsichtlich der Bestrafung von Kommunen bei zu spät erstellten Jahresabschlüssen rückgängig zu machen und haben deshalb hier einen Änderungsantrag eingebracht.

Die Debatte kann man sich hier anschauen.

Meinen Redebeitrag in der Debatte dokumentiere ich hier, zitirt nach der vorläufigen stenografischen Niederschrift:

„Der Gesetzentwurf zum KAG ist als Verbesserung der Praxistauglichkeit gedacht. Er soll dem Abbau von Standards und Normen und gleichzeitig der Steigerung der Einnahmen von Kommunen und Aufgabenträgern dienen.

Erstens sollten die Kommunen erweiterte Möglichkeiten erhalten, Gästebeiträge erheben zu können – das wurde schon gesagt. Wir halten das tatsächlich für richtig. Das ist auch in der Anhörung deutlich geworden. Allerdings haben Sie, liebe Koalition, zumindest in diesem Jahr verhindert, dass die Kommunen diese zusätzlichen Einnahmen generieren können, indem Sie – sagen wir mal – sehr lange für Ihre Änderungsanträge gebraucht haben. Das ist schade, aber die Kommunen können dann zumindest im nächsten Jahr davon profitieren.

Die zweite geplante Änderung betraf die Möglichkeit der Aufgabenträger, Benutzungsgebühren auch auf Basis des Wiederbeschaffungszeitwerts zu kalkulieren. Auch darüber haben Sie hier schon gesprochen, Herr Schaller. Wir hatten dazu einen Änderungsantrag eingebracht, den die Koalition in Teilen übernommen hat. Allerdings haben Sie unsere weiteren Vorschläge zur Beibehaltung der Kalkulationszeiträume abgelehnt. Damit verlängern Sie die Frist zur Rückzahlung von übererhobenen Gebühren auf sechs Jahre – sechs Jahre, die Bürgerinnen und Bürger auf einen Ausgleich warten müssen, wenn sie dem Zweckverband aufgrund seiner Kalkulation zu viel Geld überweisen mussten. Das halten wir für einen Fehler.

Für die Leistungsfähigkeit der Kommunen ist aber nicht nur das Kommunalabgabengesetz entscheidend. Deshalb hat es Sie sicherlich nicht überrascht, dass wir noch einen Anlauf nehmen, die Regelung zu den Jahresabschlüssen zumindest zu verändern. Der Städte- und Gemeindebund hat sich an uns alle gewandt und uns mitgeteilt, dass ca. 50 % der Kommunen ab dem kommenden Jahr, ab dem 01.01.2025, handlungsunfähig sein werden, weil sie in die vorläufige Haushaltsführung rutschen.

Herr Noack, zum Thema fundierte Daten: Ich hätte hier heute gern auf der Grundlage aktueller Zahlen mit Ihnen darüber geredet. Leider war das Innenministerium nicht in der Lage, meine Kleine Anfrage zu dem Thema in der vorgesehenen Zeit zu beantworten. Ich hatte bei der Fristverlängerungszustimmung darum gebeten, dass sie zumindest vor dieser Plenardebatte beantwortet wird. Wahrscheinlich kommt die
Antwort morgen – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch so arbeitet das Innenministerium, und so geht es ja auch schon seit längerer Zeit mit dem Landtag um.

Ich will noch einmal in Erinnerung rufen, was vorläufige Haushaltsführung heißt. Vorläufige Haushaltsführung heißt: keinerlei freiwillige Ausgaben, Stillstand bei Investitionen, Jugendarbeit, Straßenbau, Erschließungen oder kommunaler Infrastruktur, keine Vereinsförderung, keine Neueinstellungen. Selbst wenn sich ein Bauamtsleiter, den man fünf Jahre lang gesucht hat, meldet, kann man ihn leider nicht einstellen. Für die Lausitz-Kommunen bedeutet das: kein Abrufen von Mitteln für den
Strukturwandel.

Meine Damen und Herren, wenn der Städte- und Gemeindebund recht hat und 50 % der Kommunen von dieser Regelung – teils über Jahre – betroffen sein werden, legen Sie dieses Land lahm. Nach unserem Antrag, die Regelung ganz aufzuheben – den haben Sie abgelehnt -, haben wir als Kompromiss vorgeschlagen, eine Ausnahmeregelung für die Kommunen einzuführen, die es nur einmal nicht geschafft haben. Das haben Sie auch abgelehnt. Nun ein neuer Kompromissvorschlag: Die Einführung der Regelung wird um ein Jahr nach hinten verschoben, um dem neuen Landtag die Chance zu geben, hier eine Lösung zu finden, die nicht das halbe Land lahmlegt.

Meine Damen und Herren, Politik mit der Brechstange ist an dieser Stelle falsch. Die vorläufige Haushaltsführung als Sanktionsmittel ist der falsche Weg. Heute haben wir die Chance, diese Fehlentscheidung zum Wohle unserer Kommunen zu korrigieren. Meine Damen und Herren, natürlich bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Weil wir wollen, dass jeder Bürgermeister, jede Kämmerin, jeder Stadtverordnete und auch jeder Gemeinvertreter weiß, wer in diesem Landtag dafür sorgt, dass seine Gemeinde oder Stadt teils auf Jahre handlungsunfähig ist, beantragen wir die namentliche Abstimmung.

Meine Damen und Herren, dem KAG-Gesetzentwurf stimmen wir zu, den Gesetzentwurf der AfD lehnen wir ab. Unser Lösungsvorschlag liegt auf dem Tisch. Ein neues Gesetzgebungsverfahrung braucht es nicht – und das werden wir in dieser Wahlperiode auch nicht mehr schaffen. Deshalb unser Änderungsantrag – das ist der Lösungsvorschlag, den wir hier unterbreiten. – Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit.“