Nachgefragt: Fremdenfeindliche und neonazistische Aktivitäten in Brandenburg im 1. Halbjahr 2021 – Ausführliche Auswertung mit Übersichten

Nachgefragt: Fremdenfeindliche und neonazistische Aktivitäten in Brandenburg im 1. Halbjahr 2021 – Ausführliche Auswertung mit Übersichten

Um die Lage bezüglich fremdenfeindlicher und neonazistischer Aktivitäten in Brandenburg genauer zu erfassen, habe ich eine Anfrage zur Entwicklung im 2. Quartal 2021 an die Landesregierung gestellt. Die Antwort der Landesregierung liegt nun nebst Anlagen vor: hier.

Ich frage dies die Landesregierung quartalsweise seit 2015. Hier im Blog gibt es Texte zu den vorangegangenen Anfragen, schaut am besten in der Kategorie Anfragen. Aus diesen Antworten ergeben sich die Vergleichszahlen der Auswertung unten. Berücksichtigt sind in der Auswertung jeweils auch die Nachmeldungen in Folgeanfragen zu vorangegangenen Zeiträumen.

Da ich für das 1. Quartal keine Auswertung im Blog veröffentlich hatte, behandle ich hier das gesamte erste Halbjahr, die Anfrage zum 1. Quartal findet sich hier. Zu beachten ist, dass die Zahlen insgesamt derzeit verfälscht sind. Das liegt vor allem daran, dass die extreme Rechte ihre Aktivitäten verlagert hat: eine Vielzahl von Rechtsextremen nimt an Anti-Corona-Protesten teil. Diese werden von der Landesregierung jedoch nicht als Aktivitäten der extremen Rechten im Sinne der Fragestellung meiner Anfragen behandelt. Deshalb sind die hier vorhandenen Zahlen nur die Aktivitäten, die originär rechtsextrem einzuordnen sind. Dadurch ergibt sich insgesamt aus meiner Sicht ein schiefes Bild. Dennoch soll die Statistik aber natürlich wietergeführt werden und ich werde hier (wie bisher auch) nur mit den Zahlen hantieren, die das Innenministerium zur Verfügung stellt. Eigene Erkenntniss bleiben außen vor. Wer sich jedoch ein Bild zu den Anto-Corona-Protesten machen will, dem empfehle ich meine Anfragen genau dazu: 1. Quartal 2021 und 2. Quartal 2021.

Aber zur Auswertung: Im 1. Halbjahr 2021 haben wir im Vergeich zum Vorjahreszeitraum weniger Aktivitäten der extremen Rechten in Brandenburg zu verzeichnen. (Der Begriff Aktivitäten umfasst Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und ähnliche Veranstaltungen.) Im vergangenen Jahr hatte es im 2. Quartal viele Aktivitäten rund um den 1. Mai (Tag der Arbeit) und den 8. Mai (Tag der Befreiung) gegeben, die in diesem Jahr deutlich geringer waren. Aus dieser Diskrepanz ergibt sich der Rückgang. Nach wie vor stellt die besondere Situation rund um die Pandemie einen Sondereffekt dar, weshalb die Zahlen nicht überinterpretiert werden sollten.

Konzertveranstaltungen sind hier in der Auflistung nicht eingerechnet (das hat Gründe der Vergleichbarkeit der Daten), sie sind unten extra aufgeführt. Ebenfalls nicht aufgeführt sind die erstmals im 3. Quartal 2018 erfassten bzw. durch die Landesregierung angegebenen Bürgerstreifen. Auch dies würde das Bild verfälschen.

Mit aufgeführt ist in der Tabelle, wie viele TeilnehmerInnen/welche Mobiliserungskraft die Veranstaltungen jeweils (soweit bekannt) hatten.

Für das 2. Quartal 2020 ergibt ich folgendes Bild:

Bis zum 1. Quartal 2020 hatten wir im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016 den Trend, dass in Brandenburg deutlich weniger Veranstaltungen der extremen Rechten bzw. fremdenfeindlichen Charakters stattfanden. Dies änderte sich aufgrund der eingangs beschriebenen Sondereffekte. In 2021 sind die Aktivitäten wie bereits erwähnt, rückläufig. Ein regionaler Schwerpunkt ist nicht zu erkennen.

Ein weiterer Trend setzt sich aber fort: Nach wie vor finden neben den sehr kleinen Aktionen ohne Mobilisierungskraft auch wieder größere Kundgebungen und Demonstrationen mit bis zu oder im Ausnahmfall auch mal mehr als 100 Teilnehmer*innen statt.

Interessant ist, dass vor allem im 2. Quartal 2021 wieder verstärkt kleine Aktivitäten der NPD und der rechtsextremen Kleinstpartei Der III. Weg zu verzeichnen sind. Darunter sind erstmal auch Aktivitäten des III Wegs in Dahme-Spreewald, bisher war diese Kleinstpartei vor allem im Norden und in Potsdam-Mittelmark aktiv.

Eine neue Entwicklung seit dem 3. Quartal 2018 waren sogenannte Bürgerstreifen. Vor allem in Cottbus, dem Barnim und Oberhavel  setzte die NPD in den vergangenen zwei Jahren auf diese Aktionsform.
(Da diese Aktionsform neu aufgetreten ist und die Daten verfälschen würden, sind diese Bürgerstreifen hier extra dargestellt, sind also nicht in der oben aufgeführten Gesamtzahl der rechtsextremen Aktivitäten enthalten.) Aktuell ist diese Aktionsform nicht mehr zu verzeichnen.

Eine weitere Besonderheit sind die rechtsextremen Konzertveranstaltungen. Diese benennt die Landesregierung seit 2016 explizit in den Anfragen. Auch diese sind in der Übersicht der Gesamtzahl der Aktivitäten nicht eingerechnet und werden hier extra aufgeführt.

Im Jahr 2021 haben bisher keine rechten Konzertveranstaltungen stattgefunden. Da es allerdings eine Nachmeldung für 2020 gab, veröffentliche ich die aktualisierten Daten hier:

Rechtsextreme Konzertveranstaltungen sind ein wichtiges Instrument der rechten Szene, neue Mitstreiter zu finden und sich zu vernetzen. Oft wirken diese Veranstaltungen wie “Einstiegsdrogen” und tragen zur Radikalisierung bei. Deshalb ist auch interessant, bei wie vielen Veranstaltungen es den Sicherheitsbehörden gelungen ist, diese im Vorfeld zu verhindern oder abzubrechen:

Zusammenfassend ist Folgendes zu sagen:

Die Daten sind insgesamt mit Vorsicht zu genießen. Die extreme Rechte in Brandenburg konzentriert sich aktuell auf die Aktivitäten gegen Eindämmungsmaßnahmen der Corona-Pandemie. Ansonsten tritt sie eher mit kleineren Aktivitäten an die Öffentlichkeit. Interessant ist, dass aktuell wieder Aktivitäten der NPD und der rechtsextremen Kleinstpartei Der III. Weg zu verzeichnen sind.
Die aktuell angespannte Stimmung in Teilen der Bevölkerung aufgrund der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie wurde sofort versucht, durch die extreme Rechte zu vereinnahmen.

*Mit der Anfrage 1. Quartal 2016 hat die Landesregierung die Systematik der Antworten geändert. Sie unterscheidet nun zwischen Veranstaltungen rechtsextremistischer Parteien bzw. Zusammenschlüsse, asylkritische Veranstaltungen durch andere Kampagnen und asylkritische Veranstaltungen durch die AfD. Um die Vergleichbarkeit zu wahren bleibe ich jedoch bei der bisherigen Auswertungssystematik und unterscheide demnach bei der Auswertung nicht nach diesen “Anmeldertypen”. Auch im Übrigen, weil mir die Systematik der Unterscheidung nicht wirklich klar ist.