Wettbewerb der größten Schäbigkeit

Wettbewerb der größten Schäbigkeit

Das, was heute im Bundestag gelaufen ist, wird als Tabubruch bezeichnet. Ich persönlich finde das Wort zu „abgegriffen“ für diesen Vorgang. Im Kern bedeutet es genau eines: Die CDU (und darüber redet ja irgenwie niemand, auch die FDP) ist bereit für die Macht(erringung) einen der Grundkonsense der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland aufzukündigen. Dieser Grundkonsens lautet, Nazis und Rechtsextremisten keinerlei Gestaltungsmacht zu geben. Genau dieser Konsens ist heute aufgekündigt worden – kurz nachdem der Bundestag der Opfer des Holocaust gedacht hat.

Dieser Grundkonsens entstand gerade erst aus der Erfahrung, welch unfassbares Leid entstehen kann, wenn Nazis und Rechtsextreme Gestaltungsmacht erreichen.

Aufgekündigt wurde er ausgerechnet mit dem Inhalt, Menschen in Gruppen einzuteilen und deren Diskriminierung und Entrechtung nicht nur in Kauf zu nehmen sondern voranzutreiben.

Mich ekelt das tatsächlich einfach nur an.Ich habe lange darüber nachgedacht, ob dies die richtige Formulierung ist. Aber ja, ich empfinde Ekel und auch Verachtung. Es ekelt mich an, wie CDU und FDP jegliche humanitäre Werte über Bord werfen. Es ekelt mich an, dass auch diese beiden Parteien nun soweit sind, dass der Satz „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ nichts mehr gilt, zumindest nicht für Menschen, die nicht deutsch sind oder aussehen. Es ekelt mich an, wie aus politischem Kalkül die Grundwerte unseres Zusammenlebens einfach mal so preisgegeben werden.

Und ich empfinde Verachtung für Politiker, die dem billigen Machtwillen all dies opfern. Und es wird nur bei einer politischen Kraft einzahlen: bei der AfD. Den Wettbewerb um die größte Schäbigkeit wird immer die AfD gewinnen. Und im Zweifel wählen die, die diese Schäbigkeit wollen das Original und nicht einen billigen Abklatsch.

Ich glaube allerdings auch, dass genau dieses Vorgehen von CDU und FDP auch Vorteile hat. Niemand, der Nazis keine Gestaltungsmacht geben will, wird nach dem heutigen Tag noch guten Gewissens CDU oder FDP wählen können. Und niemand, der es dennoch tut, kann sich danach rausreden mit „Ich habe doch nichts gewusst.“. Oh doch, seit dem heutigen Tag liegt das Blatt offen auf dem Tisch!

Damit ist klar, wer in diesem Land für die Demokratie, für Humanität und Rechtsstaatlichkeit einsteht und wer nicht. Endlich möchte ich sagen, ist klar, wo die Kampflinie verläuft. Bitter, aber das nur am Rande, ist, dass das BSW – wohl auch aus Machtkalkül – mit der Enthaltung dokumentiert hat, wo es zumindest nicht steht.

Mit diesem Vorgehen von CDU und FDP wird klar: All das, was bisher verbrämt in Hinterzimmern oder auch mehr oder weniger versteckt auf kommunaler Ebene stattfand, ist Geschichte. Nun ist klar, wer auf welcher Seite steht. Und nun ist auch offensichtlich, dass die so viel beschworene Brandmauer schon lange nicht mehr existiert. Und es zementiert die historische Erkenntnis, dass Konservative lieber mit Rechtsextremisten zusammenarbeiten als mit linken Demokraten.

Aber vor allem ist nun eines klar: Jede und Jeder muss sich in dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung positionieren. Die grundsätzliche Auseinandersetzung ist nicht die um einen Antrag im Bundestag. Die grundsätzliche Frage, die wir alle beantworten müssen, ist: Wie wollen wir in diesem unserem Land miteinander leben? Eine Wahl wird diese Frage nicht beantworten. Aber ich wünsche mir zumindest für die kommenden Wahl ein Signal der Menschen in unserem Land an diejenigen, die heute ohne Not den historischen Grundkonsens dieses Landes verlassen haben.