Bundesprogramm Demokratie leben und die Auswirkungen auf Brandenburg

Bundesprogramm Demokratie leben und die Auswirkungen auf Brandenburg

Bereits vor einigen Wochen schlugen bundesweit Initiativen Alarm, dass die geplanten Kürzungen Bundesprogramm Demokratie leben und die Umstrukturierung desselben zu Lasten der Zivilgesellschaft und zu Gunsten öffentlicher Strukturen die Arbeitsfähigkeit vieler Initiativen in Frage stellt. Sie forderten unter anderem ein Demokratiefördergesetz, um die Förderung zivilgesellschaftlicher Demokratiearbeit dauerhaft zu sichern, die Kürzungen im Bundesprogramm zurück zu nehmen und so aufzustocken, dass möglichst auch neue Projekte eine Chance auf Förderung erhalten. Nach bundesweiten Protesten und dem rechtsextremen Anschlag von Halle nahm der Bund die Kürzungen zurück.

Doch ist nun alles gut? Leider nicht. Der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller und ich haben recherchiert, welche Projekte in Brandenburg zur Antragstellung aufgefordert wurden und welche nicht (Bei dem Programm gibt es erst ein Interesenbekundungsverfahren und dann fordert der Bund die Träger deren Projekte gefördert werden sollen, zur Antragstellung auf. Eine Nichtaufforderung zur Antragstellung kommt also einer Ablehnung gleich.).

Zu dem ganzen Komplex habe ich eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, die vor allem auch aufzeigt, welche Projekte bisher durch das Bundesprogramm in Brandenburg unterstützt wurden. Die Antwort ist hier zu finden. Außerdem haben die Bundestagsabgeordneten Norbert Müller und Thomas Nord Anfragen an die Bundesregierung zu den zur Antragstellung aufgeforderten und den nicht zur Antragstellung aufgeforderten Projekten aus Brandenburg gestellt. Eine Zusammenfassung der Antworten findet sich hier. Und da zeigt sich vor allem eines: Alle (!) 19 von Städten, Gemeinden, Landkreisen oder dem Land eingereichten Projekte sollen gefördert werden. Demgegenüber sind von 32 durch andere Träger, bspw. Hochschulen, Vereine, Verbände, Initiativen, eingereichten Projekten nur 2 (!) zur Förderung vorgesehen. Nach der Rücknahme der Kürzung des Bundesprogramms sollen weitere 3 Modellprojekte zur Antragstellung aufgefordert werden. Somit gehen 27 Projekte der Zivilgesellschaft leer aus. Von den insgesamt für Brandenburg vorgesehenen 3,5 Millionen Euro fließen damit 3,2 Millionen in öffentliche Kassen. Die abgelehnten Projekte sind ausschließlich jene freier Träger.

Und da zeigt sich dann deutlich, was die Umstrukturierung des Bundesprogramms im Kern bedeutet. Demokratieförderung wird vor allem Kommunen und Ländern übertragen, zivilgesellschaftliche Strukturen, die in den vergangenen Jahren einen wichtigen Beitrag für den Kampf um Weltoffenheit und Toleranz geleistet haben und vor allem inder Integrations- und Präventionsarbeit, bei der Beratung von Betroffenen von Rassismus und Gewalt eine großartige Arbeit gemacht haben, werden nicht gefördert. Das wird aufgrund der meist fehlenden institutionellen Förderung und die daraus resultierende Abhängigkeit von der Förderung von Projekten dazu führen, dass Strukturen abgebaut werden.

Norbert Müller brachte es in seinem Pressestatement wie folgt auf den Punkt: „Es ist toll, wie viele Initiativen sich in Brandenburg weiter für ein demokratisches Miteinander engagieren wollen. Umso beschämender ist, dass das Familienministerium ihnen nicht über den Weg zu trauen scheint.“
Sicherlich gebe es auch in den Kommunen vernünftige Ansätze zu Vernetzung und Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure. Das zu Tage getretene Missverhältnis erklärt sich aus Müllers Sicht dadurch jedoch nicht: „Was sich hier abbildet, ist die Domestizierung demokratischen Engagements. Doch die Zivilgesellschaft lässt sich nicht als Verwaltungsaufgabe managen. Sie braucht Freiräume und verlässliche Förderung zugleich.“

Und ich habe gegenüber der Presse ergänzt: „Gerade in einer Zeit, in der Nazis in Parlamenten und Kommunalvertretungen ihr Unwesen treiben, braucht es eine starke Zivilgesellschaft, die präventiv wirkt und Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt entschlossen entgegen tritt.“ Um das zu gewährleisten haben wir für das Landtagsplenum in der kommenden Woche einen Antrag eingebracht. Dieser will erreichen, dass die Landesregierung im zuständigen Ausschuss über die Auswirkungen auf die Träger berichtet und mitdem Nachtragshaushalt einen Vorschlag unterbreitet, wie das Land den nicht berücksichtgsten Projekten helfen kann. Auch die Libyen-Koalition hat einen Antrag zum Thema vorgelegt, der allerdings außer Bekenntnissen, dass die Zivilgesellschaft wichtig ist und der Aufforderungan den Bund, die Förderung zivilgesellschaftlicher Projekte zu verbessern, nicht wirklich erwähenswertes enthält. Insofern steht zu befürchten, dass unser Antrag im Plenum abgelehnt wird. Wir werden allerdings die Koalition dennoch nicht vom Haken lassen und das Problem weiter in den Ausschüssen thematisieren.

 

Von Benjamin Lassiwe ist in dieser Woche ein Artikel zum Thema erschienen, auf den ich abschließend hinweisen will. Dieser ist hier zu finden.