Eine Streifenfahrt mit der Polizei des Havellands

Eine Streifenfahrt mit der Polizei des Havellands

polizei3In der aktuellen gesellschaftlichen Sitation, in der die Angst vor Kriminalität in der Bevölkerung steigt und immer öfter zu hören ist, dass Menschen sich nicht mehr sicher fühlen, wird Polizeiarbeit immer öfter Thema im öffentlichen und politischen Diskurs. Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen, dass ich es immer ganz genau wissen will und mich am liebsten aus erster Hand informiere. Und so reifte der Gedanke, mir Polizeiarbeit direkt vor Ort anschauen zu wollen. Meine Anfrage beim Leiter der Polizeiinspektion Havelland, Herrn Gündel, ob es möglich wäre, einen Nachmittag bzw. Abend lang eine Polizeistreife zu begleiten wurde positiv beschieden. Und so fand ich mich gestern, pünktlich um 16 Uhr im Polizeievier in Nauen ein. Vereinbart war, dass ich bis 22 Uhr „Dienst“ tue. Aber es sollte anders kommen…

polizei1Aber von vorn. Nach der Besichtigung der Wache mit Erklärung der einzelnen Arbeitsplätze, Vorstellung der Kolleginnen und Kollegen und kurzer Einweisung sowie Einkleidung (Schutzweste!) ging es mit zwei Beamten los zu einer Nachbarschaftsstreitigkeit. Die Klärung des Sachverhalts dauerte eine gewisse Zeit, mit beiden Streithähnen wurde gesprochen, Beweise gesichert, eine Anzeige aufgenommen usw. Da wurde gleich deutlich, dass es ohne Fingerspitzengefühl und Geduld nicht geht bei der Arbeit im Wach- und Wechseldienst.

polizei2Danach fuhren wir nach Falkensee und alles sah ganz ruhig aus. So besichtigte ich auch noch kurz die Wache in Falkensee und mir wurde die Baustelle für die neue Wache gezeigt. Die Lage war weiterhin ruhig und wir fuhren (wohl um mir ein wenig den Eindruck zu vermitteln, was Polizeiarbeit so ist) zu einem Einsatz, bei dem bereits zwei Kollegen einen Betrunkenen aus einer Kneipe holten. Ein kurzes Hallo und Austausch, was bisher so passiert ist, und wir fuhren weiter. Ein Jugendlicher, der auf der Straße Skateboard fuhr wurde angesprochen und auf die Gefahr hingewiesen. Und dann sah wieder alles ganz ruhig aus und wir fuhren gemächlich Streife ohne Vorkommnisse. Zeit für ganz viele Fragen meinerseits. Die Kollegen erklärten mir, wie wichtig auch „einfache“ Streifenfahrten sind, weil damit Präsenz gezeigt wird, was einerseits positiv für da Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist und gleichzeitig potenziellen Straftätern signalisiert: Wir sind da und wir passen auf! Und so manches Mal wird bei einer solchen Streifenfahrt auch quasi durch Zufall ein Verdächtiger gefasst ode ein Delikt verhindert. Ich hatte noch viele weitere Fragen, zum persönlichen Umgang als Polizist mit dem Beruf, also bspw. wie man sich nach schwierigen Einsätzen fühlt, wie man Erlebnisse verarbeitet und ob man diese mit nach Hause nimmt, wie die Familie damit umgeht usw. Das beantworteten die beiden ebenso geduldig wie Fragen nach der Personalstärke, Dienstplänen, technischer Organisation, Prioritäten bei Einsätzen, Herbeiziehung von Spezialisten, Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen oder auch de Berliner Polizei, Ausstattung usw.

Und dann auf einmal musste alles ganz schnell gehen: Tankstellenüberfall und „unser“ Wagen war am nächsten dran. Gemütliches Gespräch sofort beendet, der eine übernimmt den Funk, der andere macht die Sirene und Blaulicht an und achtet dabei auf den Verkehr! Ich glaube, so eine Blaulichtfahrt ist für den Fahrer purer Stress, weil er zwar so schnell wie möglich voran kommen muss aber gleichzeitig natürlich dennoch aufpasst, weil es sein kann, dass Verkehrsteilnehmer das Signal nicht wahrnehmen oder verunsichert sind, was sie jetzt genau tun müssen. Und 5 Minuten (gefühlt, ich hab nicht auf die Uhr geguckt) später waren wir am Tatort. Erst einmal blieb ich im Wagen und nachdem klar war, dass keine Gefahr besteht, durfte ich aussteigen und konnte beobachten, was dann alles parallel passierte. Erst einmal raus kriegen, was genau passiert ist, die Zeugen nach der Täterbeschreibung befragen, alles an die nun eintreffenden anderen Kräfte weiter geben usw. Viele Einsatzkräfte (auch aus Oberhavel und Berlin) waren sehr schnell vor Ort und machten sich an die Tätersuche, Spurensicherung, Zeugenbefragung, Sichtung der Überwachungsvideos usw. Sehr komplex und dennoch professionell und geordnet, ich hatte das Gefühl, jeder weiß, was er genau zu tun hat. Ich war beeindruckt!

Dann wurde es irgendwann ruhiger (ich hatte kein Zeitgefühl mehr), die Einatzkräfte waren alle unterwegs und ein Teil wurde auch, als vor Ort nichts mehr zu tun war,  wieder los geschickt. Und nun folgte langes Warten auf die Spezialisten der Spurensicherung, die extra aus Neuruppin angefordert wurden. Das gab mir die Chance, noch viele Fragen an die Kollegen vor allem zum vorher beobachteten Einsatzgeschehen zu stellen. Und irgendwann erwachte auch die Neugierde bei den Kolleginnen und Kollegen (es waren immer mal wieder andere Kräfte vor Ort), wie das eigentlich so in der Politik ist, welche Entscheidungsspielräume man als Politikerin so hat, was man so den ganzen Tag macht usw. Und so konnte ich auch ein wenig Einblick in meine Arbeit geben und stieß auf reges Interesse.

Nach dem Eintreffen der Spezialisten von der Spurensicherung kam auch „unsere“ Ablösung von der Nachtschicht und wir machten uns auf den Rückweg nach Nauen. Aber obwohl es mittlerweile fast 1 Uhr war (also 3 Stunden nach regulärem Feierabend der Kollegen), wurde auch der auf der Straße liegende tote Biber noch entsorgt. Kurz nach 1 Uhr waren wir dann zurück in Nauen und für mich war Feierabend. Die Kollegen mussten jedoch noch die Berichte des Tages schreiben. Den noch angebotenen Kaffee lehnte ich ab, damit die beiden möglichst schnell fertig werden und sich nicht mehr um mich kümmern müssen.
Danke an die beiden Kollegen, die mich als Praktikantin für einen Tag wirklich toll eingeführt und alle meine Fragen geduldig beatwortet haben! Mein Eindruck war, dass wir alle drei an dem Tag ein wenig mehr verstanden haben, was der jeweils andere so tut und was an den jeweiligen Jobs so dran hängt. Ich habe die Kolleginnen und Kollegen in den Landtag zu einem „Gegenbesuch“ eingeladen und ich denke, das wird auch zustande kommen. Und natürlich komme ich der Einladung, eine solche Begleitung einer Schicht im kommenden Jahr zu wiederholen, gern nach.

Um 8.30 Uhr war ich dann heute morgen mit dem Leiter der Inspektion, Herrn Gündel, verabredet. Wir hatten vorher bsprochen, dass ich nach meiner Streifenfahrt zu ihm komme und wir gemeinsam auswerten, wie der Tag gelaufen ist und welche Fragen bei mir offen geblieben sind. So richtig fit war ich heute morgen nicht, aber natürlich war ich pünktlich bei diesem Termin. Ich habe ihm meine Eindrücke geschildert und wir haben dann noch einige grundsätzliche landespolitische Fragen, bspw. hinsichtlich des Personalbedarfs, der Ausbildung und Gewinnung neuer Kolleginnen und Kollegen sowie der Ausstattung der Polizei, erörtert.

Das waren sehr lehrreiche Stunden und ich freue mich auf das nächste Mal!