Landratswahlverein lehnt es ab, über Zuschuss zum Mittagessen für armutsgefährdete Kinder zu reden
Das war heute mal wieder eine denkwürdige Kreistagssitzung. Zuerst hat der Landratswahlverein (also die sogenannte Zählgemeinschaft, die nur gebildet wurde, um die Neuwahl des Landrates noch in diesem Jahr durch den Kreistag zu sichern) bestehend aus SPD, CDU, FDP und Bauern+ den Antrag unserer Fraktion abgelehnt, den Landrat in 2010 direkt durch die Bürgerinnen und Bürger wählen zu lassen. Voran ging eine Debatte, die an Heuchelei kaum zu überbieten war, wir durften viel Selbstbeweihräucherung hören und auch, dass die Bürgerinnen und Bürger ja eh nicht zu Wahl gehen würden und deshalb schon eine Wahl durch den Kreistag sinnvoll sein sollte; nur eine vernünftige Begründung, warum nicht das Volk entscheiden sollte, hörten wir seitens des Landratswahlvereins nicht.
Nun, dann wird wohl im September 2009 die Neuwahl durch denKreistag gewählt – zumindest wenn auch die Abgeordneten bspw. der FDP und der CDU, die noch im Kommunalwahlkampf erklärt haben, dass sie für die Direktwahl des Landrates sind, ihr Gewissen ein weiteres Mal über Bord werfen…
Ein Schauspiel, wie weit Ignoranz und Parteitaktik den Landratswahlverein aber führen können, erlebten wir kurz danach. Meine Fraktion hatte einen Antrag eingebracht, armutsgefährdeten Kindern seitens des Kreises einen Zuschuss von einem Euro pro Mittagessen in Schule oder Kita zu zahlen. Der Abgeordnete Koch von der CDU, die Fraktionsvorsitzende der SPD, Frau Vollbrecht und auch der Landrat Herr Schröder lieferten vollmundige Erklärungen, dass es darum ginge, das Umfeld und das Essen selbst zu verbessern. Einen Zusammenhang zwischen Höhe der Kosten für ein Mittagessen und der Teilnahmequote bestehe aber – das habe eine Umfrage gezeigt – nicht. Diese Argumentation geht aber völlig am Problem vorbei. Es mag ja sein, dass wenn das Essen gut ist, mehr Kinder, gemeinsam mit ihren Eltern entscheiden, am Mittagessen teilzunehmen. Es vergisst aber, dass die armen Kinder und ihre Eltern diese Wahl einfach nicht haben. Wenn im Hartz IV-Regelsatz 2,72 Euro pro Tag für die Verpflegung eines Kindes angesetzt sind, dann können sich Eltern ein Mittagessen für bspw. 2,50 Euro einfach nicht leisten, weil ansonsten für die Verpflegung des Kindes nur noch ein Brötchen (ohne Belag) “drin” ist. Es ist für diese Gruppe demnach völlig egal, wie gut oder schlecht das Essen ist. Die Eltern können die Teilnahme ihres Kindes am Mittagessen nur dadurch finanzieren, dass sie an einer anderen Stelle sparen. Leicht gesagt, bei einem Hartz IV-Satz aber fast unmöglich und gerade wenn mehrere Kinder da sind einfach nicht machbar.
Dem Landratswahlverein sind eben diese Kinder aber völlig egal. CDU, SPD, FDP und Bauern+ haben es abgelehnt, diesen Antrag in den Fachausschuss zu verweisen. Das heißt, sie wollen nicht einmal über das Problem sprechen. Eine Ausschussverweisung wäre ja keine Zustimmung zum Antrag als solchem gewesen. Ob Parteitaktik oder das totale Verkennen der Lage – der Kreistag Havelland hat heute beschlossen, dass er nicht die Notwendigkeit sieht, nach einer Lösung zu suchen. Völlige Ignoranz gegenüber der Armut von Kindern – anders kann man es nicht auf einen Nenner bringen.
Mir war in der Debatte zu Heulen zu Mute. Ich war wütend, weil ich nichts machen konnte, dass diese Politikerinnen und Politiker sich da hin setzten und aus parteitaktischem oder sonstigem Kalkül beschlossen, nicht einmal darüber zu reden, dass es Menschen gibt im Havelland, die ihren Kindern ein warmes Mittagessen in der Schule nicht finanzieren können, die in Kauf nehmen, dass es Kinder gibt, die hungrig zur Schule kommen und hungrig wieder dort weg gehen müssen. Dieser Landratswahlverein trägt seine taktischen Spielereien auf dem Rücken der Kinder aus. Dazu fällt mir nichts mehr ein…. Doch, eines fällt mir ein: Wir werden keine Ruhe geben und immer wieder fordern und politischen Druck dafür aufbauen, dass dieser Kreistag seiner sozialen Verantwortung gerecht wird!