Optionskommune – Zählgemeinschaft will Stimmen der LINKEN nicht
Heute kam es zur Abstimmung des Kreistages über die Frage, ob das Havelland Optionskommune werden soll. Wir hatten dazu einen Antrag eingebracht, der zum Ziel hatte, neben der Festlegung, dass das Havelland Optionskommune werden will, auch Festlegungen zu Zielen, Ausgestaltung und politischer Steuerung in den Beschluss aufgenommen werden. Dies lehnte die Zählgemeinschaft ab und so lehnte meine Fraktion denn auch den Antrag der Verwaltung ab. Im Falle der Annahme unseres Änderungsantrags hätten wir für die Optionskommune votiert.
Meine Rede zum Thema dokumentiere ich hier:
“Anrede,
ich bin ja doch etwas überrascht, welche Aufregung in den letzten Tagen herrschte, weil wir als LINKE einen Änderungsantrag schreiben und das der Presse mitteilen. Ob man da gleich lange Briefe schreiben muss, die man der ganzen Welt zur Kenntnis gibt, sei dahin gestellt. Ich will dann aber doch mal eines klar stellen: Unsere Position gegen die Bewerbung als Optionskommune ist spätestens seit der gemeinsamen Sitzung der Fachausschüsse am 7.10. bekannt, unsere Sozialpolitikerin Frau Hinkel hat in jeder Ausschusssitzung die Bedenken hinsichtlich des Optionsmodells geäußert und auch unsere grundsätzliche Haltung auf Bundesebene dazu sollte dem geneigten Beobachter nicht entgangen sein. Da wundert es mich schon, wenn der Landrat davon nichts mitbekommen haben will.
Nach einem intensiven Diskussionsprozess in Fraktion, bei dem auch eine Rolle spielte, dass wir mit unseren Stimmen die Optionskommune eh nicht verhindern können, haben wir uns entschlossen, Bedingungen zu formulieren, unter denen wir uns entgegen unserer grundsätzlichen Position eine Optionskommune vorstellen könnten. Da kann man uns vorwerfen, dass wir spät damit kommen, und da kann ich nur sagen: das kann aber passieren, wenn man eine breite Diskussion innerhalb der Fraktion zulässt und zulassen will. Mag sein, dass das in anderem Fraktionen anders läuft, aber wir versuchen immer, an Entscheidungen solcher Tragweite alle Fraktionsmitglieder zu beteiligen und den Raum und die Zeit für Diskussionen dazu zu geben.
Unsere Bedingungen, unter denen wir uns eine Optionskommune vorstellen können, liegen Ihnen vor. Der Änderungsantrag ist ein Schritt auf die Verwaltung und die politischen Mitbewerber zu, nicht von ihnen weg. Dieser Änderungsantrag ist, wenn man so will, Ihre einzige Chance, uns von unserer grundsätzlichen Haltung abzubringen und damit zu verhindern, dass wir als Fraktion und gegen die Bewerbung als Optionskommune wenden. Dass Sie uns dies vorwerfen ist für mich unverständlich, für uns ist dies ein Signal an Sie, dass wir gesprächsbereit sind und von unseren grundsätzlichen Positionen bereit sind abzurücken, wenn eine Ausgestaltung zugunsten der Betroffenen und zugunsten einer demokratisch organisierten politischen Steuerung erfolgt. Insofern ist dieser Änderungsantrag auch nicht, wie unterstellt wurde, ein Ausdruck dafür, dass wir einen kurzfristigen politischen Erfolg mehr schätzen als die Interessen des Havellandes. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollten Ihnen die Möglichkeit geben, uns durch konkrete Festlegungen die Möglichkeit der Zustimmung zu Ihrem Antrag zu geben. Nach einem solchen Signal hätte ich mir ein bisschen mehr Einfühlsamkeit im Umgang mit uns gewünscht. Aber die Reflexe sind wohl so, wie sie sind.
Wir als LINKE werden keiner „Black Box“ zustimmen. Sie haben einen Antrag vorgelegt, der nur eines sagt, nämlich dass das Havelland kommunaler Träger bei der Aufgabenwahrnehmung des SGB II werden will und der Landrat alles in die Wege leiten soll. Punkt. Nichts weiter. Nichts, was man damit erreichen will, nichts, welche Vor- und Nachteile man sich verspricht, nichts zur arbeitsmarktpolitischen Wirkung, nichts zur konkreten Ausgestaltung, nichts zur politischen Steuerung, nichts, was die Betroffenen davon haben, nichts, was Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhaben. Nichts. Das ist uns offen gestanden zu wenig.
Man kann eine Optionskommune auf verschiedene Arten ausgestalten, zum Vorteil der Betroffenen aber auch mit stärkerer Gängelung für die Betroffenen. Man kann Maßnahmen mit Dumpinglöhnen auflegen oder darauf verzichten. Man kann auf die Arbeitgeber hinwirken zu Gunsten fairer Löhne und man kann es lassen. Auch bei der politischen Steuerung und den Beteiligungsmöglichkeiten der Betroffenen kann man verschiedene Akzente setzen und dazu wollen wir hier und heute Festlegungen.
Als Mitglieder der Zählgemeinschaft können Sie locker sagen: Das entscheiden wir alles später. Als Oppositionsfraktion, die es nicht nur einmal erlebt hat, wie Versprechungen nicht eingehalten wurden und wie Sie, meine Damen und Herren, mit unseren Anträgen hier im Kreistag umgehen, können wir uns nicht damit zufrieden geben, dass in Argumentationspapieren hehre Ziele definiert, dass Versprechungen hinsichtlich der politischen Steuerung und Beteiligung der Betroffenen gemacht werden, all dies aber hier nicht beschlossen werden soll. Unser Einfluss, das wissen Sie genauso gut wie wir, endet heute, wenn dieser Beschluss gefasst ist, eben weil Sie nur jetzt ein Interesse an unseren Stimmen haben. Alles weitere können Sie alleine und wenn Sie weiter so agieren, wie wir es hier in den letzten Monaten erlebt haben, dann können wir uns auf den Kopf stellen und mit den Ohren wackeln, Sie werden uns auflaufen lassen und unsere Anträge, egal wie sinnvoll diese sind, ablehnen. Und deshalb werden Sie unsere Stimmen für die Option nicht bekommen, wenn unser Änderungsantrag abgelehnt wird.
Uns ist wichtig, dass die Betroffenenverbände klar definierte Mitwirkungsrechte erhalten, die nicht vom politischen Gutdünken abhängig sind. Deshalb reicht es uns eben nicht, dass dies über sachkundige Einwohner im Kreistagsausschuss gesichert werden soll und wenn sie von niemandem als sachkundige Einwohner benannt werden, sind sie draußen. Wir wollen, dass die Betroffenen unabhängig von parteipolitischen Tickets mitwirken können.
Uns ist zudem wichtig, dass die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen weiter genutzt werden und auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten, dass sozialintegrative Maßnahmen ausgeweitet werden und die Optionskommune in der Regel darauf hinwirkt, dass Betroffene in Jobs und Maßnahmen vermittelt werden, die ihnen eine tarifliche Entlohnung bzw. mindestens ortsübliche Entlohnung sichert. Wir wollen, dass die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie das 100-Stellen-Programm weiter genutzt und Landesprogramme wie „Arbeit für Brandenburg“ umgesetzt werden. Wir wollen, dass Maßnahmen sinnvolle Arbeit geben und auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten und wir wollen transparente Zuständigkeiten, persönliche Ansprechpartner und eine bessere Betreuung für die Betroffenen, ohne Hotline und ständig wechselnde Gesprächspartner. Wir wollen Verbesserungen für die Mitarbeiter der bisherigen Arge, wozu unbefristete Verträge für möglichst alle MitarbeiterInnen unbedingt gehören. Das sind unsere Ansprüche an eine Optionskommune und wenn wir den Argumentationspapieren der Verwaltung glauben können, sind wir damit gar nicht so weit entfernt von dem, was Sie auch wollen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass bei uns Gesprächsbereitschaft dazu bestand und auch noch besteht. Ihnen liegt heute ein überarbeiteter Antrag vor, wo wir auf Wunsch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Änderungen vorgenommen haben, weil uns die Einwände argumentativ überzeugt haben bzw. wir an einzelnen Punkten auch keine rote Linie ziehen wollten. Wir haben damit auch signalisiert, dass wir im Sinne eines konstruktiven Prozesses sehr wohl an einer Kompromissfindung mitwirken, diese Chance hätten auch alle anderen politischen Mitbewerber gehabt und auch jetzt noch können wir uns dazu verständigen, wir sind jedenfalls dazu bereit.
Sollten die Signale hier in der Debatte jedoch in eine ähnliche Richtung wie die völlig überzogene Reaktion des Landrats auf unseren Änderungsantrag sein, so können wir das nur so deuten, dass unsere Stimmen für die Option nicht wirklich gewollt sind. Wenn unser Änderungsantrag – das habe ich hier bereits mehrmals erwähnt – nicht ohne substanzielle Änderungen angenommen wird bzw. hier nicht ein Kompromiss dazu gefunden wird, werden wir den vorliegenden Antrag der Verwaltung ablehnen. Dann allerdings versuchen Sie bitte nicht uns den Schwarzer Peter zuzuschieben, dieser gehört dann ganz allein denen, die nicht einmal versucht haben, mit uns einen Kompromiss zu finden.”