Rede beim forum demokratischer sozialismus in Berlin

Rede beim forum demokratischer sozialismus in Berlin

Das forum demokratischer sozialismus ist ein Zusammenschluss innerhalb der Partei DIE LINKE, in dem sich vor allem Reformerinnen und Reformer organisieren. Obwohl ich nicht Mitglied des fds bin, war ich heute zum Bundestreffen des Zusammenschlusses eingeladen, um meine GEdanken zur Strategiedebatte der Partei zu referieren. Ich habe mich über die Einladung sehr gefreut und fand die Diskussion sehr anregend.

Hier dokumentiere ich mein Redeskript, da ich frei geredet habe, sind das nur Stichpunkte, aber ich denke, man erkennt worum es mir ging:

  • Keine Wahlauswertung sondern Anmerkungen, die bisher in der Debatte so keine Rolle gespielt haben
  • Wir finde in den gesellschaftlichen Debatten nicht statt – Gestaltung des Klimawandels, Internationalismus vs. Nationalstaatlichkeit oder auch Modernisierung
    • Beispiel Modernisierung
      • Umfassende gesellschaftliche Veränderungen immer, wenn Technologie sich ändert (Stichwort Industrialisierung)
      • Was heißt aber dieser rasante gesellschaftliche Umbruch für die Lebenswirklichkeit -> Arbeitsleben, Wissenstransfer, soziale Ungleichheit -> Was heißt das für den Sozialstaat?
      • LINKE Antwort? Gestaltungsanspruch?
      • Programmatik – Antworten des letzten Jahrtausends oder neue Ansätze nötig?
      • LINKE, CDU, SPD verharren hier im Schlafmodus, lediglich Grüne und AfD haben dazu dezidierte Position – Grüne treiben voran und gestalten, AfD beharrt -> durch andere Parteien geht ein Riss, in der Anhänger- wie der Wählerschaft
    • Exkurs: Rechtsruck und AfD
      • Gesellschaft ist diverser geworden
      • Anfang der 90er: weißer Mann alle Privilegien, Frauen, Minderheiten kaum sichtbar, wenig Führungspositionen…
      • heute: Minderheiten verlange Teilhabe und bekommen sie auch, Migrant*innen, LGBTIQ, Frauen in allen gesellschaftlichen Positionen sichtbar – das schmerzt den von „natürlichen“ Privilegien beraubten „weißen Mann“, zumal noch im ländlichen Raum aus dem die Frauen abgehauen sind
      • alle „etablierten“ Parteien haben sich dieser gesellschaftlichen Realität angepasst und sie hingenommen
      • auch hier Grüne und AfD als Gegenpole wahrnehmbar und klar positioniert – Grüne als treibende Kraft, AfD einzige Partei, die verspricht, dass es wieder wird wie in der guten alten Welt Anfang der 90er
    • Beharren auf alten Antworten und Formelkompromisse zwischen den Lagern haben zu Inhaltsleere und Strategiearmut der LINKEN geführt.
      • Europa-Wahl und dritter Weg, den nicht mal die eigene Mitgliedschaft verstanden hat, Niederlage auf Ansage! – wir wussten, dass unsere Wählerschaft proeuropäisch tickt!
      • Anderes Beispiel: Sicherheitspolitik – Verstecken hinter Pazifismus und schwarz-weiß-Chemata a la Russland gut, USA böse bilden Realität nicht ab
      • Wer sind unsere Partner in der Zivilgesellschaft und was haben wir denen programmatisch anzubieten? Hilft uns die Erfindung einer „verbindenden Klassentheorie“ und das Pressen der Wirklichkeit in eine solche, oder verstellt dies eher den Blick auf tatsächliche gesellschaftliche Entwicklungen? (siehe Modernisierung)
      • Und: es fehlt uns Machtoption!
    • Machtoption ist wichtigster Unterschied zwischen Thüringen und Brandenburg und Sachsen
      • Flächendeckendes strukturelles Problem im Osten -> Kommunalwahlen Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg jeweils um die 10 bis 12%, jeweils mehr als 7%punkte verloren
      • Dennoch bei Landtagswahlen Unterschied bei fast 20%punkten
      • Weshalb?
        • Wurden Autoritäten gewählt?
        • Es wurde Machtoption gewählt! – Bodo hat man es zugetraut, eine Mehrheit gegen die AfD zustande zu bringen, in Brandenburg und Sachsen nicht
        • Strategischer Fehler, sich nicht auf Senftleben-Debatte einzulassen?
        • Taugen wir für AfD-Verhinderung?
      • Problem Durchsetzungsfähigkeit
        • emotional ganz nah bei unseren Wählern – Frieden, soziale Gerechtigkeit, Harmonie… aber: Wähler wählen nicht, wer ganz nah bei ihnen ist sondern wem sie es zutrauen, ihnen dies zu sichern
        • Anders: wir hatten immer die super Konzepte und haben bei Hartz IV usw. das richtige erzählt, helfen konnten wir den Menschen aber auch nicht
      • Was müssen wir also tun?
        • Programmatische Erneuerung! Positionierung der Partei an den gesellschaftliche Bruchlinien – Modernisierung, Klimawandel, Nationalstaat… – nur dann können wir in gesellschaftlichen Debatten wahrgenommen werden
        • Dazu gehört: Klären von seit langem schwelenden Konflikten
          • Grundeinkommen, Sicherheitspolitik, Nahost, Migration, Europa …
        • Ansatz Mosaiklinke – Potentiale aus unserer Unterschiedlichkeit endlich nutzen
        • Strategisches Dreieck
        • Strategische Positionierung
          • als Partei im Kampf um das Öffentliche und einen starken Staat
            • Menschen wollen Staat, in den sie das Vertrauen haben, dass er ihre Grundbedürfnisse sichert – Vertrauen erschüttert (Hartz IV, „Flüchtlingskrise“, Kriminalitätsangst)
            • Gesundheitliche Versorgung, Wohnen, Einkommen und auch Sicherheit!
          • als Partei mit Gestaltungswillen und treibende Kraft
            • Bei Modernisierung, Klimawandel, Diversität…
          • als Partei gegen Nazis