Rede zum Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes

Rede zum Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes

Über mehrere Monate haben wir im Ausschuss den Entwurf des Antidiskriminierungsgesetzes beraten. Im November des vergangenen Jahres hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diesen in den Landtag eingebracht. Heute wurde er auf Empfehlung des Ausschusses abgelehnt.  Es wurde jedoch ein Beschluss auf den Weg gebracht, der weitere Maßnahmen zum Antidiskriminierungsschutz auf den Weg bringt.

Mein Redeskript ist hier dokumentiert:

„Niemand soll im Land Brandenburg diskriminiert werden. Und dieser Anspruch gilt erst Recht für die öffentliche Verwaltung, die an Recht und Gesetz gebunden ist und bei sämtlichen Entscheidungen das Verbot zur Diskriminierung berücksichtigen muss. Das ist der Anspruch, dem wir uns als Land Brandenburg stellen müssen. Und deshalb danke ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sehr für die Initiative für ein Antidiskriminierungsgesetz.

Dieser Gesetzentwurf war Anlass, uns intensiv mit der Antidiskriminierungspolitik auseinander zu setzen. In zwei Ausschussanhörungen wurde deutlich, dass die Anzuhörenden bereits in der grundsätzlichen Frage der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes meilenweit auseinanderliegen. Und all jene, die sich in die Debatte der vergangenen Monate eingebracht haben, werden gemerkt haben, wie weit die Positionen auseinander sind. Auch innerhalb der Fraktionen.

Ich persönlich – das ist bekannt – bin Befürworterin eines Antidiskriminierungsgesetzes. Und dennoch musste ich in der Debatte zur Kenntnis nehmen, dass es einige Argumente gibt, die nicht einfach mal so beiseite zu wischen sind.

Da ist einerseits der bundesgesetzliche Rahmen. Der Bundesgesetzgeber hat Novellierungsbedarf festgestellt für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, hat diesen jedoch nicht mehr umgesetzt und ob und wann der neue Bundestag arbeitsfähig ist und sich dieses Themas annimmt, steht aktuell in den Sternen. Dabei wäre es tatsächlich notwendig, dass von Diskriminierung Betroffene nicht wie bisher vor Diskriminierung seitens staatlicher Institutionen weniger gut geschützt sind als vor Diskriminierung durch Private. Und auch die Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber dem Staat muss gestärkt werden. Man könnte auf Landesebene tatsächlich einen Teil dieser Regelungslücke schließen. Jedoch ist dem Argument, dass der bundesgesetzliche Rahmen sich in absehbarer Zeit ändert und dies erst abgewartet werden sollte, wenig entgegen zu setzen. Einen landesgesetzlichen Regelungsbedarf, der sich aus einer Novellierung des AGG ergeben kann, sollten wir dann allerdings schnellstmöglich identifizieren und ausgestalten.

Das zweite Argument in der Debatte war, dass es bereits jetzt genügend Möglichkeiten für von Diskriminierung Betroffene gibt, sich gegen diese zur Wehr zu setzen. Allerdings täten sie dies nicht ausreichend und dies wäre nicht zu ändern, indem man ihnen mehr Rechte gibt, sondern indem man sie in die Lage versetzt ihre Rechte besser wahr zu nehmen.

Dies haben wir dies in unserem Entschließungsantrag aufgenommen und werden die Landesstelle für Chancengleichheit weiterentwickeln und stärken. Außerdem ist Ziel, die Aufgaben und Befugnisse auszuweiten und die Stelle bekannter zu machen. So sollen Betroffene ermutigt werden, sich an eine prominente Anlaufstelle zu wenden, die  durch die Bündelung von Beschwerden, Muster und Strukturen der Diskriminierung in Brandenburg stärker sichtbar machen könnte und somit auch wirksamere Maßnahmen ermöglichte.

Das dritte Argument war, dass die Regelungsnotwendigkeit nicht nachgewiesen ist und die Probleme und Handlungsbedarfe auch durch andere Maßnahmen gelöst werden könnten. Dieses Argument konnte in den Anhörungen nicht vollständig entkräftet werden.
Es ist uns ein Anliegen, diese Maßnahmen zu finden, um auch ohne gesetzliche Regelung Diskriminierung in Brandenburg zurück zu drängen. Deshalb soll aus der konkreten Arbeit der Landesstelle für Antidiskriminierung heraus aufgezeigt werden, welche weiteren Handlungsbedarfe und Regelungsnotwendigkeiten sich ergeben und diese sollen dem Landtag im nächsten Jahr vorgelegt werden. Das wird dann auch dazu führen müssen, dass wir hier erneut darüber beraten, welche weiteren Maßnahmen zum Diskriminierungsschutz zu ergreifen sind.

Ein weiteres Argument lautete, dass ein Antidiskriminierungsgesetz, das das Ziel hat, Betroffenen von Diskriminierung durch staatliche Behörden, besser zu schützen und ihnen Instrumente zu geben, sich gegen diese zu wehren, die öffentlichen Institutionen in Brandenburg unter Generalverdacht stellen würde. Dieses Argument, das will ich ganz klar sagen, teile ich nicht. Racial Profiling, NSU und die bis heute blockierte Aufklärung des Behördenhandelns in diesem Zusammenhang, oder auch der aktuell wieder in den Schlagzeilen befindliche Fall von Oury Jalloh in Sachsen-Anhalt, sind Zeichen, dass auch staatliche Institutionen nicht davor gefeit sind, diskriminierend zu agieren. Zu einer offenen Fehlerkultur gehört es, anzuerkennen, dass auch in Verwaltungen und anderen Institutionen Menschen arbeiten, die ebenso wie der Rest der Gesellschaft, anfällig sind, für Vorurteile und Vorbehalte. Wir wollen eine diskriminierungsfreie Gesellschaft und deshalb ist es unsere Aufgabe, auch und gerade in den staatlichen Institutionen darauf hinzuwirken. Und deshalb ist es wichtig, daran weiter zu arbeiten.

Das tun wir mit unserem Entschließungsantrag, der, auch wenn der eine oder andere sich mehr gewünscht hätte, ein weiterer Schritt zu einem diskriminierungsärmeren Brandenburg ist.“