Rede zur politischen Partizipation von MigrantInnen

Rede zur politischen Partizipation von MigrantInnen

Zu einem Antrag der freien Wähler fand eine Plenardebatte zur politischen Partizipation von MigrantInnen statt. Zum Antrag geht es hier. Hier die Dokumentation meiner Rede:

„Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

gesellschaftliche Teilhabe und politische Partizipation sind notwendige Bestandteile einer gelungenen Integration. Dabei geht es um politische und soziale Interessenvertretung, um die Stärkung der Kompetenzen der Akteure, um Beratung und interkulturelle Öffnung, aber auch um die Verhinderung von Diskriminierungen jeder Art. Mit dem Landesintegrationskonzept haben wir eine gute Handlungsgrundlage, die aufzeigt, welche Ziele landespolitisch erreicht werden sollen.

Dort wird unter anderem darauf hingewiesen, dass bundesgesetzlich einer der wichtigsten Schritte bei der politischen Partizipation von MigrantInnen – das kommunale Wahlrecht für alle in der Kommune lebenden Menschen – nach wie vor verhindert wird. Brandenburg setzt sich seit geraumer Zeit dafür ein, dass das kommunale Wahlrecht endlich für alle Einwohnerinnen und Einwohner unabhängig von Herkunft und Staatsangehörigkeit gilt. Darauf muss man hinweisen, wenn man über Partizipation redet.

Im Landesintegrationskonzept sind weitere Ziele beschrieben: Von der Förderung und Unterstützung sowie der Einbeziehung migrantischer Selbstorganisationen in politische Entscheidungsprozesse, über die Förderung bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements bis hin zu Migrationsbeiräten sind gute Ansätze enthalten. Diese gilt es mit Leben zu füllen und gleichzeitig wissen wir, dass Beteiligungsstrukturen vor Ort von den jeweiligen Akteuren gewollt sein müssen. Dem geht in der Regel ein Aushandlungs- und Entscheidungsprozess voraus, der von Zivilgesellschaft, kommunalen VerantwortungsträgerInnen und den MigrantInnen selbst geführt werden muss. Da hat Brandenburg tatsächlich Nachholbedarf. Das hat viel damit zu tun, dass viel weniger Menschen mit Migrationshintergrund in Brandenburg leben als in anderen Regionen, aber auch damit, dass solche Strukturen, wachsen müssen. Wir tun deshalb gut daran, vor Ort diese Debatten zu führen und gemeinsam mit allen Beteiligten geeignete Beteiligungsformen in der jeweiligen Region zu entwickeln.

Immer vor dem Hintergrund übrigens, dass wir gerade nicht über eine homogene Gruppe reden, die gleiche Ziele und Bedürfnisse hat. Im Gegenteil, wir reden über Menschen, über eigenständige Persönlichkeiten, mit völlig unterschiedlichen Interessen, Erfahrungen, kulturellen Hintergründen und religiösen Bekenntnissen. Und deshalb müssen wir uns auch die Frage stellen, wie Partizipation und Teilhabe der Menschen, die zu uns kommen, so organisiert werden kann, dass sie nicht dauerhaft in extra dafür geschaffenen Räumen stattfinden muss. Nicht an den Rand sondern in die Mitte der Gesellschaft gehören Teilhabe und Partizipation und eine wirkliche Integration ist nur dann geschafft, wenn es egal ist, ob jemand hier geboren wurde oder nicht, sondern jede Stimme in den politischen und gesellschaftlichen Diskursen und Entscheidungsprozessen genau so viel wiegt wie jede andere.

Beteiligungsformen für MigrantInnen können deshalb nur ein erster Schritt sein. Im Kern wird es darum gehen, eine kulturelle Öffnung der bestehenden Strukturen, der zivilgesellschaftlichen ebenso wie der Vereine und Verbände, der Parteien und Verwaltungen zu organisieren. All diese Organisationen werden sich selbst verändern und verändern müssen, wenn Partizipations- und Teilhabemöglichkeiten für alle geschaffen werden sollen.

Meine Damen und Herren,

zurück zum Antrag. Ich habe vorhin bereits auf das Integrationskonzept verwiesen. Dort ist übrigens , eine doppelte Berichtspflicht verankert. Zum einen soll die Landesintegrationsbeauftragte fünfjährlich ausführlich zur Lage von Menschen mit Migrationshintergrund in Brandenburg berichten. Zum anderen stellt die Landesregierung jährlich Daten und Fakten zu Integration und Migration entsprechend des Landesintegrationskonzeptes zusammen, dazu gehört auch die Situation der politischen Beteiligung von Migrantinnen und Migranten. In der Plenarsitzung im November haben wir übrigens beschlossen, dass diese Zusammenstellung von Daten im ersten Quartal 2016 für das Jahr 2015 vorgelegt werden soll.

Insofern ist zumindest ein Teil dessen, was Sie mit Ihrem Antrag anstreben, bereits in Arbeit. Es stellt sich jedoch zusätzlich die Frage nach Aufwand und Nutzen. Ihr Punkt 1 bedeutet im Kern, dass eine Prüfung und Aufarbeitung der Strukturen in 14 Landkreisen, 4 kreisfreien Städten sowie 418 Städten und Gemeinden – so viele zählt das Land Brandenburg – umfassen muss. Mal unabhängig davon, dass der Zeithorizont bis März völlig unrealistisch ist, ist das ein nicht zu unterschätzender Aufwand, dessen Nutzen sich mir aktuell nicht erschließt. Wir haben hier bereits häufiger darüber gesprochen, wie hoch die Belastung der MitarbeiterInnen auf kommunaler und Landesebene in der aktuellen Situation ist. Lassen sie uns diesen die Chance geben zu arbeiten udn ie Probleme zu lösen anstatt sie zu beauftragen Berichte zu schreiben. Auch vor dem Hintergrund, dass ein solcher Bericht nur einen kleinen Teil dessen, was Teilhabe und Partizipation vor Ort ausmacht, abbilden würde.“