Nachgefragt: Sogenannte Reichsbürger in Brandenburg

Nachgefragt: Sogenannte Reichsbürger in Brandenburg

reichsbuerger„Reichsbürger“, die – kurz gefasst – die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen und die Fortexistenz des Dritten Reichs propagieren, werden mit ihren Phantasiepapieren wie „Reichsführerscheinen“ und „Reichspersonalausweisen“ oft als harmlose Spinner abgetan. In der vergangenen Woche veröffentlichte die Brandenburger Landesregierung ein wirklich empfehleswertes Buch „Reichsbürger. Ein Handbuch“. Als hätte ich es geahnt, habe ich im Dezember eine Anfrage an die Landesregierung zum Themenkomplex gestellt. Die Antwort der Landesregierung liegt nun vor und kann als sinnvolle Ergänzung zum Handbuch, in dem es um die ideologischen Grundlagen der „Reichsbürger“ und den Umgang der Behörden mit diesem Phänomen geht, verstanden werden.

Die Landesregierung schätzt in der Antwort ein, dass sich die „Ansichten von „Reichsbürgern“ an rechtsextremistischen Ideologiefragmenten orientieren“. Außerdem wären „Teile der historisch-fiktionalen Gegenerzählung des Rechtsextremismus sowie geschichtsrevisionistische Mythen und Verschwörungsphantasien“ anzutreffen. Es wird eingeschätzt, das Milieu sei eher unstrukturiert, es allerdings Aktivitäten einzelner Zusammenschlüsse gäbe, um Aktive an sich zu binden.

Der Antwort der Landesregierung ist zu entnehmen, dass es in Brandenburg drei rechtsextremistische Gruppierungen gibt, die den „demokratischen Verfassungsstaat fundamental verwerfen“ und dem Reichsbürgermilieu zuzuordnen sind und die vom Brandenburger Verfassungsschutz beobachtet werden. Dies sind die Gruppierungen „Europäische Aktion“, „Exilregierung Deutsches Reich“ und „Freistaat Preußen“. Zusätzzlich gibt es in allen Landkreisen und kreisfreien Städten „regionale, unstrukturierte Milieus“ sowie Einzelpersonen, die mit der „Bewegung“ durch Phantasiepapiere und Material Geld verdienen. Insgesamt seien in Brandenburg ca. 180 bis 200 Personen dem „Reichbürgermilieu“ zuzuordnen.

Auf meine Frage, welche Überschneidungen es mit Gruppierungen und Organisationen der extremen Rechten gibt, antwortet die Landesregierung, dass solche Überschneidungen eher Einzelpersonen betrifft.

56 Ermittlungsverfahren mit Bezug zu „Reichbürgern“ wurden von 2010 bis 2015 der Landesregierung bekannt. Die genaue Auflistung findet sich in der Anlage der Antwort.

Interessant ist die abschließende Einschätzung der Landesregierung: „Je länger sich die Aktivisten jedoch im Milieu bewegen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich der dort vorherrschende Grundton zu einer Frontstellung gegen die Normen und Spielregeln des demokratischen Verfassungsstaates ausweitet. In diesem Kontext registriert die Verfassungsschutzbehörde, dass die oben aufgeführten Gruppen begonnen haben, gezielt rechtsextremistische Ideologie in den regionalen Milieus zu verbreiten. Hier besteht die Gefahr, dass sich der Aktionismus und die Aggressionen im „Reichsbürger“-Milieu verstärken und es zu Radikalisierungseffekten kommt.“

Insgesamt wird deutlich, dass die „Reichsbürger“ eben keine harmlosen Spinner sind, als die sie nicht selten abgestempelt werden. Dieses Milieu kann man getrost als Vorfeldmilieu für waschechte Nazis bezeichnen. Insofern tun wir gut daran, dies weiter im Blick zu behalten und Verharmlosungen zu widersprechen. Vor allem der oganisierte Bereich des Milieus arbeitet aktiv daran, extrem rechte Ideologien zu verbreiten und über den „Umweg“ der „Reichsbürger“ neue Aktivisten für die extreme Rechte zu gewinnen.