Rede zur Großen Anfrage zum Integrationskonzept

Rede zur Großen Anfrage zum Integrationskonzept

Zum Landesintegrationskonzept gab es eine große Anfrage, deren Beantwortung durch die Landesregierung nun vorliegt. Die Fraktionen DIE LINKE. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben dazu einen Entschließungsantrag eingebracht. Mein Redeskript dazu ist hier dokumentiert. Ich hab einige Passagen aufgrund des Debattenverlaufs leicht geändert. Es gilt insofern das gesproche Wort.

Zum Video der Rede geht es hier.

„Anrede

Ich bin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen außerordentlich dankbar für diese große Anfrage und ich danke auch herzlich den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedenen Ministerien, die in dieser Ausführlichkeit und Detailtreue die vielen Fragen beantwortet haben.

Wenn man die Antworten aufmerksam liest, bekommt an einen guten Eindruck, wie viele verschiedene Einzelmaßnahmen und Projekte vorangetrieben werden, um Menschen die aus anderen Ländern – warum auch immer – zu uns gekommen sind, die Chance zu eröffnen, sich dauerhaft eine Lebensperspektive in Brandenburg aufzubauen. Und nach dem Lesen lässt sich vor allem eines feststellen: Das Integrationskonzept der Landesregierung ist ein hervorragendes Instrument, die Integration der Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund in Brandenburg zu organisieren und voranzutreiben. Es hat uns geholfen, schnell und flexibel die großen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen Verwaltungen, Politik, Bildung, Wirtschaft, Vereine und Verbände und die Zivilgesellschaft angesichts gestiegener Geflüchtetenzahlen standen.

Gleichzeitig ist es wichtig, gerade unter dem Blickwinkel erhöhter Zuzugszahlen – übrigens nicht nur durch Geflüchtete sondern auch durch andere Migrationsbewegungen – das Konzept weiterzuentwickeln. Und auch die veränderten und teilweise auch integrationshemmenden bundesgesetzlichen Regelungen machen es nötig, das Konzept zu überarbeiten. Ich sage ganz deutlich, mein Ziel ist, auch denjenigen, die der Bund faktisch über Jahre zum Nichtstun verurteilt, weil sie angeblich keine gute Bleibeperspektive haben, denen über Jahre der Zugang zu Bildung und Arbeit verwehrt wird, auch denjenigen wollen wir eine Integrationsperspektive eröffnen. Insofern sind neben den vielen großartigen Projekte, Maßnahmen und Initiativen, die in den vergangenen zwei bis drei Jahren entstanden sind, auch  externe Faktoren bei der Fortentwicklung des Integrationskonzepts zu berücksichtigen. Im vorliegenden Entschließungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, stärkeres Augenmerk auf die Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe zu richten,  Instrumente zur Evaluierung festzuschreiben und den  Prozess der Fortschreibung unter Beteiligung aller Akteure der Integrationsarbeit bis Herbst 2017 abzuschließen.

Parallel haben wir seit einiger Zeit die Frage der Notwendigkeit eines Integrationsgesetzes diskutiert. Das von den demokratischen Fraktionen des Landtages beauftragte Gutachten hat aber gerade nicht den Handlungsbedarf aufgezeigt, der in den vergangenen Monaten gern unterstellt wurde. Aus unserer Sicht ergibt sich keine Notwendigkeit eines umfassenden Integrationsgesetzes, wie es von der CDU gefordert wird. Sinnvollen Änderungen in Einzelgesetzen werden wir uns nicht verschließen und wo Handlungsbedarfe im Gutachten aufgezeigt wurden, werden wir diese bei anstehenden Gesetzesänderungen berücksichtigen. Ich verweise hier beispielsweise auf das Bestattungsrecht, dazu behandeln wir ja in dieser Landtagssitzung einen entsprechenden Antrag. Und auch im hier vorliegenden Entschließungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, parallel zur Überarbeitung des Integrationskonzeptes notwendigen gesetzgeberischen Handlungsbedarf herauszuarbeiten und dem Landtag vorzulegen. Ich finde allerdings, dass durch die Antwort der Landesregierung auch deutlich wird: Integration ist vor allem Machen. Integration ist Arbeit vor Ort und lässt sich nicht verordnen. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Integration nicht unnötig erschwert wird durch bürokratische Hürden sondern im Gegenteil den Akteuren der Spielraum gegeben wird, auch kreative, neue Wege zu gehen. Nicht starre Gesetze, die schlimmstenfalls sogar Handlungsspielräume nehmen, sondern gute Rahmenbedingungen und der Wille, Menschen die Chance zu geben, sich eine Lebensperspektive aufzubauen, sind der Garant für gelingende Integration.

Insofern halten wir den auch durch das Integrationskonzept vorgegebenen Handlungsrahmen für Integrationsarbeit für gut und ausreichend und wir sehen auch keinen Bedarf an weiteren Restriktionen, die gibt es bereits in der Bundesgesetzgebung mehr als genug. Wir sehen aber natürlich dem angekündigten Entwurf der CDU mit Spannung entgegen und werden uns dann zu gegebener Zeit mit den Vorschlägen beschäftigen. Und ganz ehrlich, ich bin wirklich gespannt auf die Vorschläge.

Es gibt einen Bereich, in dem wir in Brandenburg aber tatsächlich Nachholebedarf sehen, das ist der Bereich der Partizipation und Teilhabe. Noch immer gibt es nicht in allen Landkreisen Integrationsbeiräte, die bundesrechtlichen Vorgaben sorgen dafür, dass immer mehr dauerhaft hier lebende Menschen nicht wahlberechtigt sind und bewusst von politischer Teilhabe ausgeschlossen werden und auch die migrantische Selbstorganisation ist lange nicht so ausgeprägt wie wir uns das wünschen würden. Aus unserer Sicht ist das ein Handlungsfeld, dem wir uns stärker zuwenden sollten. Im Antrag machen wir dies deutlich und bekennen uns dazu, dass wir uns diesem Bereich, bei Bedarf auch gesetzgeberisch,  noch stärker als bisher zuwenden werden.“