Rede und weitere Informationen zum Antrag zur Verhinderung von Abschiebungen von Geflüchteten nach Afghanistan

Rede und weitere Informationen zum Antrag zur Verhinderung von Abschiebungen von Geflüchteten nach Afghanistan

Heute fand im Landtag eine Debatte zur Verhinderung von Abschiebungen von Geflüchteten nach Afghanistan statt. Dazu lag ein Antrag der Grünen auf Erlass eines dreimonatigen Abschiebestopps vor. Außerdem gab es einen Antrag der Koalitionsfraktionen, der eine nachhaltige Lösung im Rahmen dessen, was ein Bundesland machen kann, festschreibt.

Update (8.3.2017): Hier geht es zum Beschluss.

 

Es gibt zu diesem Beschluss des Landtages eine Pressemitteilung des Landesverbands der LINKEN Brandenburg.

Meine Rede im Landtag dazu als Video.

 

Und hier das Skript:

„DIE LINKE ist gegen Abschiebungen in Kriegsgebiete. Und wir wollen nicht, dass Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden. Ich bin sehr froh, dass es keine Brandenburger Beteiligung an den Sammelabschiebungen des Bundes gab. Und ich bin froh, dass auch die Ausländerbehörden sehr verantwortungsvoll mit dieser Frage umgehen und Menschen nicht zwangsweise nach Afghanistan zurückgeführt haben

Gleichzeitig wissen wir, dass der Bund diese Rückführungen nach Afghanistan aktuell forciert. Es ist wichtig, dass wir uns mit dem vorliegenden Antrag dafür einsetzen, dass die Bundesregierung ihre Einschätzung der Sicherheitslage endlich revidiert. Amnesty international, das UNHCR und weitere Hilfsorganisationen weisen schon lange darauf hin, dass diese Einschätzung einer dringenden Überarbeitung bedarf. Es bleibt dabei: Afghanistan ist nicht sicher. Das zeigt auch der Bericht über einen Geflüchteten, der, wenige Tage nachdem er aus Deutschland abgeschoben wurde, bei einem Anschlag in Kabul verletzt wurde. Solche verheerenden Folgen kann eine politisch motivierte und nicht an den realen Bedingungen orientierte Sicherheitseinschätzung für die Betroffenen haben.

Ohne Neubewertung der Sicherheitslage der Bundesregierung greifen die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote des Aufenthaltsrechts nicht. Als Land können wir Rückführungen in ein bestimmtes Herkunftsland damit dauerhaft nicht verhindern. Ein Abschiebestopp, den wir als Land erlassen können, gilt maximal für drei Monate.

Und es ist schon bigott, wenn hier die Grünen in Brandenburg einen Abschiebestopp fordern, während sich vor allem die grün mitregierten Länder bei der vorerst letzten Sammelabschiebung des Bundes nach Afghanistan hervorgetan haben. Und ich will betonen, bis auf Bayern waren alle an dieser Abschiebung beteiligten Länder grün mitregiert: Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz.

Und, Frau Nonnemacher, Sie wollen hier die Symbolik, aber dauerhaft den Menschen helfen, würde das, was Sie in Ihrem Antrag wollen, nicht und das wissen Sie auch.

 

Wir gehen als Koalitionsfraktionen einen anderen Weg. So wichtig wir als LINKE einen Abschiebestopp auch als Signal an die Bundesregierung finden würden, uns ist es wichtiger, dass eine Lösung für die Betroffenen gefunden wird, die langfristig wirkt. Deshalb wollen wir, ähnlich wie beim Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt, dass die Ausländerbehörden in Brandenburg alle humanitären Spielräume des Aufenthaltsrechts ausnutzen, um Menschen nicht in Kriegsgebiete zurückzuführen. Das Aufenthaltsgesetz bietet im §25 humanitäres und in den §§25a und 25b auf die Integration bezogenes Ermessen sowie mit den §§ 60 und 60a Abschiebungshindernisse. Wir wollen, dass dieses vorhandene Ermessen in Brandenburg in jedem Einzelfall konsequent geprüft und wo vorhanden auch ausgeübt wird.

Wir gehen noch einen Schritt weiter, wir wollen, dass vor jeder Abschiebungsentscheidung erneut geprüft wird, ob eine besondere Schutzbedürftigkeit nach EU-Aufnahmerichtlinie vorliegt. Dies eröffnet ebenfalls Spielräume für die Erteilung eines Bleiberechts für die betroffenen Personen und wir wollen, dass auch dies in Brandenburg genutzt werden kann.

Ich möchte auf zwei weitere Punkte im Antrag hinweisen, die mir wichtig sind.

  1. Abschiebungshaft ist eine ganz besondere Belastung für die Betroffenen, die nur als allerletzte Maßnahme genutzt werden darf und wir wollen, dass die dadurch entstehenden Belastungen effektiv gemindert werden und werden deshalb die psychosoziale Betreuung verbessern. Und
  2. Durch die schnelle Verfahrensbearbeitung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird eine unabhängige Verfahrensberatung in der Erstaufnahme für die Betroffenen wichtiger als bisher und auch dazu bekennen wir uns.

Ich möchte betonen, dass ich nach wie vor den Bund in der humanitären Pflicht sehe, Abschiebungen in Kriegsgebiete zu verhindern. So lange es aber kein Einlenken gibt, tun wir mit diesem Beschluss alles, was in unserer Macht steht, den Menschen ein Bleiberecht auf humanitärer Basis unter Ausnutzung aller bundesgesetzlichen Spielräume in Brandenburg zu sichern.“