Der Tabubruch – Schulterschluss von CDU und AfD im Brandenburger Landtag
Die heutige Sitzung des Brandenburger Landtags war wohl die turbulenteste, die ich bisher erleben durfte. Und das lag eher weniger daran, dass der gesamte Landtag ab 13 Uhr evakuiert wurde, da bei Bauarbeiten nahe des Potsdamer Hauptbahnhofs eine Fliegerbombe gefunden wurde, die sofort entschärft werden musste. Das war aber eher eine Randnotiz gegenüber dem, was wir morgens in der Aktuellen Stunde zur Steuerpolitik erleben mussten…
Die CDU hatte diese Aktuelle Stunde beantragt und der Abgeordnete Steeven Bretz hielt eine Rede, die man in weiten Teilen als demagogisch bezeichnen kann. Unter Beifall und Gejohle der CDU- und der AfD-Fraktion kritisierte er die Steuer- und Finanzpolitik der rot-roten Landesregierung. Dies ist grundsätzlich erst einmal die Aufgabe der Opposition und auch gegen Polemik hat sicher niemand etwas einzuwenden. Die Rede war engagiert vorgetragen und ich kann verstehen, dass einige Zuhörer durchaus Spaß an der Polemik gefunden haben. Auch das ist völlig in Ordnung und bis zu einem bestimmten Punkt dachte ich noch, dass endlich mal richtig Leben in der Bude ist. Der Abgeordnete Bretz redete sich dann aber so sehr in Rage, dass er sich in der Aussage verstieg, Brandenburg müsse seine Schulden schneller herunter fahren, um sich aus der „Zinsknechtschaft“ zu befreien. Mal unabhängig davon, dass eine solche Aussage gerade von der CDU ein Hohn ist, hat sie doch im Landtagswahlkampf Wahlversprechen gemacht, die 1,6 Milliarden Euro gekostet hätten. Der Begriff der „Zinsknechtschaft“ ist aber in Deutschland hochgradig historisch belastet. In der Medienberichterstattung wird diese Begriffsverwendung für das Wortgefecht zwischen SPD und CDU im Anschluss an die Rede verantwortlich gemacht und tatsächlich spielte die Kritik daran, in den folgenden Beiträgen von Stefan Ludwig (LINKE) und Axel Vogel (Grüne) eine Rolle, die den Abgeordneten Bretz zu Recht aufforderten, solche Begriffe im Landtag zu unterlassen.
Aus meinem Erleben war aber nicht die Begrifflichkeit der Auslöser für das heftige Wortgefecht zwischen SPD und CDU direkt im Anschluss an die Rede. Dieses wurde viemehr dadurch ausgelöst, dass der Abgeordnete Bretz, der bereits während seiner Rede heftig von CDU und AfD gefeiert wurde, sich per Handschlag vom Fraktionsvorsitzenden der AfD, Gauland, zu dieser Rede gratulieren ließ, bevor er seinen Platz wieder einnahm. Dieser zelebrierte Schulterschluss der CDU mit der rechtspopulistischen AfD ist der Tabubruch des heutigen Tages. Und nach meinem Erleben war genau dieser Handschlag der Auslöser für das minutenlange Wortgefecht der Fraktionen von SPD und CDU. Es ist eben nicht nur eine kleine Geste, sondern ein zelebrierter Schulterschluss, den es so bisher mit der AfD im Brandenburger Landtag noch nicht gegeben hat.
Ob in dem Zusammenhang wirklich die Formulierung „braune Strochlche“ aus den Reihen der SPD in Richtung CDU gefallen ist, kann ich nicht sagen, es war irre laut und ging total durcheinander. Aber selbst wenn. Die CDU hat auf jeden Fall Erklärungsbedarf, ob diese zur Schau getragene Einigkeit ihr neuer Kurs gegenüber der AfD ist.