Handreichung zum Sachstand Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Brandenburg

Handreichung zum Sachstand Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Brandenburg

2. erweiterte und aktualisierte Version, Stand 10. September 2015

Derzeit ist das Thema Asyl und Flüchtlinge in aller Munde und auch die Presse ist voll mit Meldungen zu steigenden Flüchtlingszahlen und Diskussionen um neu zu errichtende Unterkünfte. Vor allem bei denjenigen, die vor Ort mit Flüchtlingen zu tun haben, treten immer wieder Fragen auf: Wie sind Unterkunft und Betreuung von Flüchtlingen in Brandenburg eigentlich organisiert?Welche Hilfen zur Integration gibt es, wer ist wofür zuständig und wie wird das finanziert?

Diese Handreichung soll KommunalpolitikerInnen, in der Flüchtlingsarbeit Aktiven und Interessierten einen schnellen Überblick über den aktuellen Sachstand zur Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen in Brandenburg geben. Es wird versucht, ein schnelles Erfassen der wichtigsten Entwicklungen und Fakten zu ermöglichen.

Aufgrund der dynamischen Entwicklung gibt es regelmäßig Veränderungen, weshalb eine Aktualisierung dieser Handreichung in unregelmäßigen Abständen geplant ist. Die hier vorliegende Broschur stellt die zweite, stark erweiterte und aktualisierte Handreichung dar. Die jeweils aktuelle Fassung finden Sie auf www.linksfraktion-brandenburg.de

 

Situation auf Bundesebene

Die im August veröffentlichte Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) besagt, dass im Jahr 2015 voraussichtlich 800.000 Asylsuchende in Deutschland einen Antrag auf Schutz stellen werden. Für Brandenburg bedeutet das, dass uns ca. 25.600 Flüchtlinge in diesem Jahr erreichen. Bereits im ersten Halbjahr 2015 hat sich die Zahl der AsylantragstellerInnen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 159.925 Erstanträgen (1. Halbjahr 2014: 67.519) deutlich mehr als verdoppelt. In diesem Zeitraum wurden außerdem 19.110 Folgeanträge (1. Halbjahr 2014: 9.668) gestellt. Auf Brandenburg entfielen im 1. Halbjahr 2015 insgesamt 5.682 Erst- und 329 Folgeantragstellungen. Hauptherkunftsländer der Asylsuchenden in Deutschland waren im Jahr 2015 bisher Syrien, Kosovo und Albanien.

Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland die meisten Asylsuchenden auf, gefolgt von Schweden, Italien und Frankreich. Betrachtet man allerdings die Relation zur Bevölkerungszahl, ergibt sich ein anders Bild. Schweden nimmt pro 1000 EinwohnerInnen die meisten Flüchtlinge auf. Es folgen Österreich und Ungarn.

Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge absolut und pro 1000 EinwohnerInnen (2014)

Grafik Aufnahmen 2014 Grafik Aufnahmen pro Kopf 2014

Wie viele der in ein Land geflüchteten Menschen ein Aufenthaltsrecht erhalten, bezeichnet man als Schutzquote. Im europäischen Vergleich variiert diese stark, was diverse Ursachen hat: Sie wird durch unterschiedliche gesetzliche Regelungen und verschiedene Auslegung der europäischen Vereinbarungen aber auch, aus welchen Herkunftsländern die Asylsuchenden stammen, beeinflusst. Deutschland hat eine unter dem europäischen Durchschnitt liegende Schutzquote.

Das BAMF hat durch bevorzugte Bearbeitung von Anträgen aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern die Zahl der Entscheidungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt. Asylsuchende aus diesen Ländern haben nach dem geltenden Asylrecht kaum Chancen auf einen Schutzstatus in Deutschland. Gleichzeitig bearbeitet das BAMF prioritär Asylgesuche aus besonders unsicheren Herkunftsländern (bspw. Syrien). Aktuell hat das BAMF angekündigt, Anträge von Personen, die aus dem Balkangebiet stammen, priorisiert zu bearbeiten. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Verfahrensdauer bei den AntragstellerInnen aus den meisten Herkunftsstaaten bei weit über einem halben Jahr liegt und das BAMF derzeit ca. 238.000 Entscheidungen vor sich her schiebt.

Das Bundesministerium des Innern will auf die steigenden Flüchtlingszahlen durch die Einstellung von 2000 neuen EntscheiderInnen reagieren, 750 davon sollen noch in diesem Jahr eingestellt werden. Wir begrüßen diesen Schritt, da er dazu beitragen kann, die Verfahrensdauer zu senken. Bisher reichen die Anstrengungen jedoch nicht aus: Allein im Juni 2015 ist die Zahl der anhängigen Verfahren um 16.249 gestiegen. Es bleibt abzuwarten, ob die zügige Einstellung des Personals gelingt und dies auch die Bescheidung von Anträgen beschleunigt.

Als LINKE betonen wir immer wieder, dass es wichtig ist, die Verfahrenslaufzeiten zu verringern, vor allem um die Zeit der Unsicherheit und Anspannung für die Flüchtlinge zu verkürzen. Gleichzeitig ist es aber wichtig, dass jeder Einzelfall genau geprüft wird. Schnellverfahren für Flüchtlinge aus einzelnen Herkunftsländern lehnen wir ab, weil dabei der Grundsatz der individuellen Prüfung verletzt wird. Deshalb wenden wir uns auch dagegen, weitere Staaten als sogenannte sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Ein Land wird nicht dadurch sicher, dass Deutschland dies beschließt. Die Erfahrung zeigt, dass es auch in den bereits als sogenannte sichere Herkunftsstaaten eingestuften Ländern Diskriminierung und Verfolgung gibt.

Im Jahr 2014 endete ca. ein Drittel der Entscheidungen (31,5%) mit der Gewährung eines Schutzstatus (Asylberechtigte, Flüchtlinge nach Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiärer Schutzstatus, Feststellung eines Abschiebungsverbots). Im 1. Halbjahr 2015 ist die Gewährung eines Schutzstatus auf 36,1% gestiegen. In die Berechnung dieser Schutzquote werden jedoch auch sogenannte formelle Entscheidungen einbezogen. Dies sind vor allem Entscheidungen in denen das BAMF bei der Zuständigkeitsprüfung feststellt, dass ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Rechnet man diese formellen Entscheidungen heraus, ergibt sich ein bereinigter Gesamtschutzstatus von nahezu 50 Prozent. Das heißt, ca. die Hälfte der AsylantragstellerInnen, bei denen das BAMF inhaltlich über den Antrag entscheidet, erhält einen Schutzstatus.

Es gibt zahlreiche rechtliche Grundlagen, die das Asylverfahren und die Rechtsstellung der Flüchtlinge definieren. Die wichtigsten Bundesgesetze sind folgende:
Asylverfahrensgesetz
http://www.gesetze-im-internet.de/asylvfg_1992/index.html
Aufenthaltsgesetz http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/index.html
Asylbewerberleistungsgesetz
http://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/

Das BAMF hat eine Broschur herausgegeben, in dem das Asylverfahren ausführlich erklärt wird. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf;jsessionid=0A7425FE56E2393B51D292852193DE7A.1_cid359?__blob=publicationFile

 

Situation in Brandenburg

Die Asylsuchenden werden nach dem „Königsteiner Schlüssel“ auf die Bundesländer verteilt. In Brandenburg werden nach diesem Schlüssel ca. 3,08% der AntragstellerInnen aufgenommen. Aufgrund der aktuellen Prognose des BAMF rechnen wir damit, dass im Jahr 2015 ca. 25.600 AntragstellerInnen in der Brandenburger Erstaufnahme unterzubringen sind.

Monatlich müssen nach der nun vorliegenden Prognose des BAMF ca. 2.000 Personen auf die Landkreise aufgeteilt werden. Im 1. Halbjahr 2015 waren bereits 5.818 Asylsuchende in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes registriert. Im Jahr 2014 waren es insgesamt 6.315, bereits dies stellte eine starke Steigerung gegenüber 2013 mit 3.305 und 2012 mit 1.794 Asylsuchenden dar. Diese Zahlen machen deutlich, vor welchen großen Herausforderungen das Land und die Kommunen stehen.

Aktuell (Stand 30.6.2015) leben in Brandenburg 108 Asylberechtigte, 1.259 nach der Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannte Personen, 3.252 Geduldete (ausreisepflichtige AusländerInnen, deren Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist) und 8.156 Asylbewerber (InhaberInnen einer Aufenthaltsgestattung).

 

Erstaufnahme

In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenhüttenstadt und deren Außenstellen AWO-Heim Eisenhüttenstadt, Oderland-Kaserne Frankfurt (Oder), Flughafen Schönefeld und Ferch werden die Asylsuchenden in den ersten Wochen ihres Asylverfahrens untergebracht. Die Aufgaben der Erstaufnahmeeinrichtung sind die Aufnahme nach der Ankunft in Deutschland, wenn die Zuweisung nach Brandenburg erfolgt, oder die kurzzeitige Aufnahme und Weiterleitung an andere Außenstelle des BAMF per Zuweisungsprogramm EASY. Nicht jede Außenstelle des BAMF bearbeitet die Anträge von Personen jedes Herkunftslands, so dass die Asylsuchenden bestimmter Herkunftsländer direkt der Erstaufnahme zugewiesen werden, in der deren Herkunftsland bearbeitet wird.

 

Entwicklung der Zugänge in der EAE Brandenburg seit 2004:

Tabelle Erstaufnahmen BB

 

Belegungszahlen der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt von 2007 bis Juni 2015 (jeweils Anwesende am letzten Arbeitstag des Monats) [Stand: 17.07.2015] (Quelle: MASGF)

 

Jahr

 

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sept Okt Nov Dez EAE Bele-
gung
EAE Verweil-
dauer
2007 95 84 62 73 75 67 55 54 61 59 91 131 70 51 Tage
2008 88 69 72 62 77 63 97 116 79 81 69 69 79 50 Tage
2009 96 86 107 96 101 95 122 156 184 136 121 150 114 52 Tage
2010 72 169 153 156 157 132 178 203 268 300 298 306 193 53 Tage
2011 291 256 195 188 180 226 253 269 333 381 402 446 271 56 Tage
2012 434 419 365 399 352 366 351 390 477 556 486 504 412 96 Tage
2013 526 455 558 616 638 675 637 644 741 645 627 727 603 68 Tage
2014 623 664 634 679 773 906 1.137 1.196 1.411 1.537 1.579 1.408 999 64 Tage
2015 1.545 1.680 1.643 1.648 1.452 1.664                

 

In der Erstaufnahme des Landes stehen derzeit max. 1.900 reguläre Plätze zur Verfügung. Bis zum Jahresende wird die Zahl der vorhandenen Plätze auf 3.200 und im Jahr 2016 auf 4.200 durch Kapazitätserweiterungen an den vorhandenen Standorten und zusätzliche Außenstellen in Frankfurt (Oder), Wünsdorf und Doberlug-Kirchhain erhöht. Mit dieser Steigerung kann erreicht werden, dass der Aufnahmedruck auf die Kommunen vor allem in Situationen mit sehr vielen AntragstellerInnen in sehr kurzer Zeit, etwas verringert werden kann. Gleichzeitig muss weiterhin Ziel sein, die Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahme so gering wie möglich zu halten, da eine Integration erst in den Kommunen wirklich möglich ist und in der Erstaufnahme die Kinder weder Anspruch auf eine Kindertagesbetreuung haben noch der Schulpflicht unterliegen.

Die Erhöhung der Platzzahl in der Erstaufnahme ist aber auch aus einem anderen Grund dringend notwendig: Seit Mitte Juli 2015 reichen die vorhandenen Kapazitäten für die unterzubringenden Personen in der Erstaufnahme nicht mehr aus und so müssen durch Notbetten ergänzt werden. Aktuell werden auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt Flüchtlinge in Zelten untergebracht. Dort stehen zusätzlich 280 Notbetten zur Verfügung. Seit Anfang August wird außerdem auf dem Gelände der Bundespolizei in Eisenhüttenstadt eine Notunterkunft in Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes betrieben. Hier finden in 70 Zelten ca. 490 Personen Unterkunft. Die Landesregierung versucht aktuell alles, um diesen Zustand schnellstmöglich zu beenden und die geplanten zusätzlichen Standorte der Erstaufnahme fertig zu stellen, um den zu uns geflüchteten Menschen eine gute Unterkunft zu sichern.

In der Erstaufnahme werden die Asylsuchenden erfasst und erhalten Kleidung, Verpflegung und eine Schlafstätte. Außerdem findet die bundesrechtlich vorgeschriebene Gesundheitsuntersuchung statt. Mit dieser sollen Krankheiten und Behandlungsnotwendigkeiten bei den geflüchteten Menschen festgestellt werden. Dazu werden die Asylsuchenden medizinisch untersucht und es erfolgt eine Röntgenuntersuchung der Lunge. Für ansteckende Krankheiten steht auf dem Gelände der Erstaufnahme eine Isolierstation zur Verfügung.

Seit Anfang Juli liegt die Erstuntersuchung für Flüchtlinge der Zentralen Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt nicht mehr in Verantwortung des Landkreises Oder-Spree, sondern des städtischen Krankenhauses Eisenhüttenstadt.

Ab November 2015 wird ein zusätzlicher Röntgencontainer direkt auf dem Gelände der Erstaufnahme errichtet, um Wege zu verkürzen.

 

Unterbringung und Versorgung in den Kommunen

Nach einem Aufenthalt von maximal drei Monaten in der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgt die Verteilung der Asylsuchenden auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Asylsuchenden verbleiben nur dann ausnahmsweise länger in der Erstaufnahme, wenn eine Krankheit vorliegt oder wegen Kontaktes mit infizierten Personen mit der Zuweisung an eine Kommune gewartet werden muss, bis eine Ansteckung ausgeschlossen ist. Aktuell stockt die Zuweisung der Asylsuchenden an die Kommunen vor allem deshalb, weil es wegen der hohen Flüchtlingszahlen sowohl bei der Registrierung und Einleitung der Asylverfahren als auch bei der gesundheitlichen Untersuchung immer wieder zu Engpässen kommt.

Die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden ist für die Kommunen eine Pflichtaufgabe nach Weisung. Die Verteilung erfolgt nach einem jährlich zu überprüfenden Schlüssel, der sich vorrangig an der EinwohnerInnenzahl orientiert. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in der Vergangenheit nicht erbrachte Aufnahmeleistungen mit eingerechnet werden, weshalb die tatsächlich unterzubringenden Flüchtlinge von diesem Schlüssel abweichen können.

aufnahmesoll

In Brandenburg ist die Verteilung auf die Kommunen über den sogenannten Circa-Server organisiert. Dabei melden die Kommunen freie Plätze und ihnen werden aufgrund dieser Freimeldungen Flüchtlinge zugewiesen. Dieses Verfahren gelangt jedoch an seine Grenzen, wenn nicht genügend Freimeldungen vorliegen. Für diesen Fall müssen Flüchtlinge auch ohne Freimeldung zugewiesen werden. Aufgrund der hohen Zugangszahlen wurde dieses Verfahren Anfang 2015 vorübergehend ausgesetzt, es soll jedoch grundsätzlich beibehalten werden. Da die Kommunen aktuell nicht ausreichend freie Plätze melden, weist die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) nach vorheriger Ankündigung eine bestimmte Personenanzahl zu. Die Kommunen teilen die Zuweisungsorte mit. Innerhalb der folgenden Tage werden die angekündigten Personen an die Kommunen verteilt.

Für den Fall, dass ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt der Aufnahmeverpflichtung nicht nachkommt, kann das zuständige Ministerium Ersatzvornahmen veranlassen. Ehe es zur Ersatzvornahme kommt, kommen Notfallpläne in den Landkreisen und kreisfreien Städten zum Einsatz. Das sind Unterbringungsmöglichkeiten in Turnhallen, Zelten o.ä. Aktuell müssen in einigen Kommunen bereits eine Turnhallen und auch Zelte zur vorübergehenden Unterbringung von Asylsuchenden genutzt werden. Weitere Landkreise haben die vorübergehende Unterbringung in Notunterkünften angekündigt. Grundsätzlich ist Ziel LINKER Politik, solche Unterbringungsformen zu vermeiden.

In Brandenburg gibt es aktuell (Stand 31.5.2015) 73 Gemeinschaftsunterkünfte, darunter 20 Wohnverbünde, in denen ca. 7.400 Personen untergebracht waren. Darüber hinaus sind ca. 2.600Personen in Wohnungen untergebracht. Die Betreiber der Gemeinschaftsunterkünfte sind bei 22 Einrichtungen Privatunternehmen (29,3 %), bei 30 die Kommunen, und bei 23 gemeinnützige Vereine, Sozialträger und Wohlfahrtverbände. Alle Landkreise und kreisfreien Städte sind derzeit dabei, die Platzzahlen für die Flüchtlingsunterbringung zu erhöhen. Es entstehen aktuell 26 neue Unterkünfte mit ca. 1700 Plätzen. Außerdem entstehen aktuell weitere ca. 800 Plätze in den Kommunen durch den Ausbau bestehender Einrichtungen.

Die Betreiber von Flüchtlingsunterkünften sind verpflichtet, mit der zuständigen Polizeidienststelle ein Sicherheitskonzept zu erstellen.

Ein selbstbestimmtes Leben und eine erfolgreiche Integration sind bei der Unterbringung in Wohnungen am besten zu erreichen. Vor allem eine über mehrere Jahre dauernde Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften stellt eine enorme psychische Belastung für die asylsuchenden Menschen dar und ist integrationshemmend. Mit besonderer Sorge betrachten wir derzeit die Tendenz zur Einrichtung sehr großer Gemeinschaftsunterkünfte, teils mit bis zu 400 oder gar 600 Plätzen, außerhalb von Wohngebieten in einzelnen Kommunen. Gerade hier sind die Mobilität und der Zugang zu Bildung und Teilhabe und damit eine schnelle Integration kaum möglich.

Gleichzeitig wissen wir, dass aktuell aufgrund wachsender Flüchtlingszahlen ein enormer Aufnahmedruck auf die Kommunen herrscht. Erfreulich ist, dass die Anzahl derer, die in Wohnungen untergebracht sind, kontinuierlich gesteigert werden konnte. Im ganzen Land wird es auch in der kommenden Zeit nötig sein, weitere Wohnungen für Flüchtlinge bereitzustellen.

Bei der Landesregierung ist eine Koordinierungsstelle für Flüchtlingsbelange eingerichtet worden. Diese ist angesiedelt beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Sie fungiert als Anlaufstelle für die Kommunen und soll die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen vereinfachen.

Den Kommunen wird vom Land pro geschaffenen Platz in einer Gemeinschaftsunterkunft eine Investitionspauschale in Höhe von 2.300,81 Euro gezahlt. Es ist davon auszugehen, dass die Investitionspauschale bei der Neuerrichtung von Flüchtlingsunterkünften nicht ausreicht, um alle bei den Kommunen entstehenden Kosten zu decken. Im Jahr 2014 wurde zusätzlich einmalig ein Landesprogramm in Höhe von 5 Millionen Euro aufgelegt, das die Schaffung zusätzlicher Plätze in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen sowie den barrierefreien Umbau gefördert hat. Einige Kommunen versuchen aktuell über Miet- oder Öffentlich-Private-Partnerschaftsmodelle vordergründig haushaltsschonend Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen. Bei solchen Modellen ist unbedingt zu prüfen, ob die Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu einem Neubau durch den Landkreis oder die kreisfreie Stadt auch über einen längeren Zeitraum gegeben ist!

Rechtliche Grundlage für die Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen ist das Landesaufnahmegesetz. Die Landesregierung hat eine Novellierung dieses Gesetzes noch in diesem Jahr vorgesehen. Mit der Novellierung soll der Betreuungsschlüssel bei der Migrationssozialberatung von aktuell 1:120 in zwei Schritten auf 1:60 abgesenkt werden. Außerdem sollen Koordinierungsstellen in den Landkreisen und kreisfreien Städten eingerichtet werden. Weiterhin sollen künftig die Investitionspauschale auch für Wohnungen gezahlt und die Gesundheitskosten vollständig durch das Land übernommen werden.

Die Erstattungsverordnung regelt die Übernahme der den Kommunen für diese Aufgabe entstehenden Kosten durch das Land. Zuständig für die Erstattung ist das Landesamt für Soziales und Versorgung. Für Unterbringung, Betreuung und Erbringung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wird den Kreisen und kreisfreien Städten pro Person eine Jahrespauschale von 9.128 Euro gezahlt. Diese Erstattung endet bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und ist auf längstens vier Jahre begrenzt. Sie erfolgt jährlich, wobei auf Antrag vierteljährlich Abschlagszahlungen gewährt werden. Von dieser Möglichkeit wird bereits seit Jahren von allen Kommunen Gebrauch gemacht. Zusätzlich werden pro Gemeinschaftsunterkunft pauschal Bewachungskosten in Höhe von 6.900 Euro monatlich erstattet.

Bundesweit gibt es verschiedene Formen der Kostenerstattung, einige Länder zahlen die konkret nachgewiesenen Kosten, die restlichen arbeiten mit Pauschalen. Die gewährte Pauschale in Brandenburg ist im Bundesvergleich die höchste, wird allerdings nur für vier Jahre gezahlt. Derzeit fehlen Daten darüber, inwiefern diese Erstattung kostendeckend ist. Auch zur Höhe der Aufwendungen in unterschiedlichen Unterbringungsformen gibt es keine ausreichende Datenbasis, da ein Großteil der Landkreise nicht bereit ist, die tatsächlich entstehenden Kosten für Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen gegenüber dem Land offen zu legen. Für das Bundesland Thüringen liegen dazu detaillierte Zahlen vor. Man kann dort beobachten, dass zwar die Unterbringungskosten in Gemeinschaftsunterkünften zwischen den einzelnen Einrichtungen stark schwanken, allerdings ist fast flächendeckend festzustellen, dass die Unterbringung in Wohnungen kostengünstiger ist als in Gemeinschaftsunterkünften. Auch aus diesem Grund sollten weitere Anstrengungen zur Flüchtlingsunterbringung in Wohnungen unternommen werden.

Das Ministerium der Finanzen hat den Kommunen angeboten, geeignete Landesimmobilien für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Zudem hat die Investitionsbank des Landes ein Kreditprogramm aufgelegt, über das Kommunen zu attraktiven Konditionen die Finanzierung der Investition in Flüchtlingsunterkünfte sichern können.

Für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Flüchtlinge wurden durch das Land Mindeststandards festgelegt. Geregelt sind u.a. die Wohnfläche pro Person, welche Einrichtungsgegenstände vorhanden sein und welche Beschaffenheit die Sanitär- und Kücheneinrichtungen haben müssen. Auch die Anforderungen an die soziale Beratung und Betreuung sind darin festgeschrieben. Die Einhaltung dieser Mindestbedingungen ist Voraussetzung für die Kostenerstattung entsprechend der Erstattungsverordnung. Sie wird durch das Landesamt für Versorgung und Soziales geprüft und kann angemessen gekürzt werden, wenn Verstöße festgestellt wurden.

Das Landesamt kann Ausnahmen genehmigen. Davon machen aktuell einige Kommunen Gebrauch und reduzieren die pro Person zur Verfügung stehende Mindestquadratmeterzahl von 6 auf 5 Quadratmeter pro Person, um mehr Flüchtlinge unterzubringen. Diese ursprünglich auf drei Monate beschränkte Regelung kann im begründeten Fall auf maximal zwölf Monate verlängert werden.

Durch das Land werden aktuell fünf überregionale Flüchtlingsberatungsstellen mit insgesamt 7,5 Stellen gefördert. Eine weitere Aufstockung des Personals ist geplant.

 

Weitergehende Informationen:

Rechtliche Grundlage für die Unterbringung und Versorgung der geflüchteten Menschen ist das Landesaufnahmegesetz. http://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212636

Die Erstattungsverordnung regelt die Übernahme der den Kommunen für diese Aufgabe entstehenden Kosten durch das Land: http://bravors.brandenburg.de/de/verordnungen-212776

Für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung der Flüchtlinge wurden Mindeststandards festgelegt: http://bravors.brandenburg.de/de/verwaltungsvorschriften-221144  

Die Investitionsbank des Landes hat ein Kreditprogramm aufgelegt, über das Kommunen zu attraktiven Konditionen die Finanzierung der Investition in Flüchtlingsunterkünfte sichern können. http://www.mdf.brandenburg.de/media_fast/4055/Faltblatt_ILB_Brandenburg-Kredit_Fuer%20Kommunen-Fluechtlingseinrichtungen.pdf

In Brandenburg existieren mehrere überregionale Flüchtlingsberatungsstellen. Eine Übersicht findet sich hier: http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.189341.de

 

Gesundheitliche Versorgung

Nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung sind die Kommunen für die gesundheitliche Versorgung der Asylsuchenden zuständig. Grundsätzlich haben alle Asylbewerber das Recht der freien Arztwahl und können sich bei jedem niedergelassenen Arzt in Behandlung begeben. Laut Asylbewerberleistungsgesetz haben Asylsuchende jedoch keinen Anspruch auf gesundheitliche Regelversorgung sondern nur auf Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen. Asylsuchende sind nicht gesetzlich krankenversichert.

In der Regel muss durch das zuständige Sozialamt vor Aufsuchen des Arztes die Kostenübernahme bestätigt werden. Um die Kommunen hier von Verwaltungsaufwand zu entlasten und gleichzeitig die Entscheidung über die Behandlungsnotwendigkeit auf Ärzte zu übertragen, strebt das Land zeitnah die Einführung einer Gesundheitskarte an. Die Einführung einer solchen Gesundheitskarte bedeutet nicht, dass die Asylsuchenden Anspruch auf die Regelleistungen erhalten. Als LINKE fordern wir seit Jahren die Abschaffung der diskriminierenden Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Flüchtlinge müssen Zugang zu den Regelsystemen erhalten.

Viele Flüchtlinge haben aufgrund ihrer Erfahrungen mit Krieg, Vertreibung und Flucht mit psychischen Belastungen und Traumatisierungen zu kämpfen. Sie werden in den Psychiatrischen Institutsambulanzen ambulant versorgt. Hier wird beim Erstkontakt die weitere Versorgung, wenn notwendig auch eine stationäre Aufnahme oder die Verlegung in eine andere Fachklinik geklärt.

 

Sach- und Geldleistungen

Während des Aufenthalts in der Erstaufnahmeeinrichtung werden vorrangig Sachleistungen wie Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, ärztliche Versorgung sowie ein Taschengeld gewährt. Bei der Unterbringung in den Kommunen sind vorrangig Geldleistungen zu gewähren. Das bislang geltende Sachleistungsprinzip wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23.12.2014 aufgehoben.

Seit dem 1. März 2015 erhalten LeistungsempfängerInnen nach Asylbewerberleistungsgsetz zum einen eine Grundleistung zur Sicherung des physischen Existenzminimums, zum anderen ein sogenanntes „Taschengeld“ zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Beide Leistungen sind nach Regelbedarfsstufen (RS) gestaffelt: RS 1 für Alleinstehende oder alleinerziehende Erwachsene, RS 2 für Ehe- bzw. Lebenspartner, RS 3 für haushaltsangehörige Erwachsene, RS 4 für Jugendliche von 15 bis 18, RS 5 für Kinder von 7 bis 14 und RS 6 für Kinder unter 7. In Zahlen bedeutet das:

Tabelle Regelsätze


Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Eine besondere Herausforderung für das Land und die Kommunen stellen die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge dar. Das sind Kinder und Jugendliche, die ohne die Begleitung erwachsener Familienangehöriger nach Deutschland eingereist sind. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in erster Linie Kinder und Jugendliche, die Krieg und Vertreibung, Hunger, Elend und Ausgrenzung erlebt und die eine oft lebensgefährliche Flucht überlebt haben. Sie brauchen unseren besonderen Schutz, gerade weil sie den Schutz ihrer Eltern nicht oder nicht mehr haben.

Im Jahr 2014 kamen 4399 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland, 1008 waren unter 16 Jahre. Ihre Hauptherkunftsländer waren Afghanistan, Eritrea und Syrien, fast 60% der eingereisten Minderjährigen stammen aus diesen Ländern.

Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert und im Jahr 2010 auch die Vorbehalte gegen die aufenthaltsrechtlichen Regelungen zurück genommen. Damit müsste die faktische Gleichbehandlung von deutschen und Flüchtlingskindern bedeuten, ist aber noch nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt.

Für unbegleitete Minderjährige gilt das Jugendhilferecht. Die fachliche Zuständigkeit auf Landesebene liegt beim Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Das Jugendamt der Kommune, in der die Kinder und Jugendlichen zum ersten Mal angetroffen werden, ist zur Inobhutnahme verpflichtet. In der Folge wird ein Clearingverfahren durchgeführt, in dem die Situation des Kindes bzw. Jugendlichen geklärt wird. Hier wird versucht die Identität und das Alter zu klären, wenn diese nicht bekannt sind, es wird geprüft, ob es Verwandte gibt und eine Familienzusammenführung möglich ist, es wird die Vormundschaft bestimmt und festgestellt, welcher Hilfebedarf für das Kind bzw. den Jugendlichen besteht. Die Kosten für Inobhutnahme, Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe und Hilfe für junge Volljährige sind erstattungsfähig. Sie werden im Rahmen eines bundesweiten Kostenausgleichverfahrens von den Bundesländern getragen.

Idealerweise wird das Clearingverfahren in einer spezialisierten Facheinrichtung durchgeführt. In Brandenburg existiert seit 1993 in Fürstenwalde die Jugendeinrichtung ALREJU (ALleinREisende JUgendliche). Sie ist aktuell die einzige auf diese Zielgruppe spezialisierte Einrichtung in Brandenburg. Nach dem Clearingverfahren erfolgt die Unterbringung der Kinder und Jugendlichen in der Regel in allgemeinen Einrichtungen der Jugendhilfe. Bis Anfang 2015 wurden die Kinder und Jugendlichen auch in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Dies hat sich nicht bewährt.

Bisher waren die Zugangszahlen für unbegleitete Minderjährige in Brandenburg recht gering: 2010 wurden 54, 2011 43, 2012 32, 2013 114 und 2014 181 Kinder und Jugendliche aufgenommen. Mit Stand 31.5.2015 befanden sich in Brandenburg 110 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in jugendhilferechtlicher Betreuung: 51 in vorläufigen Maßnahmen und dem Clearingverfahren, 47 in Hilfen zur Erziehung bzw. Anschlussmaßnahmen und 12 in Maßnahmen für junge Volljährige.

Aktuell werden die bundesgesetzlichen Regelungen zur Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge überarbeitet. Das Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Grundlagen steht noch nicht fest, wird jedoch voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 liegen.

Vor allem die Zuständigkeit der Jugendämter, wo die Kinder und Jugendlichen zum ersten Mal angetroffen werden, steht dabei zur Debatte. Es ist wahrscheinlich, dass auch hier eine Quotenregelung zur Verteilung auf die einzelnen Bundesländer ähnlich der Verteilung von Asylsuchenden eingeführt wird, um stark belastete Kommunen (Großstädte und Kommunen in Süddeutschland) zu entlasten. Dies hat zur Folge, dass Brandenburg, das bisher für vergleichsweise wenige unbegleitete Minderjährige zuständig war, sich künftig um deutlich mehr Kinder und Jugendliche kümmern muss und deshalb schnell eine tragfähige Struktur zur fachlichen Begleitung, Unterbringung und Versorgung aufbauen muss.

Angestrebt wird dabei die Festlegung von Schwerpunktjugendämtern, die durch fachliche Unterstützung und die notwendige Personalausstattung in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe zu übernehmen. Aktuell sind die Landkreise und kreisfreien Städte aufgefordert, ihr Interesse diesbezüglich zu bekunden. Wenn die bundesgesetzliche Regelung erlassen ist, soll sehr zeitnah ein Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung im Land folgen. Außerdem werden einheitliche landesweite Standards für das Clearingverfahren erarbeitet.

 

Finanzielle Auswirkungen für das Land Brandenburg

Grundsätzlich ist der Bund für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Er zahlt demnach alle Kosten rund um das Asylverfahren sowie die Kosten für Integrationskurse für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte. Die Länder tragen die Verantwortung für Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden in der Erstaufnahme. Die Kommunen sind für die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden nach der Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Hierfür erstattet das Land die Kosten gemäß der Erstattungsverordnung.

Aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen erhöhen sich aktuell die Aufwendungen für Asylsuchende in allen Ländern stark. Im Land Brandenburg beliefen sich die Gesamtkosten im Asylbereich (Investitionen, Kapazitätserweiterung und Betrieb der Erstaufnahme sowie die Kostenerstattungen gemäß Landesaufnahmegesetz) im Jahr 2013 auf 43,6 Millionen Euro. 2014 stiegen diese auf 75,1 Millionen Euro. Bis zur neuen Prognose des BAMF war für das Jahr 2015 mit Gesamtausgaben in Höhe von ca. 190 Millionen Euro und für 2016 von 260 Millionen Euro zu rechnen. Mit der neuen Prognose ist davon auszugehen, dass die Gesamtausgaben für das Land sich noch einmal deutlich erhöhen. Zusätzliche Aufwendungen entstehen durch Integrationsmaßnahmen und den Schul- und Kitabesuch; diese sind nicht exakt zu beziffern.

Das Land Brandenburg unternimmt enorme finanzielle Anstrengungen, um die Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden sicher zu stellen. Im vergangenen Jahr sagte der Bund zu, 1 Milliarde Euro für die Unterstützung der Länder und Kommunen bei dieser Aufgabe im Jahr 2015 zur Verfügung zu stellen. Die Hälfte davon ist jedoch durch die Länder an den Bund zurück zu zahlen. Für Brandenburg bedeutet dies, dass das Land im Jahr 2015 insgesamt 30 Millionen Euro erhält, wovon jedoch 15 Millionen Euro verzinst(!) zurückzuzahlen sind. Brandenburg stellt davon 22,5 Millionen Euro über das Finanzausgleichsgesetz den Kommunen zur Verfügung. 7,5 Millionen Euro werden für die Erweiterung der Kapazität der Erstaufnahme verwendet.

Angesichts der o.g. Kostenentwicklung ersetzen die Mittel des Bundes nur einen geringen Teil der dem Land und den Kommunen entstehenden Aufwendungen. Deshalb bleibt unsere Hauptforderung, dass der Bund sich endlich strukturell, angemessen und dauerhaft an den Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration von Asylsuchenden beteiligen muss.

 

Integration

Die Integration der zu uns Geflüchteten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Mehr als die Hälfte der in Brandenburg aufgenommenen Flüchtlinge wird voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben. Der Landtag hat ein Integrationskonzept des Landes Brandenburg beschlossen, in dem Handlungsempfehlungen und Vorhaben festgeschrieben sind.

Das Integrationskonzept des Landes: http://www.masgf.brandenburg.de/media_fast/4055/MASF_1Landesintegrationskonzept2014.pdf

 

Spracherwerb

Für die Personen, deren Asylverfahren mit einer Anerkennung als Asylsuchender, Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigtem abgeschlossen ist, besteht ein Anspruch auf einen Integrationskurs des BAMF. Neben den Allgemeinen Integrationskursen gibt Kurse für verschiedene Zielgruppen, bspw. für Integrationskurse mit Alphabetisierung, Förder- und Intensiv- sowie Frauen-, Familien und Jugendintegrationskurse. Für die Dauer des Asylverfahrens bzw. daran anschließende Zeiten der Duldung besteht jedoch bisher kein Anspruch auf dieses Sprachförderprogramm. Damit vergehen für die Betroffenen teilweise mehrere Jahre in denen sie keine qualifizierte Sprachförderung erhalten. Um auch diesen Personen einen Zugang zu einem Sprachkurs zu ermöglichen, fördert das Land mit einem Programm Deutschkurse für Flüchtlinge. Ziel ist, auch diejenigen beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen und ihre Integration von Beginn an zu fördern, die bisher nicht an den vom Bund finanzierten Integrationskursen teilnehmen können. Damit ist Brandenburg eines der ersten Bundesländer, das Asylsuchenden und Geduldeten die Teilnahme an qualifiziertem Deutschunterricht ermöglicht. Dieses Programm wird flächendeckend im gesamten Land Brandenburg durchgeführt. Es wird aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert und ist mit Ende der Förderperiode im Mai 2015 ausgelaufen. Ab August 2015 stehen im Rahmen der neuen Förderperiode wieder Gelder zur Verfügung, so dass das Programm fortgesetzt wird. Zur regionalen Organisation wurden vier Koordinierungsstellen eingerichtet, die Interessierte unter anderem zu Eignungstests oder Sprachkursen beraten.

Einige Landkreise bieten den Flüchtlingen darüber hinaus gehend Kurse an Volkshochschulen an. Außerdem gibt es in zahlreichen Orten durch Initiativen und engagierte Mitmenschen ehrenamtlich organisierte Sprachkurse. Insgesamt sind weitere Anstrengungen notwendig, um allen Geflüchteten möglichst früh Kurse zum Spracherwerb anbieten zu können.

 

Bildung

In der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt wird ein speziell entwickelter Unterricht für Flüchtlingskinder angeboten, den es auch an künftigen Außenstellen geben wird. Dadurch erhalten die Kinder schon vor dem Schulbeginn in den Kommunen erste Sprach- und Kulturkenntnisse. Mit Beginn des Aufenthalts in den Kommunen unterliegen die Kinder der Schulpflicht. Die Landeskoordinatorin für Migrationsfragen beim Landesschulamt informiert die Schulen möglichst frühzeitig über ankommende Kinder und Jugendliche, damit sie sich vorbereiten können.

Die Kinder und Jugendlichen erhalten an den Schulen zusätzliche Sprachförderung, z. B. in Vorbereitungsgruppen und Förderkursen („Willkommensklassen“). Aufgrund der oft sehr unterschiedlichen Vorkenntnisse kann es in dünn besiedelten Regionen mit kleineren Orten bei der Organisation der Kurse Schwierigkeiten geben, Deutsch als Zweitsprache in verschiedenen Förderstufen zu unterrichten. Der Sprachunterricht erfolgt nach Möglichkeit durch speziell ausgebildete Lehrkräfte. Dazu gibt es seit August 2014 für zunächst 53 Lehrkräfte Fortbildungsreihen; weitere 59 folgen bis zum Frühjahr 2016.

Auch ein Anspruch auf Kinderbetreuung besteht. Die Kommunen sind angehalten, den zusätzlichen Bedarf in der Kitabedarfsplanung zu berücksichtigen.

Es gibt weitere gute Möglichkeiten, auf kommunaler Ebene die Integration von Kindern und Jugendlichen wirksam zu unterstützen. Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes können helfen, um z.B. in Kita oder Schule ergänzende Angebote bereitzustellen.

Wichtige Kooperationspartner der Schulen sind die sechs Regionalstellen der RAA (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie). Für sie ist die Integration von Asyl- und Flüchtlingskindern ein zentraler Arbeitsschwerpunkt.

Kinder und Jugendliche unterliegen nach Verlassen der Erstaufnahme der Schulpflicht. Die Eingliederung fremdsprachiger SchülerInnen in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen ist in der Eingliederungsverordnung geregelt. http://bravors.brandenburg.de/de/verordnungen-215198

 

Berufliche Integration

Dank der Liberalisierung des Arbeitsmarktzugangs für Asylsuchende im November 2014 besteht nur noch in den ersten drei Monaten des Aufenthalts in Deutschland ein generelles Arbeitsverbot. Flüchtlinge im Asylverfahren oder mit Duldung können mit Zustimmung der Ausländerbehörde eine Beschäftigung aufnehmen. Es besteht allerdings ein sogenannter nachrangiger Arbeitsmarktzugang. Das heißt es wird geprüft, ob ein bevorrechtigter Arbeitnehmer (bspw. ein Deutscher oder EU-Bürger) für diese Stelle in Frage kommt. Eine Ausnahme bildet eine Berufsausbildung, bei der keine Vorrangprüfung erfolgt. Ab einem Aufenthalt von 15 Monaten bzw. mit Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis wird eine vollständige Beschäftigungserlaubnis erteilt.

Auf diese Änderung beim Arbeitsmarktzugang war die Bundesagentur für Arbeit nicht ausreichend vorbereitet. Die Bundesregierung muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ihrer Verantwortung für die berufliche Integration gerecht werden kann. Vor allem im Bereich der Grundsicherung brauchen die Jobcenter mehr Mittel für die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen und Asylsuchenden und für eine ausreichende Personalausstattung. Die Änderung der Beschäftigungsverordnung, nach der Asylbewerbern und geduldeten Flüchtlingen die Arbeitserlaubnis für berufs- und ausbildungsorientierte Praktika leichter erteilt werden kann, ist ein erster Schritt. Nach wie vor muss aber die Arbeitserlaubnis der regionalen Ausländerbehörde vor dem Praktikumsbeginn eingeholt werden. Weitere Schritte müssen folgen, damit Flüchtlinge ohne Einschränkung von Anfang an ihren Lebensunterhalt verdienen können.

Das Landesnetzwerk „Integration durch Qualifizierung” (IQ Netzwerk) ist angesiedelt bei der Integrationsbeauftragten des Landes. Es möchte mit seiner Arbeit die berufliche Integration von Migrantinnen und Migranten in Brandenburg verbessern und arbeitet mit den relevanten Akteuren vor Ort zusammen. Zu den Hauptaufgaben gehören dabei die Begleitung des Anerkennungsprozesses für Menschen mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, die Schulung, Qualifizierung und Beratung der Fachkräfte in verschiedenen Institutionen, um einen besseren Zugang zu Arbeitsmarktinstrumenten für Migrantinnen und Migranten zu sichern, die Verzahnung der Unterstützungsleistungen und -angebote und der Ausbau der erforderlichen Kooperationsstrukturen.

Zusätzlich hat die rot-rote Landesregierung für die Jahre 2015 und 2016 finanzielle Mittel für die Kompetenzfeststellung und Eingliederung junger Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt bereit gestellt. Die Erarbeitung und Umsetzung dieses Programms erfolgt in Verantwortung des Sozialministeriums.
Die Integration in den Arbeitsmarkt wird durch das IQ-Netzwerk (Integration durch Qualifizierung) gefördert. Weitere Informationen dazu gibt es hier http://www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.278385.de Außerdem ist die Anerkennung von bereits erworbenen Berufsabschlüssen wichtig. Alle wichtigen Informationen dazu gibt es hier http://www.masgf.brandenburg.de/sixcms/detail.php/bb1.c.185581.de

 

Sport

Für die Integration von MigrantInnen ist das Kennenlernen und die gemeinsame Aktivität mit Einheimischen besonders wichtig. Zahlreiche Vereine und Verbände vor Ort halten spezielle Angebote für geflüchtete Menschen bereit. Vor allem Sportvereine sind hier Vorreiter. Der Landessportbund hat eine pauschale Haftpflicht- und Unfallversicherung abgeschlossen, durch die Flüchtlinge, die in Sportvereinen mittrainieren, versichert sind. Damit ist ein niedrigschwelliger Zugang zu den Vereinen gewährleistet. Um am Spielbetrieb teilnehmen zu können, müssen sie allerdings Mitglied im Verein werden und sind dann über die allgemeine Sportversicherung versichert.

Landessportbund http://lsb-brandenburg.de

 

Ehrenamt

Die Integration der zu uns geflüchteten Menschen ist nur durch eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung zu schaffen. Eine ganz besondere Bedeutung kommt dem ehrenamtlichen Engagement zu. Im ganzen Land haben sich Menschen zu Initiativen zusammengefunden, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Flüchtlingen ein gutes Willkommen zu bereiten, ihnen das Ankommen, Kennenlernen und Bleiben zu erleichtern, ihnen praktische Hilfe im Alltag zu geben und den Spracherwerb zu unterstützen.

Die rot-rote Landesregierung unterstützt diese wichtige ehrenamtliche Arbeit. . Erstmals wurde ein Programm aufgelegt, aus dem lokale Projekte unbürokratisch finanziell unterstützt werden können. Bei der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg können die Zuwendungen beantragt werden. Gefördert werden Projekte und Einzelmaßnahmen freier gemeinnütziger Träger, kommunaler Träger und juristischer Personen des privaten Rechts, um ehrenamtliche, lokal wirksame Willkommensinitiativen zu unterstützen.

Für das Jahr 2015 stehen 80.000 Euro zur Verfügung. Für konkrete Projekte könnten maximal 1.000 Euro pro Initiative und Jahr beantragt werden.

Durch die Landesintegrationsbeauftragte, den Landespräventionsrat und die Landeszentrale für politische Bildung wurde zudem ein Schulungsprogramm für ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit Engagierte aufgelegt. Dieses wird vom Fachberatungsdienst für Zuwanderung und Integration (FaZIT) in Kooperation mit der RAA und der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen durchgeführt. Die Schulungen finden auf Wunsch von Initiativen ortsnah statt und sind für die Teilnehmenden kostenlos. Sie bestehen aus einem mindestens sechsstündigen Überblicksmodul, wo grundlegende Fragen zu Flucht und deren Ursachen, zum Asylverfahren und zur Arbeit mit Flüchtlingen behandelt werden und einem Aufbaumodul, das am konkreten Bedarf der Teilnehmenden entwickelt und angeboten wird.

Das Land Brandenburg hat eine Unfall- und Haftpflichtversicherung für alle ehrenamtlich Tätigen abgeschlossen. Versichert sind damit all jene, die in Initiativen, Vereinen und Verbänden ehrenamtlich tätig sind und für die ansonsten kein Versicherungsschutz besteht. Der gebotene Schutz besteht subsidiär, das heißt die Versicherung kommt nur zum Tragen, wenn kein anderweitiger Versicherungsschutz besteht.

Als Anerkennung für ehrenamtlich Tätige gibt es in Brandenburg den FreiwilligenPass und die Ehrenamtskarte. Diese werden ehrenamtlich Tätigen durch die Staatskanzlei übergeben. Der Freiwilligenpass soll das berufliche Fortkommen erleichtern, durch ihn werden neben dem Nachweis über ehrenamtliches Engagement, die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungen und Schulungen nachgewiesen. Durch die Ehrenamtskarte erhalten Engagierte bei Partner besondere Vergünstigungen.

Alle wichtigen Informationen zur ehrenamtlichen Arbeit im Allgemeinen und zur ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit im Besonderen sind im Ehrenamtsportal des Landes zusammengefasst http://ehrenamt-in-brandenburg.de/

 

Aktiv für Toleranz und Weltoffenheit

Rechte Parteien und Gruppierungen versuchen, bestehende Ängste und Ressentiments in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen für ihre Zwecke zu nutzen. Seitens der sogenannten Freien Kräfte aber auch der Parteien NPD und Die Rechte sowie der Gruppierung III. Weg sind zunehmend Aktivitäten, Kundgebungen und Demonstrationen gegen Asyl im Allgemeinen und Unterkünfte für Flüchtlinge im Besonderen zu beobachten. Überall im Land finden sich Bündnisse aus Parteien, Verbänden und zivilgesellschaftlichen AkteurInnen zusammen, um gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus Gesicht zu zeigen. Als LINKE unterstützen wir diesen Kampf Toleranz, Weltoffenheit und Solidarität!

Zur Stärkung zivilgesellschaftliche Strukturen und der demokratischen Kultur in Brandenburg wurde bereits 1998 das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg beschlossen und ist seitdem Leitbild für die Auseinandersetzung mit Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Die Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg verfügt über finanzielle Mittel, mit denen Maßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus und zur Stärkung der demokratischen Kultur unterstützt werden.

Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg http://www.tolerantes.brandenburg.de/sixcms/detail.php/lbm1.c.193757.de

Es existiert in Brandenburg ein Beratungsnetzwerk, das mit der unterschiedlichen Fachspezifik der Träger in der Gesamtheit eine bewährte Handlungsstrategie in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen bildet.

Zum Beratungsnetzwerk gehören unter anderem:
aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/
RAA – Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie http://www.raa-brandenburg.de/
Opferperspektive e.V.
http://www.opferperspektive.de/
demos – Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung http://www.gemeinwesenberatung-demos.de/

 

 

Diese Handreichung ist für den einfachen Ausdruck auch als PDF verfügbar.