Kreisparteitag in der Uckermark mit Schwerpunkt Flüchtlingspolitik

Kreisparteitag in der Uckermark mit Schwerpunkt Flüchtlingspolitik

Gestern war ich zum Kreisparteitag in der Uckermark eingeladen. Nach erschwerten Anreisebedingungen (wegen der Straßenverhältnisse dauerte die Anfahrt statt 1 1/2 fast 3 Stunden) kam ich zwar um einiges später als gedacht, die GenossInnen hatten aber flugs die Tagesordnung umgestellt, so dass dies kein Problem war.

Nach dem Bericht des Kreisvorstands kamen in der Diskussion einge aktuelle Fragen, bspw. die Problematik der Kita-Gebühren zur Sprache.

In der Folge hatte ich die Chance, den GenossInnen umfangreichen Einblick in aktuelle Entwicklungen der Flüchtlingspolitik zu geben. Neben den Ursachen, die dazu führen, dass Millionen Menschen ihr Heim verlassen müssen, habe ich aktuelle Debatten in der Bundespolitik (Asylrechtsverschärfungen, Obergrenzen…), die Debatte um sexualisierte Gewalt nach der Silvesternacht und unsere landespolitischen Vorhaben zur Sprache gebracht. Da ich frei geredet habe, kann ich die Rede hier nicht dokumentieren. Unten ist aber ein Teil meines Skripts dokumentiert.

In der folgenden Debatte ging es vor allem um aktuelle Probleme vor Ort, bspw. die Unterstützung des Ehrenamts, Erstattungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen oder auch die Beschulung.

Danach wählte der Kreisverband einen neuen Kreisvorstand. Wohl einmalig in Brandenburg: Dem Kreisvorstand gehören 6 Frauen und ein Mann an. Herzlichen Glückwunsch an die Gewählten und der neuen Kreisvorsitzenden Heidi Hartig, ihrer Stelvertreterin Anne-Frieda Reinke und dem gesamten Kreisvorstand viel Erfolg bei der Arbeit!

 

Dokumentation meines Skripts:

  • Will etwas sagen zu
    • Ursachen, warum Menschen zu uns flüchten
    • Aktuelle Situation auf Bundesebene
    • Aktuelle Situation im Land
    • Vorhaben der LINKEN auf Landesebene
    • Gesellschaftliche Situation und Aufgaben der LINKEN

 

Fluchtursachen:

  • 60 Millionen
  • Wir reden über Menschen!
  • hat sehr viel mit uns zu tun:
    • europäische und deutsche Außenpolitik, die wirtschaftliche und geopolitische Interessen über das Interesse des Friedens stellt.
    • Kriege überall in der Welt unterstützt
    • unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung weite Teile dieser Welt destabilisiert hat
    • Waffenexporte – jede Waffe findet ihren Krieg (Bspw. IS – Pro Asyl-Bildrecherche)
    • Ausbeutung durch multinationale Konzerne
    • Konsumdrang wirtschaftliche Kreisläufe in den armen Ländern zerstört
    • Landgrabbing die Nahrungsmittelproduktion zum Erliegen bringt
    • Klimawandel
  • Einziger Weg Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren ist Fluchtursachen zu bekämpfen
    • Waffenexporte verbieten
    • fürchterlichen Bürgerkrieg in Syrien beenden. Und das wird nicht mit Bomben gelingen
    • Ausbrechen aus der Kriegslogik
    • Ausbeutung weiter Teile der Welt unterbinden.
    • Entwicklungshilfe, die darauf ausgerichtet ist vor Ort nachhaltige lebensfähige Strukturen aufzubauen.
  • Das ist die einzige Chance, mittel- und langfristig die Zahl der weltweit auf der Flucht befindlichen Menschen zu reduzieren und ihnen dort eine Chance zu geben, wo sie am liebsten leben würden: bei sich zu Hause.
  • fast drei Viertel aller Flüchtlinge kommen aus Krisen- und Kriegsgebieten. Die weit überwiegende Zahl der zu uns geflüchteten Menschen wird dauerhaft bei uns bleiben.
  • aktuelle Herausforderung schneller Schutz, gute Unterbringung und Betreuung und Integration.

 

Aktuelle Situation auf Bundesebene

  • Immer die gleiche Logik: es kommen viele Flüchtlinge, Angst um Wahlergebnisse, Ruf nach Asylrechtsverschärfungen, Länder werden für Verschärfungen eingekauft mit Geld, Verschärfungen bringen nicht gewünschten Erfolg, also geht die Spirale von vorn los
  • aktuell erleben wir die Debatte um Obergrenzen – Menschenrecht kennt keine Obergrenzen und wir sind nicht überfordert – 12 Milliarden Euro Überschuss in 2015 im Bundeshaushalt, jeder der Obergrenzen fordert muss auch beantworten, was passiert, wenn Obergrenze erreicht ist, außerdem widerspricht das internationalem, europäischen und nationalem Recht, populistische Scheindebatte, Obergrenzen für CSU-Forderungen
  • Bin sehr stolz, dass wir als einzige Partei bundesweit (Bundesrat!) dieses Spiel nicht mitspielen und uns diesem Aktionismus entzogen haben -> Bundesrat Thüringen und Brandenburg! -> Alleinstellungsmerkmal
  • Und ja, das kostet auch Wählerstimmen, aber die Alternative ist Identitätsverlust und damit langfristig Niedergang -> zu mehr als 70% wollen unsere Wähler den Kurs einer humanistischen Flüchtlingspolitik und deshalb ist es falsch, jetzt vermeintlichen Stimmungen in der Bevölkerung nachzujagen. Das würde langfristig viel mehr kosten.
  • Wähler wählen das Original. Merkt auch CSU gerade
  • Merkel – Respekt für Kurs, auch wenn sie lange nicht das vertritt, was wir wollen, ist sie aktuell doch diejenige, die am konsequentesten Menschenrecht auf Asyl verteidigt -> stellt euch mal vor, Steinbrück hätte die Wahl gewonnen
  • Haben uns verweigert:
    • Sichere Herkunftsstaaten (Balkan!)
    • Arbeits- und Beschäftigungsverbote
    • Längerer Aufenthalt Erstaufnahme
    • Schnellverfahren
  • Es bleibt dabei, Asyl ist Menschenrecht! Und das werden wir verteidigen und uns jeder Aushöhlung entgegen stellen.
  • Und dabei wissen wir, dass es auch Probleme gibt.
    • Köln – keine Frage, Straftaten müssen unterbunden und wenn sie denn nicht verhindert werden konnten, sauber ermittelt und dann auch rechtsstaatlichen Verfahren zugeführt werden.
    • Kein Sonderstrafrecht für Geflüchtete! -> Abschiebung in Krieg und Tod
    • Exkurs: Sexuelle Gewalt findet permanent statt. Das Problem ist nach wie vor patriarchale Herrschaft. Insofern sollten wir – ohne zu verharmlosen – uns immer klar machen, dass sexuelle Diskriminierung und Gewalt kein Phänomen von Asylsuchenden ist, sondern ein Ausdruck von patriarchal geprägten Rollenbildern und von Machtverhältnissen.
    • Sexuelle Gewalt muss verhindert werden, egal wer sie ausübt!
    • Debatte dadurch aber schwieriger geworden und spielt natürlich AfD, Pegida und Co in die Hände
      • Landtag: Königer: „Frauen gehören nicht zwangsläufig an den Herd.“ Und „Gender mainstreaming ist linker Luxusmüll“ – aber für die Rechte der Frau demonstrieren
      • Das zeigt, es gibt natürlich Probleme bei der Integration und wir sind gute beraten hier nichts zu beschönigen. Aber wir dürfen auch nicht in die Muster verfallen, dass wir Menschen in Schubladen stecken. Sexismus und Gewalt ist immer Mist, egal ob in der Familie, auf dem Oktoberfest oder in Köln passiert. Und wir tun gut daran, unsere Werte zu verteidigen, gegen alle, und im Zweifel eben auch gegen die zu uns Geflüchteten.
      • Bemerkung am Rande: Flüchtling sein ist keine Charaktereigenschaft. Es sind Menschen und Menschen sind geprägt durch ihre Erfahrungen. Und da gibt es auch Menschen, deren Handlungen wir nicht gut heißen können und die die Regeln eines demokratischen Gemeinwesens nicht akzeptieren. Das können wir nicht akzeptieren und da müssen wir alle rechtsstaatlichen Mittel ausschöpfen, um ihnen Einhalt zu gebieten. Aber das ist völlig unabhängig von der Herkunft.

Situation Landesebene:

  • 2015
    • Angekommen 47.000 (2014 ca. 7000)
    • Registriert 34.433
    • Verteilung Kommunen: 25.617
    • Anträge BAMF 19.324
    • Bundesweit Anträge BAMF 476.000 -> tw. warten Menschen Monate, bis sie ihren Antrag stellen können
    • Mehr als 30
    • Abschiebungen ca. 780, 1536 freiwillige Ausreisen
    • Kinder an Schulen in Brandenburg 5200
  • Januar 2016
    • Registriert ca. 2700
    • Verteilung ca. 1700
  • Wer kommt?
    • 30% Kinder, ca. 2/3 männliche Personen
    • Aktuell mehr als 2/3 der Ankommenden aus Kriegsgebieten allen voran Syrien, gefolgt von Irak und Afghanistan, gerade noch ca. 6% aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten
    • Gesamtschutzquote knapp 50%, ca. 20% formelle Entscheidungen (Erledigung, Dublin), ca. 2/3 bleiben hier
  • Erstaufnahme
    • Kapazitäten 5.500, Aufstockung auf 10.000 noch in diesem Jahr
    • Eisenhüttenstadt, Außenstellen Ferch, FFO, Doberlug Kirchhain, Potsdam, kommende Woche Wünsdorf 1000 Plätze
    • Freimeldungsverfahren!

 

  • Soviel zur Statistik, wenn ihr dazu mehr wissen wollt, gern.
  • Verweis auf Broschüre
  • Was machen wir landespolitisch aktuell?
    1. trotz der gestiegenen Flüchtlingszahlen Standards
    2. sozialpädagogischer Betreuungsschlüssel 1:80 -> 1:70
    3. zusätzliche Stellen bei den Landkreisen für Migrationssozialarbeit und auch koordinierende Funktionen
    4. Unterbringung in Wohnungen forcieren -> Investitionspauschale
  1. Gesundheitskarte, die sicher stellt, dass Flüchtlinge nicht mehr zur Verwaltung müssen, um sich einen Behandlungsschein zu besorgen sondern direkt zum Arzt gehen können. Das entlastet die Verwaltungen und sorgt dafür, dass Geflüchtete besser medizinisch versorgt werden.
  2. Bereits beschlossen: Gesetz zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge -> riesige Herausforderung -> Änderung des Bundesgesetzes -> statt bisher ca. 100 unbegleiteten Minderjährigen pro Jahr nun ca. 1500 bis 2000 -> bedeutet, dass in allen Landkreisen die Jugendhilfestrukturen ausgebaut werden müssen und auch die Jugendämter müssen sich auf die neue Aufgabe einstellen und dabei werden wir sie unterstützen.
  3. Nachtragshaushalt:
    1. Insgesamt für die gesamte Aufgabe ca. 645 Millionen Euro
    2. Erstattungen Bund ca. 110 Millionen Euro
    3. Aufstockung für:
      1. Landesaufnahmegesetz -> insgesamt nun 414 Millionen Euro
      2. Betreuung umF 75 Millionen Euro
  • 500 zusätzliche Lehrkräfte 28 Millionen Euro
  1. ZABH 68 Millionen Euro
  2. 106 Stellen bei der Polizei
  3. 32 neue Stellen in der Justiz
  • Außerdem 100 Millionen Euro mehr für sozialen Wohnungsbau, nachdem die Förderung des Wohnungsabriss gestoppt ist, ist dies weitere Maßnahme zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum, für alle, nicht nur für Flüchtlinge
  1. Teil der Maßnahmen kommt allen Menschen in Brandenburg zu Gute
  1. Unterstützung Ehrenamt
    1. Programm für Willkommensinitiativen
    2. Bildungsprogramm
  2. Integrationsgesetz
    1. Nächstes großes Vorhaben aller demokratischen Fraktionen im Landtag

 

Nun zu meinem letzten Punkt, der gesellschaftlichen Situation und unseren Aufgaben als LINKE:

  • Flüchtlinge schützen!
  • Zivilgesellschaft unterstützen!
  • Ansprechpartnerin sein
  • Probleme bearbeiten
  • Verbaler Panikmache entgegenwirken
  • Aufklären, Vorurteile bekämpfen
  • AfD, Pegida & Co konsequent entlarven und sich ihnen entgegen stellen
  • Nicht nachlassen im Kampf um soziale Gerechtigkeit – für alle Menschen, für die, die schon lange hier leben und die, die aktuell zu uns kommen