No pasaran! – „Tag der deutschen Zukunft“ verhindert
Auf nach Neuruppin! Hier hatten diverse Nazi-Gruppen ihren sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ angekündigt. Das ist ein seit mehreren Jahren in unterschiedlichen Städten veranstalteter Neonaziaufmarsch, an dem bis zu 700 teils militante und gewaltbereite Nazis teilnehmen. Ca. 600 Nazis aus dem ganzen Bundesgebiet wollten durch die Innenstadt von Neuruppin ziehen und ihre menschenverachtenden Parolen unter die Leute bringen. Dagegen hatte sich im Vorfeld ein breites gesellschaftliches Bündnis gebildet. Bereits am Freitag abend hatte es auf dem Schulplaz einen antirassitischen Filmabend mit Filmen udn Musik gegeben. Dort fand dann heute auch ein Bürgerfest statt. Gleichzeitig hatten antifaschistische Gruppen dazu aufgerufen, den Naziaufmarsch aktiv zu verhindern.
Es gibt genügend Berichte im Web über den Verlauf der Geganaktionen (bspw. hier), dazu will ich hier gar nicht so viel sagen. Mir ist wichtig, meine Einschätzung zum Polizeieinsatz und zum Verhalten der DemonstrantInnen zu schreiben.
Bei den Aktionen, bei denen ich Augenzeugin war, waren sowohl die AntifaschistInnen als auch die Polizei auf Deeskalation bedacht. So gut wie allen Beteiligten war klar, dass das Signal sein muss, dass der Naziaufmarsch friedlich verhindert wurde. Ich kenne den Streit, ob Sitzblockaden legitime Mittel darstellen, solche Aufmärsche zu verhindern und ich persönlich beantworte diese Frage ganz eindeutig mit Ja. Auch Blockaden sind Formen des legitimen politischen Protests und stellen eine politische Meinungsäußerung dar. Nazis nicht die Straße zu überlassen ist ein politisches Ziel, das mit allen friedlichen Mitteln versucht werden kann, zu erreichen.
Es gibt mehrere Presseberichte, in denen es heißt, AntifaschisInnen hätten die Polizei mit Böllern angegriffen. Ich kann das nicht ausschließen, ich war ja nicht überall. Dort wo ich war, fand so etwas jedoch nicht statt. Es flog ein Böller, als die Polizei eine Blockade einkesselte und die Nazis daran vorbei führte – allerdings wurde dieser von den Nazis über die Polizeikette hinweg auf die AntifaschistInnen geworfen. Eine Frau trug davon Verletzungen am Bein davon. Dies war aber der einzige Böller, den ich den ganzen Tag über gesehen habe. Insgesamt fand ich das Agieren der AntifaschistInnen sehr umsichtig und friedlich.
Es gab mehrere Situationen, in denen die GegendemonstrantInnen von der Polizei gestoppt wurden, als sie auf dei Demonstrecke gelangen wollten. Den Wasserwerfer- und Pfeffereinsatz bei einem dieser Versuche fand ich unverhältnismäßig. Auch einige Berichte von AntifaschistInnen über weitere Situationen, in denen die Polizei unverhältnismäßig agiert habe, gibt es und diesen werden wir auch nachgehen. Insgesamt fand ich allerdings, dass das Agieren der Polizei mit Augenmaß und auf Deeskalation gerichtet war.
Insgesamt war es ein gelungener Tag: Ca. 2500 Menschen protestierten beim BürgerInnenfest und den zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Naziaufmarsch, die Blockaden verhinderten, dass die Nazis ihre geplante Demostrecke in die Innenstadt laufen konnten. Sie mussten nach ca. einem Kilometer ihre Demonstration abbrechen und wurden zum Bahnhof zurück geführt, nachdem sie versucht hatten, die friedlichen Sitzblockaden anzugreifen. Und am Ende konnten 600 AntifaschistInnen auf der ursprünglich von den Nazis angemeldeten Demoroute in die Innenstadt ziehen.
Es hat sich gezeigt, dass breite gesellschaftliche Bündnisse, wovon unterschiedlichen Gruppen auch auf unterschiedliche Konzepte setzen, erfolgreich sind. Vor allem, wenn alle Beteiligten auf Gewaltfreiheit setzen!
Danke allen, die dabei waren und mit dafür gesorgt haben, dass es in Neuruppin das erste Mal überhaupt gelungen ist, dass ein „Tag der deutschen Zukunft“ verhindert wurde!