Rede zum Bericht der Landesregierung zur gesundheitlichen Versorgung vo Geflüchteten

Rede zum Bericht der Landesregierung zur gesundheitlichen Versorgung vo Geflüchteten

Die Landesregierung hat dem Landtag einen Bericht „Zugang zur gesundheitlichen Versorgung und zu Angeboten der psychosozialen Unterstützung von geflüchteten Menschen im Land Brandenburg“ vorgelegt.

Meine Rede dazu ist hier als Video anzuschauen.

Das Skript der Rede ist hier dokumentiert:

„Traumatisierte Flüchtlinge haben in Deutschland Anspruch auf eine Psychotherapie. Doch die Wartelisten sind lang. Der Deutschlandfunk hat am 18. Januar in einer Sendung auf die gesetzlichen Hürden aufmerksam gemacht, vor denen Betroffene stehen. Als Beispiel diente eine Privatpraxis eines gebürtigen Irakers in der Potsdamer Innenstadt. Er hatte von einer Neuregelung des Bundesgesundheitsministeriums Gebrauch gemacht,  die seit 2015 Psychotherapeuten und Institutionen auch ohne Kassenzulassung erlaubt, Flüchtlinge zu behandeln. Jetzt verweigert ihm die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg die Kostenerstattung. Und Brandenburg ist kein Einzelfall. Denn, ob eine geflüchtete Person eine Therapie in Anspruch nehmen kann, bei wem und wo diese zu beantragen ist, hängt in erster Linie  vom Aufenthaltsstatus und nicht von der medizinischen Notwendigkeit ab.

Da sich die Krankenbehandlung während der ersten 15 Monate des Aufenthaltes ausschließlich nach dem AsylbLG richtet, müssen TherapeutInnen auch nicht über eine Kassenzulassung verfügen. Denn eine solche ist keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen nach dem AsylbLG.

Mit dem Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis, entsteht in der Regel ein Anspruch auf Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit kann eine psychotherapeutische Behandlung bei allen PsychotherapeutInnen in Anspruch genommen werden, die über eine Kassenzulassung verfügen.

Im Klartext: Ein Arzt ohne Kassenzulassung kann einen Flüchtling psychotherapeutisch behandeln, muss diese Behandlung aber sofort abbrechen, wenn der Geflüchtete den sozialrechtlichen Status ändert.

Und, um auf den eingangs geschilderten Fall zurückzukommen:  Der Arzt musste den Großteil der Flüchtlinge wegschicken, nur zwei behandelt er noch ehrenamtlich.

Wir sehen, es gibt systemische Mängel, die es nicht gerade erleichtern, die psychosoziale Versorgung zu sichern.

Das  von der Landesregierung vorgelegten Konzept stellt ausführlich die Strukturen und Zuständigkeiten der gesundheitlichen Versorgung und der psychosozialen Beratungsangebote und Ansprechpartner dar.  Auch Probleme werden benannt: So hat das Land beispielswiese keinen Einfluss auf die Arztdichte in der ambulanten Versorgung. Nach wie vor ist Brandenburg deutschlandweit das Land mit der bundesweit geringsten Arztdichte pro Einwohner. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung insgesamt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf auf Bundesebene, insbesondere mit Blick auf eine Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie.

Und: Nach wie vor ist die Sprachmittlung ein Problem – vor allem in den ländlichen Regionen. Hierfür sollen auch internetbasierte Tools und Beratungen in einfacher Sprache genutzt werden.

Wir haben 2016 das Landesaufnahmegesetz novelliert und damit den Zugang zur medizinischen Versorgung für Flüchtlinge mit Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und die Migrationssozialarbeit insgesamt deutlich verbessert. Bis auf Märkisch-Oderland und Ostprignitz-Ruppin haben alle Landkreise und kreisfreien Städte die Rahmenvereinbarung zur elektronischen Gesundheitskarte unterschrieben. Das Land übernimmt die Kosten für die medizinische Versorgung der Geflüchteten. Und allen Unkenrufen zum Trotz, sind keine Mißbrauchsfälle bekannt geworden. Im Gegenteil, die Kommunen wurden von der Ausgabe der Behandlungsscheine und von der Entscheidung über Notwendigkeit und Umfang einer medizinischen Versorgung befreit.

Insgesamt zeigt das Konzept: Brandenburg ist gut aufgestellt. Die Versorgung der Geflüchteten erfolgt in den Regelsystemen. Aber es gibt noch Reserven:

Es gibt Bereiche, in denen kann Landespolitik aktiv etwas tun, bspw.:

– Qualität der psychosozialen Unterstützung durch gute Migrationssozialarbeit in die Fläche bringen

– die Überarbeitung des  2011 veröffentlichten Gesundheitswegweisers für Migrantinnen und Migranten im Land Brandenburg

– die bessere Erschließung der Familienunterstützenden Angebote für geflüchtete Familien  à das MASGF fördert bereits ein Schulungsprojekt zur Schwangeren- und Sexualberatung für geflüchtete Frauen der pro-familia-Beratungsstelle Ludwigsfelde

Es gibt Bereiche, in denen kann Landespolitik nur Veränderungen anstoßen und unterstützen, bspw.:

– Bitte an die Landesärzte- und Landeszahnärztekammer, die kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigung, die gesetzlichen Krankenkassen und Berufsverbände, an Informations- und Koordinierungsaufgaben mitzuwirken, wenn es um Praxisleitfäden oder die interkulturelle Öffnung für alle im Gesundheitswesen Tätigen geht;

– Förderung der Vernetzung aller Dienste und Partner auf der kommunalen Ebene, um vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen

– die Erhöhung und Sicherstellung der gesundheitlichen Beratungskompetenz in den Migrationsberatungsstellen

Im Konzept der Landesregierung wird angekündigt, dass die landesweite Arbeitsgruppe Gesundheit und Migration des Landesintegrationsbeirates die Themen aufgreifen und den fachlich-inhaltlichen Dialog- und Moderationsprozess weiterführen wird.

Ich gehe davon aus, dass wir uns zu gegebener Zeit im Fachausschuss mit diesem Thema weiter beschäftigen werden.“