Rede zum Antrag der AfD zur Bezahlkarte und Leistungen für Asylbewerber

Rede zum Antrag der AfD zur Bezahlkarte und Leistungen für Asylbewerber

Dem Landtag lag ein Antrag der AfD „Notwendige Korrekturen auf Bundesebene im Bereich der Leistungen für Asylbewerber einfordern“ vor. Ich habe ihn in meiner Rede genutzt, um einige grundsätzliche Bemerkungen zur Flüchtlingspolitik der Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen zu machen.

Zur Debatte geht es hier.

Meine Rede dokumentuere ich hier, zitiert nach der voläufgen stenografischen NIederschrift:

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein sehr ungewöhnlicher Antrag der AfDFraktion: Er lobt die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Asylpolitik, fordert, dass die Landesregierung das, was sie bezogen auf die Einführung der Bezahlkarte eh schon tut, ein bisschen schneller und konsequenter macht, und wiederholt, was die Landräte von der SPD und CDU faktisch gerade gefordert haben. Die Forderung nach einer Arbeitspflicht für Geflüchtete, die auch aus der CDU Brandenburg zu hören war, darf natürlich auch nicht fehlen. Das einzig Weitergehende ist die Forderung nach der Rückkehr zum Sachleistungsprinzip; ansonsten gibt es an der aktuellen Politik in Asylfragen von SPD und CDU anscheinend nichts zu bekritteln.

Meine Damen und Herren von der SPD und CDU, mir würde das Sorgen machen. Ich habe mich, als ich diesen Antrag gelesen habe, tatsächlich erschreckt. Wenn selbst der AfD nichts mehr einfällt, wie man Geflüchtete noch mehr gängeln kann, als Sie es eh schon tun, sollte man über seine Politik nachdenken.

Meine Damen und Herren, der Antrag macht klar: Was gerade in der Asylpolitik in Brandenburg läuft, sind im Kern rechtspopulistische Konzepte, die Sie hier in die Realität übersetzen. Heute entscheidet der Bundestag über die Rechtsgrundlage zur Einführung der Bezahlkarte. Damit wird ein Instrument bundesgesetzlich Realität – ausgedacht auf den Fluren der AfD-Bundestagsfraktion -, das nichts außer neue Probleme bringt, das die Kommunen zusätzlich belastet, die Betroffenen diskriminiert und ausgrenzt, die Integration erschwert und die Wirtschaft – vor allem die kleinen Einzelhändler vor Ort – zusätzlich belastet.

Meine Damen und Herren von der SPD und der CDU, Sie setzen damit ein rassistisches, diskriminierendes und ausgrenzendes Konzept um und geben rechtsextremer Politik eine Wirkungsmacht, die mich erschreckt. Die Hoffnung, meine Damen und Herren, der AfD Stimmen abzujagen, wenn man Geflüchtete nur so intensiv wie möglich gängelt und aus dem Leben der Gesellschaft ausgrenzt, wird sich aber nicht erfüllen. Im Gegenteil: Wer Flüchtlinge auf eine Insel sperren will, um sie mürbe zu machen, damit die, die aus guten Gründen nicht abgeschoben werden können, „freiwillig“ ausreisen, wie es SPD und CDU in Brandenburg gerade planen, gibt Rechtsextremen Wirkungsmacht. Auch wer diese Bezahlkarte umsetzt und sich in einen Unterbietungswettbewerb darüber begibt, wer die Barauszahlung des geringsten Geldbetrages fordert, gibt Rechtsextremen Wirkungsmacht.

Wahlerfolge, meine Damen und Herren, haben immer etwas mit zugeschriebener Gestaltungsmacht zu tun. Sie sorgen hier gerade dafür, dass allein die Angst vor rechtsextremen Wahlerfolgen der AfD Wirkungsmacht gibt und sie damit stärkt.

Aber, meine Damen und Herren von CDU und SPD, das stärkt nicht nur die AfD; es führt auch dazu, dass der Sozialstaat umgebaut wird. Künftig geht es nicht mehr darum, dass der Staat denjenigen hilft – und zwar uneingeschränkt -, die allein kein menschenwürdiges Leben führen können. Künftig sagt der Staat: Wenn du von mir schon Geld für deinen Lebensunterhalt bekommst, sage ich dir auch, wie du es auszugeben hast. – Aus dem fürsorgenden wird ein bevormundender und entmündigender Sozialstaat.

Der Staat sagt nicht mehr bedingungslos: „Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar“, sondern er stellt mit Macht und Kontrolle ausgerechnet an die gesellschaftliche Gruppe Bedingungen, die die kleinste
Lobby und seine Hilfe am nötigsten hat. Wer jetzt sagt: „Das sind ja nur die Flüchtlinge da ist es etwas anderes“, dem sage ich: Es sind Menschen. – Und: Niemand, niemand hier braucht sich der Illusion hinzugeben, dass diese Bezahlkarte am Ende nur Geflüchtete trifft. Das ist der Testlauf, und spätestens zur Bundestagswahl werden wir erleben, dass genau diejenigen, die jetzt die Bezahlkarte vorantreiben und für so geringe Bargeldauszahlungen wie möglich kämpfen, eine Ausweitung auf Bürgergeld und andere Sozialleistungsempfänger fordern werden.

Dieser Testlauf, meine Damen und Herren, ist der Anfang des Umbaus unseres Sozialstaats – übrigens auch in einer anderen Hinsicht; es will niemand so richtig darüber reden, aber es gehört einfach dazu: Es gibt keine deutschen oder europäischen Zahlungsdienstleister, die die Vorgaben erfüllen wollen oder können. Deshalb wird Mastercard das Geschäft machen. Künftig wird also ein börsennotiertes amerikanisches Unternehmen an der Auszahlung von Sozialleistungen in Deutschland verdienen. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein Tabubruch.

Und: Mastercard wird noch ein zweites Mal verdienen, nämlich an den Einzelhändlern vor Ort, die künftig 3 % ihres Umsatzes, den sie mit dem Gemüse oder was auch immer Geflüchtete bei ihnen kaufen, machen, an Mastercard überweisen dürfen.

Sie schwächen mit Ihrem Wahlkampf auf Kosten der Geflüchteten also auch die Wirtschaft in Brandenburg. Das, meine Damen und Herren, ist die Politik von SPD und CDU in Brandenburg, und dieser Antrag zeigt deutlich, von wem Sie für diese Politik Beifall bekommen. Herzlichen Glückwunsch! Den Antrag lehnen wir ab. – Herzlichen Dank.“