Rede zum Bericht der Datenschutzbeauftragten

Rede zum Bericht der Datenschutzbeauftragten

Die Landesdatenschutzbeauftragte hat ihren Tätigkeitsbericht und ihren Bericht zum Recht auf Akteneinsicht vorgelegt. Dazu hat der Landtag debattiert.

Mein Redebeitrag ist hier als Video veröffentlicht.

Außerdem dokumentiere ich ih hier zitiert nach der vorläufigen stenografischen Niederschrift:

„Zuallererst möchte ich Frau Hartge und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre engagierte, verantwortungsvolle und manchmal auch mühselige Arbeit danken – und natürlich auch für die Vorlage dieser Berichte.

Wenn man sie liest, ist es schon so, dass man manchmal denkt: Und täglich grüßt das Murmeltier.
Auch in dem Bericht zum Datenschutz für das Jahr 2021 geht es um die Coronapandemie und die Nachverfolgung von Kontakten. Es zeigt sich, dass die verwendeten Softwaresysteme SORMAS und die Luca-App den datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht genügten. Dabei ist es aus unserer Sicht nicht ausreichend, wenn sich die Landesregierung auf Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz, auf eine pandemische Notlage und einen hohen Handlungsdruck beruft. Noch schwieriger wird es, wenn – wie bei der Luca-App – die weitere Nutzung dieser Daten, zum Beispiel für die Strafverfolgung, von der Justizministerin nicht deutlich ausgeschlossen, sondern offengelassen wird – obwohl das Bundesjustizministerium sich gegen eine solche Nutzung ausgesprochen hat.

Dass es nicht dazu gekommen ist, ist ja nur Zufall.

Das offenbart ein besonderes Verständnis von Datenschutz – es ist nach dem Agieren der Ministerien des Innern und der Justiz beim Thema KESY aber auch nicht überraschend. Wir teilen die Überlegungen des Innenministeriums zur vorsorgenden Verbrechensverhütung nicht, weil die zur Verfügung stehenden Maßnahmen der Strafprozessordnung ausreichend sind.

Meine Damen und Herren, Sorgen macht, dass die Zahl der bußgeldrelevanten Vorgänge im Zusammenhang mit der unbefugten Datenverarbeitung öffentlicher Stellen des Landes Brandenburg im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen ist. Wir wissen aus der Beratung im Innenausschuss, dass an diesem Thema gearbeitet wird; gleichwohl bleibt es eine Baustelle.

Eine besondere Herausforderung – auch das wird in dem Bericht deutlich – bleibt der Bereich IT-Sicherheit. Dass hier noch viel zu tun ist, zeigte im Dezember und Januar ein erneuter Vorfall in der Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam, die wiederholt alle Server vom Netz nehmen musste und so über Wochen keine Verwaltungsdienstleistungen anbieten konnte; das wird künftig noch stärker im Fokus stehen müssen. Diesmal sind zum Glück keine Daten abgeflossen, aber die Abschaltung der Systeme war für die Bevölkerung ein erhebliches Problem.

Der zweite uns vorliegende Bericht betrifft das Thema Akteneinsicht. Es wird deutlich: Allzu gern werden Akteneinsichtsgesuche der Bürgerinnen und Bürger aus den verschiedensten Gründen von den öffentlichen Stellen abgewiesen. Wenn selbst Vermittlungsbemühungen der Akteneinsichtsbeauftragten erfolglos bleiben, muss sie Beanstandungen aussprechen. Im Berichtszeitraum 2021 kam es sieben Mal vor, dass öffentliche Stellen ungeachtet der konkreten Empfehlungen und Hinweise in den einzelnen Verfahren ihren Pflichten nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz nicht nachgekommen sind. Das ist keine gute Nachricht – ebenso wie die ausbleibende Weiterentwicklung des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes zu einem modernen Transparenzgesetz.

Frau Hartge hat in der Beratung des Berichts im Innenausschuss die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit zur Fortentwicklung des Informationszugangsrechts deutlich hervorgehoben – das hat sie hier ja auch noch einmal betont -; vor allem die fehlende Zuständigkeit ihrer Behörde für den Bereich des Umweltinformationsrechts hat sie beklagt. Gerade im kommunalen Bereich gebe es immer wieder Beschwerden über fehlehrhaft abgelehnte Anfragen zu Umweltinformationen. Den Betroffenen bleibt dann nur der Klageweg. Gerade in Brandenburg, wo es ein Grundrecht auf Informationszugang gibt, sollte auch eine entsprechende Zuständigkeit der Akteneinsichtsbeauftragten bestehen.

Die Landesregierung lehnt in ihrer Stellungnahme eine Ausweitung ihrer Beratungs- und Kontrollkompetenzen auf Umweltinformationen ab, aber im Rahmen der Überarbeitung des Brandenburgischen E-Government-Gesetzes soll zumindest eine Open-Data-Regelung eingeführt werden. Dass die Vorgaben des Koalitionsvertrags damit erreicht werden können, wagen wir zu bezweifeln, denn die Koalition wollte eigentlich viel, viel mehr. Aber es könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Meine Damen und Herren, besonders auffällig in Bezug auf die Nichtgewährung von Akteneinsichtsanträgen ist das Innenministerium, welches Anträge auf Informationszugang zu Unterlagen über Polizeieinsätze pauschal ablehnt. Wir widersprechen der Interpretation der Landesregierung, dass es bei der Einführung von § 4 Abs. 1 Nr. 4 AIG die gesetzgeberische Intention war, die Tätigkeit der Polizei
umfassend und generell vor möglichen Schäden infolge der Herausgabe von Informationen zu schützen, denn dann hätte der Gesetzgeber eine Bereichsausnahme für die Polizei ausgesprochen. Er hat übrigens eine solche Bereichsausnahme ausgesprochen, allerdings für den Verfassungsschutz und nicht für das polizeiliche Handeln. Insofern halten wir die pauschale Ablehnungsbegründung für alle möglichen Arten von polizeilichem Handeln für rechtlich fragwürdig.

Meine Damen und Herren, mit der Beschlussempfehlung ist die Aufforderung
verbunden, im Rahmen der Verwaltungsdigitalisierung eine wirksame Gewährleistung
des Rechts auf Akteneinsicht als strategisches Ziel in den Fokus zu nehmen. Dem
sollten sich die Landesregierung und auch die Kommunen in diesem Land widmen. –
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“