Rede zum Gesetzentwurf der AfD für ein Landespflegefördergeld
Heute lag dem Landtag ein Gesetzentwurf der AfD zur Einführung eines Landespflegefördergeldes vor. Der Gesetzentwurf wurde abgelehnt.
Zum Video der Rede geht es hier.
Meine Rede dazu ist hier dokumentiert:
„Erst in der Landtagssitzung im Januar legte die AfD Fraktion einen Antrag zum „Pflege-Familiengeld“ vor – nun folgt der Gesetzentwurf.
Bereits da gab es aus fachlicher Hinsicht keine Mehrheiten für Ihr Ansinnen und neue Fakten gibt es nicht. Aber, gern noch einmal:
Das einschlägige Gesetz zur Pflege ist das SGB XI, das im § 8 festlegt, dass die Pflege eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und somit eben nicht allein die Aufgabe der Familie.
Ihr Vorschlag will jedoch die Pflegearbeit durch finanzielle Anreize vorrangig in die Familie verlagern. Sie erwecken den Eindruck, Geld würde das zweifellos vorhandene Problem lösen. Doch dem ist nicht so. Als LINKE Fraktion haben wir vor zwei Wochen einen Stand auf der Pflegemesse in Cottbus gemacht, um mit Pflegekräften aber vor allem auch mit pflegenden Angehörigen ins Gespräch zu kommen. Und da wurde deutlich, dass zusätzliche finanzielle Anreize für eine Pflege durch die Familie eher wenig bringen. Es mangelt in Brandenburg nicht an der Pflegebereitschaft, im Gegenteil: Die pflegenden Angehörigen werden ihrer Verantwortung aus eigenem Antrieb sehr gern gerecht. Allerdings brauchen sie dabei Hilfe, nicht in Form vom Geld, sondern sie brauchen eine wohnortnahe und bezahlbare Unterstützungsstruktur, die professionelle ambulante Hilfe für die Stellen bietet, die die Angehörigen selbst allein nicht schaffen. Sie dürfen mit der Aufgabe nicht allein gelassen werden sondern brauchen professionelle Unterstützung! Das ist der richtige Ansatzpunkt und deshalb machen Sie es sich zu einfach, wenn Sie glauben, ein bisschen Geld und schon ist alles schön.
Wenn man wirklich die pflegenden Angehörigen finanziell entlasten will, dann muss man dort ansetzen, wo diesen tatsächlich Nachteile entstehen: also höhere Rentenansprüche für pflegende Angehörige, zeitlich befristete arbeitgeberfinanzierte Freistellung bei erstmaligem Eintritt einer Pflegesituation, zusätzliche Freistellungsmöglichkeiten usw.
Hinzu kommt: Das Pflegegeld ist eine Leistung der bundesgesetzlich geregelten Pflegeversicherung. Der hier vorliegende Vorschlag stellt gleich in zweifacher Hinsicht einen systematischen Bruch dar: einerseits hinsichtlich der Finanzierung – Pflegeversicherung oder steuerfinanziert und andererseits hinsichtlich der Ebene – Bund oder Land. Das ist weder zielführend noch sinnvoll.
Der Gesetzentwurf hat weitere Schwachstellen: die finanziellen Auswirkungen für das Land sind weder benannt noch die Finanzierungsquellen angesprochen und der Pflegegrad I wird aus völlig unerfindlichen Gründen ausgeklammert.
Und, aber das war ja zu erwarten, ohne Fremdenfeindlichkeit geht’s bei der AfD halt nicht, die Berechtigten sollen nur dann anspruchsberechtigt sein, wenn der zu Pflegende mindestens 5 Jahre in Deutschland seinen Hauptwohnsitz hat.
Aber, wie geht’s besser? Schauen wir uns mal an, was bereits alles getan wird, um die Situation der Pflege zu verbessern:
- Es gibt bereits das reguläre Pflegegeld und die Entlastungsleistungen in Höhe von 125 € für alle Pflegegrade.
- Es gibt die Pflegestützpunkte, die Fachstelle Altern und Pflege im Quartier zur Beratung der Kommunen,
- die Pflegenetzwerke in den Landkreisen,
- das Bündnis „Gesund alt werden“,
- das Kompetenzzentrum für Demenz mit seinen Helferkreisen,
- diverse Kurse für pflegende Angehörige bei Krankenkassen und vieles mehr.
Auch im Arbeitsleben erfahren pflegende Angehörige Unterstützung:
- die Freistellung über das Pflegezeitgesetz und
- das Familienpflegezeitgesetz,
- in akuten Situationen bekommen Arbeitnehmer Pflegeunterstützungsgeld als Einkommensersatzleistung.
Mehr geht natürlich immer und ist auch angezeigt. Wir als LINKE gehen da grundsätzlich ran: Wir brauchen endlich eine Pflegevollversicherung, um die Pflegekosten für die zu Pflegenden und deren Angehörige nicht ins Unermessliche steigen zu lassen. Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen beträgt aktuell durchschnittlich 1490 Euro in Brandenburg. Wir haben eine Bundesratsinitiative gestartet mit dem Ziel, den Eigenanteil zu verringern indem die Pflegeversicherung eine Vollversicherung wird. Das würde tatsächlich Entlastung bringen.
Und, das will ich hier nicht unterschlagen: Wir brauchen, auch um den Fachkräftemangel im pflegerischen Bereich zu entspannen, vor allem aber um den Pflegekräften ein existenzsicherndes Einkommen zu sichern endlich allgemeinverbindliche Tarifverträge in der Pflege.
Zusammengefasst: Ihr Gesetzentwurf setzt an der falschen Stelle an, löst deshalb keines der vorhandenen Probleme, ist undurchdacht, bricht mit der Systematik der Gesetzgebung und ist zudem garniert mit dem bekannten fremdenfeindlichen Einschlag – keine Chance dafür auch nur eine Stimme von uns zu bekommen.“