Rede zum Gesetzentwurf der Freien Wähler zur verbindlichen Einführung von Musterklagen im Kommunalabgabengesetz

Rede zum Gesetzentwurf der Freien Wähler zur verbindlichen Einführung von Musterklagen im Kommunalabgabengesetz

Mit ihrem Gesetzentwurf zum Kommunalabgabengesetz wollte die Fraktion von BVB/Freie Wähler Musterklagen für Anwohner und Betroffenengemeinschaften im Kommunalabgabengesetz verbindlich einführen. Der Gesetzentwurf wurde abgelehnt.

Meine Rede dazu ist hier als Video verfügbar.

Außerdem hier die Dokumentation der Rede:

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Der Brandenburger Landtag befasst sich nun zum wiederholten Mal mit der Frage der verpflichtenden Einführung von Musterklagen im Kommunalabgabengesetz. Ziel ist einerseits, die Gerichte zu entlasten, und andererseits, die Verfahrenskosten für Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich zu halten. Das klingt erst einmal gut, jedoch gibt es auch gewisse Zweifel, ob dies durch die verpflichtende Einführung von Musterverfahren tatsächlich erreicht werden kann.

In der 5. Wahlperiode – darauf ist schon verwiesen worden – hat die CDU-Fraktion bereits eine solche Initiative in den Landtag eingebracht. Damals hat die rot-rote Koalition dies an den Ausschuss überwiesen, wo eine umfangreiche Anhörung stattfand. Im Mittelpunkt der damaligen Anhörung standen vor allem die Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern, wo es – darauf hat Herr Vida bereits hingewiesen – eine solche Regelung bereits seit 2005 gibt. In der Anhörung wurde deutlich, dass der angestrebte Effekt nicht tatsächlich eintritt, da Kläger, die im Musterverfahren unterliegen, weit überwiegend dazu neigen, individuell weiter zu klagen.

Es gibt weitere Punkte, die zumindest Zweifel an der genannten Zielerreichung der Entlastung der Gerichte und der Kostenentlastung für die Betroffenen durch die verpflichtende Einführung von Musterverfahren wecken können:

Erstens. Auch auf den ersten Blick gleich gelagerte Fälle unterscheiden sich oft beträchtlich, beispielsweise hinsichtlich der Nutzung – privat oder geschäftlich -, der Bebauung – Geschossigkeit und Größe -, der Grundstücksgröße, des Vorhandenseins eines Bebauungsplans usw. Damit dürfte die Zahl der Fälle, in denen Musterklagen zur Anwendung kommen können, geringer sein, als es zunächst erscheint.

Zweitens. Musterklagen sind – darauf wurde schon hingewiesen – bereits jetzt möglich und haben auch für die Kommunen und Verbände gewisse Vorteile, weshalb nicht ersichtlich ist, weshalb die verpflichtende Einführung von Musterklagen hier den großen Durchbruch bringen sollte. Natürlich ist auch die kommunale Selbstverwaltung zumindest angetippt, wenn wir über diese Fragen reden.

Allerdings sehen wir auch, dass sich seit der letzten Anhörung die Rechtslage in einigen Bereichen vor allem durch widersprüchliche Urteile geändert hat und es deshalb im Vergleich zu damals durchaus zusätzliche Anwendungsfälle für verbindliche Musterklagen geben könnte.

Wir sehen auch, dass es in Brandenburg aktuell Verbände gibt, die sich solchen Musterverfahren versperren, obwohl es durchaus sinnvolle Anwendungsfälle gäbe. Deshalb sind wir dafür, den Gesetzentwurf zu überweisen und die Erkenntnisse aus der Anhörung aus dem Jahr 2012 zu überprüfen. Dabei wird es sicherlich spannend sein zu sehen, wie sich die Situation in Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickelt hat und wie Betroffene und Verbände heute zu diesem Instrument stehen.

Meine Damen und Herren! Folgendes sei mir noch gestattet: Ich bin angesichts der Pirouetten der Koalitionsfraktionen schon etwas überrascht. Die CDU, die 2012 noch Antragstellerin und 2015 Befürworterin der Initiative, die es im Landtag gab, war, braucht jetzt Zeit. Das finde ich interessant. Ich drücke es einmal so aus: Glaubwürdige Politik ist anders.

Ich finde aber auch, dass man es sich zu leicht macht, wenn man jetzt auf den Koalitionsvertrag verweist. Ich lese den entsprechenden Satz einfach vor, obwohl er zu Musterklagen gar nichts aussagt: „Wir werden das Kommunalabgabengesetz auf seine Praktikabilität prüfen und gegebenenfalls weiterentwickeln.“ Dieser Satz soll jetzt also dazu führen, dass sich dieser Landtag nicht mehr mit Fragen des KAG auseinandersetzt, bis die Koalitionsfraktionen irgendwann einmal aus dem Knick gekommen sind?

Ganz ehrlich: Ich finde die Begründungen, die wir von CDU und SPD bisher dazu gehört haben, einfach nur billig. Deshalb werden wir selbstverständlich an unserem Antrag auf Überweisung an den Ausschuss festhalten. – Herzlichen Dank.“