Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschriften

Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschriften

In 2. Lesung wurde der Gesetzentwurf „Drittes Gesetz zur Änderung landeswahlrechtlicher Vorschriften“ sowie die Beschlussempfehlung des Kommunalausschusses behandelt.

Mein Redebeitrag ist hier als Video verfügbar.

Außerdem hat der Kollege Schaller (CDU) eine Kurzintervention gemacht, auf die ich erwidert habe. Beides ist hier als Video verfügbar.

Mein Redebeitrag ist hier dokumentiert:

„Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schaller, jetzt muss ich leider von meinem Skript abweichen. Aber das hat mich jetzt nahezu fassungslos gemacht. Sie sagen, unser Änderungsantrag sei zu kurzfristig gekommen. Ich erinnere einmal daran: Einen solchen Änderungsantrag haben wir bereits vor knapp zwei Jahren eingebracht, als wir über das Kommunalwahlrecht gesprochen haben. Damals hat uns die Koalition erklärt, dass sie einer Regelung sehr offen gegenüberstehe, wir den Änderungsantrag jetzt aber bitte zurückziehen sollten. Wir könnten ihn dann, wenn wir über die landeswahlrechtlichen Vorschriften reden, noch einmal einbringen.

Das haben wir getan, Herr Schaller. Jetzt ist es also zu kurzfristig. Ich kann nur sagen: Wenn man sich auf Zusagen der Koalition verlässt, ist man verlassen.

Das sehen wir auch heute, denn wir haben den Änderungsantrag nicht noch einmal eingebracht, weil Sie uns in der Ausschussberatung zugesagt haben, dass Sie bis heute darüber nachdenken würden, wie Sie das Problem lösen.

Deswegen möchte ich das Problem jetzt noch einmal deutlich machen: Wir reden darüber, dass es derzeit eine uneinheitliche Rechtsanwendung bezüglich der Frage gibt, wann Menschen, die bei einer Gemeinde oder bei einer Stadt arbeiten, kein Mandat in einer Gemeindevertretung haben dürfen oder nicht sachkundige Einwohner sein dürfen. Wir wollten, dass die Regelung zur Unvereinbarkeit auf Personen beschränkt wird, die aufgrund ihrer regulären dienstlichen Tätigkeit keine Möglichkeit haben, inhaltlich auf die Verwaltungsführung der Kommune Einfluss zu nehmen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Problem. Da hat gerade jemand in einer Gemeindevertretung sein Mandat nach Aufforderung der Verwaltung niedergelegt – er arbeitet als Erzieher -, nachdem seine Kita den Träger gewechselt hatte und es auf einmal ein kommunaler Träger ist, er also bei der Gemeinde arbeitet. Die Gemeindeverwaltung war der Meinung, dann darf er nicht mehr Mitglied der Gemeindevertretung sein. Der Mann hat sein Mandat zurückgegeben. In einer anderen Gemeinde sollte jemandem verwehrt sein, sachkundiger Einwohner zu werden, weil er in einer kommunalen Kita als Erzieher tätig war.

Deshalb: Wir haben zwar eine eindeutige Rechtsprechung, aber wir haben durch die bisherigen Regelungen im Gesetz keine einheitliche Rechtsanwendung. Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass dieses Problem bis zu den Kommunalwahlen gelöst werden muss; denn bei den Kommunalwahlen wird das sehr viele Menschen in diesem Land betreffen. Möglicherweise wird der eine oder andere gar nicht erst kandidieren, wenn die Verwaltung ihm vorher erzählt: Du kannst das Mandat eh nicht annehmen.

Meine Damen und Herren, jetzt habe ich nur noch 20 Sekunden Redezeit. Deswegen kann ich zu dem anderen Punkt nichts mehr sagen. Aber das werden die Freien Wähler machen. Es geht um die Frage der Beschränkung der Zahl der aufgeführten Beteiligten von Listenvereinigungen auf dem Stimmzettel.

Wir werden dem Gesetzentwurf heute trotzdem zustimmen, aber nur aus einem einzigen Grund. Ich habe noch ein Jahr Zeit, und ich werde weiter nerven mit den Regelungen zur Inkompatibilität. Das kann ich jetzt schon versprechen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.“

Die Erwiderung auf die Kurzintervention von Herrn Schaller gibt es hier:

„Herr Schaller, mich ärgert es wirklich, dass Sie sagen, es sei zu kurzfristig. Die Koalition hat wirklich lange genug Zeit gehabt. Dieses Problem haben wir, wie gesagt, schon vor über zwei Jahren hier thematisiert. Und ja, Sie haben recht, auch die Rechtsprechung gibt keinen eineindeutigen Hinweis. Das wird aber immer so sein, und wir werden auch keine Regelung finden, die eineindeutig ist.

Wir haben aber jetzt die Situation, dass etwas anderes im Gesetz steht als das, was die Rechtsprechung sagt, und dass eben nicht jede Verwaltung das anwendet, was die Rechtsprechung sagt. Das ist das Problem. Dann ist es ein Fortschritt, dass wenigstens der Wortlaut der Rechtsprechung – das steht in unserem Änderungsantrag, den wir noch einmal geändert haben – in das Gesetz aufgenommen wird, um denjenigen, die kandidieren wollen, einen Hinweis zu geben, wie die Regelung gerade aussieht.

Wenn mir nämlich die Verwaltung sagt: „Du darfst nicht kandidieren, weil du in einer Kita arbeitest“, und ich dann in das Gesetz schaue, werde ich nicht auf die Idee kommen, mir auch noch die Rechtsprechung anzugucken. Das ist das Problem. Das heißt, hier werden Leute von der Verwaltung darauf hingewiesen: „Du darfst das Mandat sowieso nicht annehmen, du darfst nicht sachkundiger Einwohner werden usw.“, obwohl es eine andere Rechtsprechung gibt. Dann muss man wenigstens den Gesetzestext an die Rechtsprechung anpassen. Mehr steht in unserem Änderungsantrag nicht. Dass es keine eineindeutige Lösung geben wird, darin sind wir uns einig.“