Rede zum Antrag der AfD "Grenzkontrollen an der Brandenburger Außengrenze zu Polen durchsetzen"

Rede zum Antrag der AfD „Grenzkontrollen an der Brandenburger Außengrenze zu Polen durchsetzen“

Die AfD hat einen Antrag Antrag „Grenzkontrollen an der Brandenburger Außengrenze zu Polen durchsetzen!“ eingebracht.

Meine Rede dazu ist hier als Video verfügbar.

Meine Rede dokumentiere ich hier, zitiert nach der vorläufigen stenografischen Niederschrift:
„Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu diesem Antrag komme, möchte ich eine Vorbemerkung machen: Ich möchte dem Innenminister gratulieren. Diesen Antrag haben Sie provoziert. Sie befeuern die Debatte um Grenzkontrollen seit Monaten. Damit haben Sie der AfD dieses Thema auf dem Silbertablett serviert.

Aus kurzfristigem parteitaktischem Kalkül und in dem vollen Bewusstsein, dass Grenzkontrollen an der deutschen Außengrenze kein einziges unserer aktuellen Probleme lösen, haben Sie den politischen Konsens der europäischen Integration aufs Spiel gesetzt. Herzlichen Glückwunsch! Wer hätte das von der Partei von Angela Merkel und Helmut Kohl gedacht!

Aber zu diesem Antrag: Wir werden ihn ablehnen. Dafür gibt es drei Gründe.

Erstens. Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums sind nach EU-Recht unzulässig. Der Schengener Grenzkodex schließt aus, dass Migrationsströme als alleinige Begründung einer Bedrohungslage, die die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU legitimiert, herangezogen werden. Der Europäische Gerichtshof hat denn auch im Jahr 2022 klargestellt, dass Grenzkontrollen nicht über einen Zeitraum von sechs Monaten hinausgehen dürfen und zwingend mit einer Bedrohung der inneren Sicherheit zu begründen sind. Dazu ist festzustellen: Schutzsuchende sind keine Bedrohung der inneren Sicherheit, selbst wenn es Probleme bei ihrer Unterbringung gibt.

Hinzu kommt: Grenzkontrollen dürfen nur das letzte mögliche Mittel sein. Die Bundesregierung selbst schätzt ein, dass die Schleierfahndung – auch über diese kann man sich streiten – ebenfalls zum Erfolg führt. Das bestätigen sowohl die Bundespolizei als auch der Zoll, ja sogar unser Innenminister, wenn er stolz die Erfolge der bisherigen Kontrollen, also der Schleierfahndung, verkündet. Das letzte mögliche Mittel sind stationäre Grenzkontrollen also nicht.

Zweitens. Stationäre Grenzkontrollen bringen rein gar nichts. Menschen, die auf einer langen, gefährlichen Fluchtroute durch die Subsahara oder über das Mittelmeer nach Mitteleuropa gelangt sind, werden sich ganz sicher nicht durch die Oder aufhalten lassen. Stationäre Grenzkontrollen werden innerhalb weniger Stunden umgangen. Die Routen werden sich also verändern. Vielleicht wird die Route etwas gefährlicher; aber die Menschen werden weiterhin ins Land gelangen.

Grenzkontrollen brächten nur dann etwas, wenn die gesamte Grenze durch Grenzanlagen gesichert würde. Alles andere sind Placebo-Forderungen zur Beruhigung der Volksseele oder zur Bedienung der eigenen Klientel.

Auch Zurückweisungen sind keine Option. Diejenigen, die an der Grenze Asyl begehren, können nur dann zurückgewiesen werden, wenn in einem anderen EU-Land ein Asylverfahren anhängig ist. Die Registrierung in einem anderen EU-Land reicht dafür nicht aus. Diese Personen dürfen also nicht zurückgewiesen werden, sondern sie unterliegen dem Dublin-Verfahren. Auch dafür müssen sie erst einmal einreisen und untergebracht werden.

Drittens. Grenzkontrollen werfen das Zusammenleben in der deutsch-polnischen Grenzregion um Jahre zurück. Die Grenzregion zu Polen ist zusammengewachsen. Viele Polinnen und Polen arbeiten in Deutschland, viele Deutsche arbeiten in Polen. Für die Grenzregion ist es wichtig, dass dieses selbstverständliche Miteinander nicht wieder getrennt wird.

Als die Grenze wegen der Coronapandemie zeitweise geschlossen war, wurde deutlich, wie eng die Verflechtungen zwischen beiden Ländern gerade in dieser Region sind. Stationäre Grenzkontrollen führen zu Staus und sonstigen Verzögerungen. Sie behindern das Zusammenleben und betonen das Trennende zwischen beiden Ländern. Dass die AfD genau das will, ist klar. Wir wollen das nicht. Und ich hoffe sehr, dass auch alle anderen demokratischen Fraktionen hier im Landtag dies nicht wollen.

Aus all diesen Gründen lehnen wir den Antrag ab. – Herzlichen Dank.“