Rede zum Tätigkeitsbericht zum Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg

Rede zum Tätigkeitsbericht zum Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg

rede-tbJährlich legt die Landesregierung einen Tätigkeitsbericht zum Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg vor. Die Aussprache dazu fand heute im Landtag statt. Meine Rede dazu ist hier dokumentiert:

„In Deutschland und auch in Brandenburg müssen wieder mehr Menschen Angst vor rassistischer und fremdenfeindlicher Gewalt haben. Fast täglich erreichen uns Nachrichten über rassistische Angriffe, Anschläge auf Geflüchtete, ihre Unterstützerinnen und Unterstützer oder ihre Unterkünfte. Erst in der Nacht zu Dienstag wurde in Premnitz versucht, an zwei Wohnungen in denen Flüchtlinge untergebracht sind, Feuer zu legen. In einem Monat jährt sich der Brandanschlag auf die Turnhalle in Nauen. Kein Zweifel, die rechte Gewalt hat einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht. Insgesamt ist die Zahl rechtsextremer Straftaten deutlich angestiegen. Der Verein Opferperspektive verzeichnet das höchste Niveau rechtsextremer Angriffe seit 15 Jahren.

Seit dem vergangenen Jahr erleben wir außerdem eine zunehmende verbale Hetze durch sogenannte Asylkritiker und sogenannte besorgte Bürger, befeuert von Pegida, AfD & Co. Und wir erleben eine zunehmende Zahl an  Demonstrationen und Kundgebungen, Mahnwachen und sonstigen Veranstaltungen, bei denen mehr und mehr ungeniert gegen Geflüchtete, aber auch gegen diejenigen gehetzt wird, die sich für eine Willkommenskultur und die Integration der Zugewanderten einsetzen. Wir erleben eine Verrohung und Polarisierung im gesellschaftlichen Diskurs, in der politischen Debatte, auf der Straße und auch in den sozialen Medien. Und wir erleben auch, dass Nazis aller Coleur versuchen, diese Situation für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren und ihre Strukturen zu stärken.

1998, als das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg entwickelt wurde, gab es eine ähnliche gesellschaftliche Situation. Handlungsleitend war damals, und ist heute, dass Kräfte für Toleranz, Solidarität und Weltoffenheit und gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gebündelt, unterstützt und gestärkt werden sollen. Und – das ist vielleicht der größte Unterschied zur Situation vor knapp 20 Jahren – es gibt in Brandenburg eine über Jahre gewachsene starke Zivilgesellschaft, die in den vergangenen Monaten überall im Land Geflüchtete unterstützt hat. Die sich Nazis und Fremdenfeinden entgegen gestellt hat und die bereit ist,  für ein weltoffenes, tolerantes und solidarisches Brandenburg zu kämpfen. Dass es eine solch starke Zivilgesellschaft gibt, hat auch mit der Arbeit des Toleranten Brandenburg zu tun.

Der uns vorliegende Bericht zeigt deutlich auf, wie umfassend und ressortübergreifend das Handeln der Landesregierung im Rahmen des Handlungskonzepts Tolerantes Brandenburg ist. Die über fast 20 Jahre aufgebauten und kontinuierliche arbeitenden Strukturen, die starke Verankerung vor Ort, die vielfältigen Projekte in diversen Handlungsfeldern, die Erfahrung der Akteure sowohl in der Landesregierung aber auch im Beratungsnetzwerk und bei den Kooperationspartnern, haben dazu beigetragen, dass wir in den vergangenen Monaten schnell und umfassend auf die neuen Herausforderungen reagieren konnten.

Durch die stark gestiegenen Geflüchtetenzahlen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Entwicklungen hat sich der Arbeitsschwerpunkt aller Akteure verlagert. Stärker in den Fokus rückten der Bereich der Flüchtlingsarbeit und der Integration, der Abbau von Ressentiments durch Information und Argumentation, die Förderung und Unterstützung ehrenamtlichen Engagements und die Beratung und Qualifizierung der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in den Kommunen, Schulen, Vereinen, Verbänden und der Wirtschaft. Das war für alle Beteiligten ein riesiger Kraftakt, nicht selten bis hart an die Leistungsgrenze, und deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei allen Mitwirkenden in der Koordinierungsstelle des Toleranten Brandenburgs, im Beratungsnetzwerk, vor allem aber bei den Kooperationspartnern und in der Landesregierung herzlich zu bedanken. Durch dieses umfassende Engagement ist Brandenburg bunter, weltoffener und toleranter, als es ohne das Tolerante Brandenburg wäre. Herzlichen Dank dafür!

Die aktuelle gesellschaftliche Situation fordert alle zivilgesellschaftlichen, demokratischen Kräfte mehr denn je. Wir befinden uns mitten in einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung um die Frage, wie wir unser Zusammenleben gestalten wollen. Eine starke, lebendige Demokratie lässt sich nicht herbei beschließen. Sie lässt sich aber aktiv fördern und sie ist es wert, dass wir gemeinsam um sie kämpfen. Das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg leistet dazu einen wichtigen Beitrag und wir tun gut daran, es zu hegen, zu pflegen, weiter zu entwickeln und es gegen Angriffe auch hier im Parlament zu verteidigen.“