Verleihung der Ehrenmedaille des Brandenburger Landtages an Erhard Stenzel
Heute fand im Brandenburger Landtag die diesjährige Verleihung der Ehrenmedaille des Landtages statt. Diese bekommen auf Vorschlag der Präsidentin bzw. des Präsidenten oder auf Vorschlag der Fraktionen des Landtages Personen, die sich durch besonderes Engagement für das Gemeinwesen für diese Auszeichnung qualifiziert haben. In diesem Jahr wurden 26 Personen ausgezeichnet.
Auf Vorschlag der Fraktion DIE LINKE wurden 7 Personen ausgezeichnet: Maria Elikowska-Winkler für ihr Engagement für das sorbische Volk, Andreas Schuster für sein Engagement in der Gewerkschaft der Polizei, Thomas Klähn, Klaus Pölitz und Claudia Sieber für ihr Engagement für Geflüchtete, Karl-Heinz Rothkirch für sein Engagement für die Stadt Potsdam und Erhard Stenzel für sein antifaschistisches Engagement.
Besonders freue ich mich, dass Erhard Stenzel mit der Medaille des Brandenburger Landtages ausgezeichnet wurde. Erhard ist der letzte noch lebende deutsche Resistance-Kämpfer, der faktisch sein ganzes Leben dem Antifaschismus gewidmet hat.
Das besondere Verdienst Erhard Stenzels für das Gemeinwesen besteht in seinem unermüdlichen Einsatz zur Aufklärung vor allem der jungen Generation über die Verbrechen des NS-Regimes und die Gefahren eines neuen Neo-Faschismus in der Gegenwart. Er unterstützt rastlos und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit und sein hohes Alter Projekte der Schulen zur Erziehung junger Menschen zu aktivem Gedenken und zu aktiver Auseinandersetzung mit altem und neuem Faschismus, mit Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und für eine gerechte und solidarische Gesellschaft.
Erhard Stenzel wurde am 5.2.1925 geboren. Bereits in früher Jugend erlebte er das Mord- und Repressionssystem des Hitler-Regimes am eigenen Leibe. Sein Vater wurde im KZ Buchenwald ermordet, Erhard Stenzel selbst nach einem Sabotagevorwurf inhaftiert, gefoltert und schwer misshandelt. Als junger Wehrpflichtiger desertierte er 1943 aus der Wehrmacht und schloss sich der französischen Résistance im Kampf gegen den Nationalsozialismus in Deutschland an. Erst im Jahre 2013 wurde auf Bundestagsbeschluss das diesbezüglich gegen ihn verhängte Todesurteil des Volksgerichtshofs aufgehoben, bis dahin galt er als rechtmäßig verurteilter Vaterlandsverräter und Kriegsdeserteur.
Erhard Stenzel ist einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen des aktiven Widerstands gegen das NS-Regime. Unermüdlich ist sein Einsatz, junge Menschen über dieses finsterste Kapitel deutscher Geschichte aufzuklären und sie vor den Gefahren eines neuen Faschismus zu warnen. Dabei scheut er weder Kraft noch Gesundheit, um als Zeitzeuge aufzutreten und mit Jugendlichen persönlich ins Gespräch zu kommen – sowohl in seiner Wahlheimatstadt Falkensee als auch über ihre Grenzen hinaus, in Nauen, Brieselang, Wustermark, Dallgow-Döberitz und Schönwalde/Glien. Jährlich hält er an Gedenktagen für die Opfer der NS-Barbarei die Gedenkreden und hatte bis vor kurzem eine der Co-Sprecher-Funktionen des VVN-BdA im Landkreis Havelland inne. In der Stadt Falkensee hat er sich unermüdlich als Bürger, als Stadtverordneter und als Vize-Vorsitzender der SVV für ein würdiges Gedenken an die Opfer des Faschismus und die Bewahrung des KZ Außenlagers Falkensee des KZ Sachsenhausen als authentische Gedenkstätte eingesetzt. Sein diesbezügliches beharrliches Wirken vor allem in der SVV Falkensee hat entscheidend mit dazu beigetragen, dass diese Gedenkstätte über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist und in jedem Jahr sowohl Überlebende als auch ihre Angehörigen, Freunde sowie Bürgerinnen und Bürger der Stadt zusammenführt, um der Opfer zu gedenken. Er unterstützt rastlos Projekte der Schulen zur Erziehung junger Menschen zu aktivem Gedenken und zu aktiver Auseinandersetzung mit altem und neuem Faschismus, mit Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und für eine gerechte und solidarische Gesellschaft.
Lieber Erhard, ich gratuliere dir von ganzem Herzen zu dieser Auszeichnung und verneige mich vor dir und deinem Lebenswerk. Ich bin stolz darauf mit dir in einer Partei sein zu dürfen und wünsche mir vor allem: Bleib uns noch möglichst lange erhalten!