Regionaltag in Cottbus: Besuche bei Stadtverwaltung, Willkommenstreff, Synagoge und Sprech-Café

Regionaltag in Cottbus: Besuche bei Stadtverwaltung, Willkommenstreff, Synagoge und Sprech-Café

Heute war ich zusammen mit meiner Landesvorsitzenden Anja Mayer in Cottbus unterwegs. Begleitet wurden wir (in unterschiedlicher Zusammensetzung bei den einzelnen Terinen) von meinem Fraktionskollegen Matthias Loehr, dem Fraktionsvorsitzenden der LINKEN in Cottbus, André Kaun, dem Sozialausschussvorsitzenden, Eberhard Richter, und Christopher Neumann. (Ich war schon einige Male in Cottbus unterwegs, Blogbeiträge dazu gibt es hier, hier, hier und hier.) Wir hatten ein tolles Programm, das insbesondere integrationspolitisch gefärbt war und wir haben viele spannende, engagierte Menschen getroffen. Und das alles bestärkt mich in dem Eindruck, dass das negative Bild, das in den vergangenen Wochen medial von der Stadt gezeichnet wurde, so nicht stimmt. Gerade integrationspolitisch läuft in Cottbus sehr viel , die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Trägern, Sicherheitsbehörden, Bildungseinrichtungen und ehrenamtlichen Akteuren ist gut. Sowohl die Vielfalt der Angebote als auch die Koordination dieser sorgen dafür, dass die Integrationsarbeit sehr gut läuft und die Geflüchteten hier Bedingungem vorfinden, die es ihnen ermöglichen, einen guten Start ins Leben in Deutschland zu bekommen.

Selfie mit Anja Mayer vor dem Rathaus.

Natürlich gibt es auch Probleme, und genau diese zu identifizieren um gemeinsam mit den Akteuren Lösungen dafür zu finden, war einer der Punkte, die mir heute wichtig waren. Und genau darum ging es gleich bei der ersten Station heute: Auf dem Programm stand ein Gespräch mit der Sozialdezernentin der Stadt Cottbus, Frau Diekmann. Wir diskutierten vor allem die Auswirkungen der neuen Regelungen zur Migrationssozialarbeit. Hier haben wir mit dem Nachtragshaushalt nachgesteuert und dafür gesorgt, dass künftig auch für anerkannte Flüchtlinge für drei Jahre eine Pauschale für Bedarfe bei der Integration gezahlt werden. Für die Stadt Cottbus bedeutet das konkret ca. 2 Millionen Euro mehr pro Jahr, was ca. 30 Vollzeitstellen entspricht. Frau Diekmann berichtete, dass sie diese unter anderem in der Schulsozialarbeit, der Erziehungs- und der Migrationsberatung, der Sprach- und Kulturmittlung an Schulen, im sozialpsychologischen Dienst und in der Beratung besonders für Frauen angesiedelt werden.

Problematisch ist nach wie vor die aus Sicht der Stadt nicht ausreichende Finanzierung der Leerstandskosten in Geflüchtetenunterkünften. Das ist landesweit ein Problem, das im Rahmen der Evaluierung des Landesaufnahmegesetzes erneut im Landtag Thema sein wird. Außerdem diskutierten wir Probleme bei den BSGF+-Klassen. Diese Maßnahmen dienen der Vorbereitung geflüchteter junger Menschen auf die Berufsausbildung. Der erste Jahrgang hat die Maßnahme absolviert, allerdings konnten nur wenige Jugendliche die Ausbildungsziele erreichen, so dass Nachsteuerungsbedarf hinsichtlich der Sprachförderung, der Fächerzusamensetzung und der Inhalte besteht. Diese Hinweise haben wir aufgenommen und diese werden wir in den kommenden Wochen beraten.

Weitere Themen im Gespräch waren die Situation des Frauenhauses sowie die Kapazitäten bei Kitas und Schulen.

Nach dem Termin im Rathaus folgte ein kleiner Stadtspaziergang, der uns auch an dem Haus vorbei führte, in de AfD und die rechtsextreme Bewegung Ein Prozent vor kurzem Büros eröffnet haben. Der hier vollzogene „Schulterschluss“ der Rechtspopulisten mit Rechtsextremen hatte für einige Aufmerksamkeit gesorgt, ist er doch ein weiterer Nahweis, dass die politische Rechte einen Schwerpunkt ihrer Arbeit nach Cottbus verlegt hat, wohl weil sie hofft, sich in der Stadt dauerhaft Einfluss sichern zu können. Ein gefärhliches Experimentierfeld, das wir im Blick behalten werden!

Zum Mittag trafen wir uns mit der Asylkoordinatorin der Stadt, Frau Kaygusuz-Schurmann. Auch hier ging es vor allem um Fragen der Integration, Problembereiche und aktuelle Herausforderungen. Wir haben aber auch Einschätzungen zur Stimmung in der Bevölkerung ausgetauscht.

Nach dem Mittag fuhren wir in den Stadtteil Sachsendorf, wo wir uns den Willkommenstreff des Regionalwerkstatt e.V. anschauten. Hier treffen sich seit 2015 Geflüchtete und „Einheimische“ mit hauptamtlich und ehrenamtlich Aktiven, werden Deutschkurse gegeben und finden verschiedene Gruppen und Treffen statt, es gibt eine kleine Kleiderkammer und Sachspenden (Kleidung, Möbel, Ausstattungsgegenstände) wechseln den Besitzer. Hier wird aber auch gemeinsam genäht, die Kinder können spielen, während die Erwachsenen einen Kurs besuchen oder auch mal schnell Besorgungen machen und hier bekommen die Gäste auch niedrigschwellige Hilfe bei Alltagsfragen. Neu ist ein vom Bund gefördertes Projekt zur Vorbereitung von Kindern und deren Eltern auf den Kita-Besuch. Die Leiterin des Treffs, Yvette Kirschner, und die anderen anwesenden Aktiven berichtete und von den vielen Aktivitäten und wir waren sehr angetan von dem, was hier alles passiert und geleistet wird.

Die nächste Station führte uns zurück in die Innenstadt: Die ehemalige Schlosskirche, die am 27.1.2015 als Synagoge geweiht wurde. Wir trafen uns hier mit aktiven Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und einer Pfarrerin, die die Arbeit aktiv unterstützt. Die jüdische Gemeinde in Cottbus existiert (wieder) seit ca. 20 Jahren und hat aktuell ca. 450 Mitglieder. Die Gemeinde ist russischsprachig und es gibt sehr viele Aktivitäten, bspw. einen Frauenclub, einen Chor und eine Tanzgruppe, eine Sonntagsschule und Sprachkurse (sowohl deutsch als auch für die Kinder russisch, damit diese die Sprache ihrer Heimat nicht verlernen).

Die Synagoge wird auch Neue Synagoge genannt. Die alte Synagoge wurde in der Reichspogromnacht zerstört, vonden 450 damals in Cottbus lebenden Jüdinnen und Juden überlebte nur knapp ein Dutzend den Holocaust. Einige Gegenstände aus der alten Synagoge konnten gerettet werden und wurden im Stadtmuseum aufbewahrt. Ein Teil davon, bspw. ein Leuchter, wird nun in der Neuen Synagoge wieder genutzt.

Die letzte Station des heutige Tages war das Sprech-Café in der Uni. Es ist eines von dreien seiner Art in Cottbus (die anderen beiden sind in Sachsendorf und Sandow beheimatet). Hier treffen sich Deutschsprachige mit Deutsch lernenden Personen mehrmals in der Woche. Es ist ein niedrigschwelliger Raum der Begegnung und des persönlichen und kulturellen Austauschs. Hier werden Verbindungen und Freundschaften geknüpft und Patenschaften bilden sich quasi von allein. Nicht nur Geflüchtete finden sich hier gemeinsam mit schon länger hier Lebenden zusammen, auch ausländische Studierende finden den Weg hierher. Das Projekt wird geleitet von Frau Kaiser, die uns gemeinsammit den ehrenamtlichen Helfer*innen, die die Cafés organisieren und an den Tischen als deutschsprachige Paten zur Verfügung stehen, das Projekt nahe brachte und von den Erfahrungen berichtete. Wir waren tief beeindruckt – nicht nur vom Engagement der Beteiligten sondern vor allem auch von ihrer Begeisterung am Projekt. Man merkte, dass die Sprech-Café für alle Beteiligten eine toller Erfahrung und Horizonterweiterung sind!

Zum Abschluss des Tages aßen wir noch etwas und fuhren dann voll mit vielen Eindrücken, neuem Wissen und Erfahrungen zurück. Es war ein toller Tag 🙂