Bericht Nr. 2 aus Genf: Kampf um Wahrnehmung und Anerkennung

Bericht Nr. 2 aus Genf: Kampf um Wahrnehmung und Anerkennung

genf2Claudia Fortunato (Linksjugend [’solid] Brandenburg  und Mitstreiterin in der Flüchtlingspolitik), berichtet aus Genf, wo in Kürze die Friedensverhandlungen zum Syrien-Konflikt beginnen. Claudia begleitet während den Verhandlungen einen Teil der syrischen Opposition, den Kurdischen Nationalrat. Hier dokumentiere ich ihren zweiten Bericht.

Die dritte Woche in Genf neigt sich ihrem Ende, doch die Stimmung vibriert vor Spannung auf die Friedensgespräche, die am 14.3. beginnen sollen. Die syrische Opposition, vertreten durch das Hohe Verhandlungskomitee, hat heute offiziell ihre Teilnahme bestätigt. Die Delegationen trudeln peu à peu ein. Allerdings rechnet der UNO-Vermittler für Syrien, Staffan de Mistura, mit weiteren über die kommende Woche verstreuten Anreisen. Nichtsdestotrotz wird er Gespräche führen, wobei drei Themen im Mittelpunkt stehen sollen: die neue Regierungsführung Syriens, die Verfassungsgebung und die Organisation von Wahlen innerhalb der nächsten 18 Monate.

Der Kurdische Nationalrat ist durch zwei Personen in den Gremien des Hohen Verhandlungskomitees vertreten. Abdul Hakim Bashar ist Mitglied im Hohen Verhandlungskomitee, das wiederum eine Delegation berief, in welcher Fuad Aliko den Kurdischen Nationalrat vertritt. Ihr Mandat wird durch über 625.000 Unterschriften, die im Januar und Februar in Syrien gesammelt wurden, unterstützt. Die Unterzeichner*innen wünschen, dass die Frage der   mehrheitlich kurdisch bewohnten Gebiete in Syrien zu einem Kernpunkt der Verhandlungen gemacht werden soll. Bisher findet er sich nicht direkt auf der Agenda.

Wenig verwunderlich, scheinen doch die meisten Medien, egal ob englisch-,deutsch- oder arabisch-sprachig, nicht einmal Notiz von der kurdischen Beteiligung in Genf zu nehmen. Die meisten Zeitungen sprechen davon, dass „die Kurden“ nicht mit am Tisch säßen. Was sie meinen ist die Nicht-Teilnahme der kurdischen PYD (Partei der demokratischen Union), dem PKK-Ableger im Norden Syriens, der auf Drängen der Türkei schon im Januar keine Einladung erhielt. Dass die kurdische Parteienlandschaft weitaus vielfältiger ist, scheint für die meisten Journalist*innen ein Geheimnis zu sein. Auch einige Diplomat*innen hier in Genf wirken überrascht, wenn wir ihnen von der Beteiligung des Kurdischen Nationalrates innerhalb der syrischen Oppositionsgruppen und der Friedensgespräche berichten. Da ist noch Einiges an Gesprächen und Aufklärungsarbeit zu leisten, damit die Stimme der Parteien, Gruppen und Einzelpersonen, die den Kurdischen Nationalrat bilden, sowie deren Vorschläge für die nachhaltige und demokratische Gestaltung eines zukünftigen Syriens in der Schweizer UNO-Stadt Gehör finden.

Nach der Wahrnehmung folgt die Anerkennung. Das wird ein neues Kapitel.