Ein Polizeiübungsgelände neben einer Flüchtlingsunterkunft?

Ein Polizeiübungsgelände neben einer Flüchtlingsunterkunft?

Vor einigen Wochen gab es Presseberichte, in den kritisiert wurde, dass Polizeiübungen in der unmittelbaren Umgebung einer Flüchtlingsunterkunft stattfinden. Dabei handelt es sich um Übungen der Fachhochschule der Polizei in Lehnitz. Die Initiative Willkommen in Oberhavel kritisiert die Übungen scharf, vor allem im Hinblick auf traumatisierte Kriegsflüchtlinge.

Wir wollten uns vor Ort selbst ein Bild machen und deshalb machte ich mich mit meinen Fraktionskolleginnen Isabelle Vandre und Gerrit Große heute auf den Weg nach Oranienburg. Dort trafen wir uns zuerst auf dem Gelände der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg und wurden durch den Prädidanten der FH Pol, Herrn Rainer Grieger, über die Fachhochschule als solche informiert. So erfuhren wir bspw., dass die Fachhochschule, die seit 2006 in Oranienburg ansässig ist, ca. 60 Lehrkräfte, darunter 8 Professuren, ca. 670 Studierende, davon ca. 20% Frauen hat und neben der Ausbildung der Polizeikräfte auch Weiterbildungen anbietet.

Beim Rundgang über das Gelände ging es vor allem um die Historie des Geländes, das direkt neben dem KZ Sachsenhausen gelegen ist und als SS-Truppenlager errichtet wurde. Die FH geht mit dieser Geschichte dahingehend um, dass sie die Vergangenheit des Objekts bewusst in die Lehre einbezieht und auch sehr eng mit der Gedenkstätte zusammenarbeitet.

Aber zum eigentlichen Grund unseres Besuchs: Das Gelände in Lehnitz nutzt die FH Pol seit 2007 vor allem für Fahrsicherheitstrainings und in einem leer stehenden Block für Innenübungen, die allerdings von außen nicht wahrnehmbar sind. Diese beiden Bereiche würde ich zumindest nach dem, was ich heute gesehen und gehört habe für nicht allzu problematisch halten, will dazu aber auch nch mit der Initiative vor Ort ins Gespräch kommen. Problematisch allerdings ist, dass ca. drei bis vier Mal im Jahr, auf dem Gelände Außenübungen zu verschiedenen Gefahrenlagen stattfinden. Das können Übungen zur Suche nach vermissten Personen ebenso sein wie die Erprobung von Großlagen, bspw. große Demonstrationen oder auch Zugriffsübungen. Dabei kommen Fahrzeuge, aber auch tw. Hubschrauber zum Einsatz.

Die Fachhochschule versucht, hierüber frühzeitig zu informieren und lädt auch Flüchtlinge ein, bei den Übungen zuzuschauen, ihnen die Übungen zu erklären usw. Beim Besuch des Geländes kamen denn auch BewohnerInnen der Flüchtlingsunterkunft zu Herrn Grieger und begrüßten ihn, erzählten von der vorangegangenen Übung und luden ihn zu Kaffee ein. Insofern scheint die Informationspolitik zumindest bei den BewohnerInnen positiv aufgenommen zu werden.

Gleichzeitig bleibt aber das Problem, dass diese Übungen für BewohnerInnen aus Kriegsgebieten, die Traumata erlitten haben, eine starke psychische Belastung sein können und auch zu einem sogenannten Backflash führen können.

Eine Lösung dafür haben wir heute nicht gefunden. Es gibt einerseits das berechtigte Interesse der FH Pol, im Rahmen der Polizeiausbildung Übungen durchzuführen, ein Ausweichgelände gibt es nicht. Gleichzeitig ist der Schutz der zu uns geflüchteten Menschen vor psychischen Belastungen nach allem, was sie erlebt haben, sehr wichtig. Eine Sofortmaßnahme kann sein, dass Flüchtlinge, bei denen ein Trauma vorhanden ist oder auch befürchtet wird, nicht nach Lehnitz zugewiesen werden und ein sofortiger Umzug veranlasst wird, wenn Angstreaktionen o.ä. beobachtet werden. Auch die Informationspolitik und die Zusammenarbeit mit der Heimleitung und den Initiativen vor Ort sollte fortgesetzt bzw. intensiviert werden, um im gemeinsamen Dialog möglichst schonende Lösungen für die Flüchtlinge zu finden. Mittel- und langfristig wird das aber vermutlich nicht ausreichen. Deshalb ist der Landkreis als Träger der Einrichtung ebenso gefordert wie das Land, an weitergehenden Lösungsmöglichkeiten zu arbeiten.

Ich werde als nächste Schritte den Dialog mit dem Landkreis und mit den Initiativen vor Ort suchen, um auch deren Einschätzungen zur Situation zu kennen. Außerdem werde ich versuchen, mir die nächste Außenübung anzuschauen, um ein genaueres Verständnis zu bekommen, wie so etwas abläuft und wie dies wahrgenommen wird.