Prozessauftakt zum rechten Terror in Nauen - Eindrücke und Beobachtungen

Prozessauftakt zum rechten Terror in Nauen – Eindrücke und Beobachtungen

Gestern fand im Justizzentrum Potsdam der 1. Verhandlungstag des Prozesses gegen die rechte Terrorzelle statt, die über Monate in Nauen diverse schwere Straftaten verübt hat. (Hier im Blog finden sich zahlreiche Artikel dazu, unter andere, zum Brand der Turnhalle des OSZ aber auch zu den wiederholten Angriffen auf das Büro der LINKEN, in dem sich auch mein Wahlkreisbüro befindet.)

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Die erste Sicherheitsüberprüfung im Zelt, die zweite am Eingang zum Saal links.

Der Prozess fand unter strengen Sicherheitsbestimmungen statt, so mussten sich Presse und Zuschauer jedes Mal, wenn sie den Saal betraten, einer Sicherheitskontrolle unterziehen (was zu mehreren Verzögerungen des Prozesses führte), Taschen durften nicht mit in den Saal genommen werden und auch Handys oder Laptops waren für die Beobachter nicht erlaubt (die Presse durfte diese mit rein nehmen, jedoch keine Nachrichten aus dem Gerichtssaal versenden). Deshalb gibt es auch keine Fotos von mir aus dem Saal. Es standen insgesamt nur 24 Plätze für die Presse und 20 für sonstige Gäste zur Verfügung und so hieß es, früh da sein, um einen Platz zu ergattern. Ich war um 8 Uhr da, ab 8.45 Uhr sollte der Einlass beginnen und um 9.30 Uhr war der Prozessbeginn angesetzt, aufgrund der Sicherheitskontrollen begann dieser aber erst gegen 10 Uhr.

Ich bin keine Juristin und auch keine Journalistin, deshalb werde ich hier keinen Prozessbericht schreiben. Vielmehr beschränke ich mich auf Beobachtungen und Eindrücke, die mir wichtig erscheinen. Und ein bisschen politische Einschätzung ist auch dabei 😉

Vorab: Neben sehr vielen Journalisten verfolgten den Prozess diverse BeobachterInnen. Ich kannte nicht alle, klar ist aber, dass neben zivilgesellschaftlichen Akteueren auch einige Menschen aus linken Recherchestrukturen anwesend waren. Das verspricht kritische Begleitung des Prozesses und das ist auch gut so. Verfolgt haben den Prozess aber auch einige Personen der Havelländer Naziszene. Hervorzuheben ist Frank Kittler aus Brieselang, er war Kandidat der NPD zur Landratswahl im Havelland. Man kann also davon ausgehen, dass die Gerüchte, die NPD haben Maik Schneider fallen lassen, zumindest für die lokale bzw. kreisliche Ebene nicht stimmen.

Welche Straftaten werden den Angeklagten vorgeworfen? Das sind neben der Brandstiftung an der Turnhalle auch der Sprengstoffanschlag auf den LIDL in Nauen und der Brandanschlag auf das Auto eines polnischen Staatsbürgers. Außerdem sind angeklagt der Brandanschlag auf eine DIXI-Toilette vor einer im Bau befindlichen Flüchtlingsunterkunft, ein Farbbeutelanschlag auf das LINKE-Büro, das Verkleben der Schlösser am LINKEN Büro. Außerdem geht es um die Störung der Sitzung der SVV in Nauen, in der es um den Sandort für die geplante Asylunterkunft ging. Und den Angeklagten wird vorgeworfen, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, deren Rädelsführer Maik Schneider gewesen sein soll.

Interessant ist in dem Zusammenhang, was alles nicht angeklagt ist. Da wären die Anschläge auf den Jugendclub und das Auto der Nauener Stadtverordneten der LINKEN  – in beiden Fällen gibt es die begründete Vermutung, dass die Gruppe auch dafür verantwortlich ist, scheinbar reicht der Tatverdacht aber nicht aus. Es fehlen jedoch auch einige Angriffe auf unser Büro in Nauen, allen voran einer der beiden Farbbeutelangriffe, was ein Stück weit unklar ist, weil die gleiche Farbe verwendet wurde. Es gibt die Befürchtung, dass diese fehlenden Taten das Bild der Gruppe und ihrer kontinuierlichen Aktivitäten im Prozess verzerren.

 

Und nun zu meinen Eindrücken von den Aussagen der Angeklagten:

Maik Schneider

Über Maik Schneider ist viel geschrieben worden. 29 Jahre alt, Stadtverordneter der NPD in Nauen und Kreistagsabgeordneter im Havelland, derzeit in Untersuchungshaft in Brandenburg an der Havel. Er hat gestern als letzter ausgesagt, nachdem er durch vier der fünf Mitangeklagten schwer belastet wurde (Der 6. Angeklagte – Dennis W. – lässt sich erst am kommenden Dienstag zur Sache ein, nach meiner Einschätzung wird er aber wohl die Aussage von Schneider stützen.) Während der Aussagen seiner Mitangeklagten hat Schneider anfangs versucht diese durch Blicke und Bemerkungen einzuschüchtern. Nachdem der Richter darauf hinwies, dass er während de Ausführungen nach vorn zu gucken habe, hat er das dann aber auch getan.

Interessant scheint mir das Verhältnis zu seinem Verteidiger zu sein. Nachdem der Richter fragte, ob dies sein Verteidiger sei, antwortete er mit „Ja, leider.“ Und es wurde zu Beginn der Aussage deutlich, dass Schneider versucht hatte, beim Gericht den Wechsel des Pflichtveteidigers zu erreichen, was dieses aber abschlägig beschied. Worin das Zerwürfnis besteht, war nicht zu erkennen, möglicherweise hat das mit der Einlassung des Angeklagten zu tun, die in weiten Teilen irgendetwas zwischen dummdreist und absurd wirkte. Interessant ist insgesamt, dass keiner der Angeklagten von einem der einschlägig bekannten Szeneanwälten vertreten wird.

Ich versuche mal eine Kurzfassung dessen, was Maik Schneider dem Gericht versuchte als Geschichte aufzutischen, man vergebe mir jedoch einen gewissen Zynismus dabei: Schneider erklärte zu Beginn, die Angeklagten Christopher L. und Dennis W. säßen zu Unrecht in Untersuchungshaft, sie hätte nichts mit dem Brand der Turnhalle zu tun gehabt. Sebastian F. sei lediglich Helfer gewesen, Christian B. und Thomas E. seien komplett frei zu sprechen. Nachdem die anderen Angeklagten bereits umfangreiche Geständnisse abgelegt hatten, wirkte das schon recht absurd. Es wurde aber noch besser: Schneider erklärte, der Brand sei ein Unfall gewesen. Das wäre eine ganz spontane Idee an diesem Tag gewesen und eigentlich wollte er nur ein Zeichen setzen, weil er es schlimm fände, wenn Menschen in eine Turnhalle „wie Vieh“ gepfercht würden, so könne man Menschen nicht unterbringen und außerdem wäre die Halle dann ja nicht mehr für den Schul- und Vereinssport nutzbar gewssen, was auch nicht gut gewesen wäre. Und er sei ja oft zum Mittagessen in einer „Asylantenuntekunft“ in Potsdam Schlaatz eingeladen und dahher wisse er, dass durch solche Form der Unterbringung nur Probleme entstünden. Weil das er das so sähe und auch niemals „Volkseigentum“ zerstören würde, wäre das übrigens auch ein Nachweis, dass er die Turnhalle gar nicht habe anzünden wollen. Es war teilweise nicht ganz einfach den Ausführungen zu folgen, jedoch hat er uns wohl mitteilen wollen, dass er eigentlich nur diverse Materialien (Paletten, eine Mülltonne, Autoreifen, Propangasflasche, Kanister mit Altöl) zusammengesamelt habe, um diese vor dem Eingang der Turnhalle aufzuschichten und mit einem Transparent zu versehen. Da das aber vermutlich schnell weg geräumt worden wäre, sei er auf die Idee gekommen, man könne die Autoreifen ja in einigem Abstand zur Halle postieren und ein bisschen Qualm produzieren, um die Fassade der Halle vollzurußen. Das wäre dann ein Zeichen an den Landkreis gewesen, dass man Menschen so nicht unterbringen könne, um diesen dazu zu bringen, auf die Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge in der Halle zu verzichten. Leider habe er allerdings nicht richtig eingeschätzt, wie eine Propangasflasche bei Erhitzung reagiere, er habe gedacht, die würde quasi am Verschluss aufgehen und es gäbe nur eine Stichflamme. Nun habe aber die Propangasflasche irgendwie anders reagiert und dadurch sei es zu dem Brand der Turnhalle gekommen, was im bis heute ein Rätsel sei, wie das habe passieren können. Hätte er die Halle wirklich abbrennen wollen, hätte er seine (lange Jahre trainierten) Fähigkeiten beim Schlösser aufbrechen genutzt und die Materialien in der Halle positioniert.

Übrigens habe er auch, als er gesagt habe, man müsse „da doch was machen“, nur gemeint, man solle Stände neben der Turnhalle machen oder Flyer verteilen. Es habe auch die Idee gegeben, neben der Halle zu zelten, um den Landkreis zum Einlenken zu bringen. Aber niemals habe er geplant, die Halle anzuzünden! Irgendjemand aus der Gruppe habe mal eingworfen, man könne das Ding ja abbrennen, ihm wäre aber klar gewesen, dass das nicht möglich sei und deshalb habe er sich immer drüber lustig gemacht. So seien auch die Chatprotokolle zu verstehen.

Ach, und er war das natürlich auch ganz alleine. Der Angeklagte Sebastian F. habe ein wenig beim Tragen und beim Gegenstände über den Zaun heben geholfen. Aber der habe nicht gewusst, was er da eigentlich machen will. Und Dennis W. sei zufällig am Tatort aufgetaucht, völlig mit Drogen zugedröhnt, dem habe er gesagt, er solle abhauen.

Zu allen anderen Tatvorwürfen teilte er mit, unschuldig zu sein. Farbbeutel hätten sie schon mal befüllt, aber nur aus Resten beim Transpis malen. Die wären für eine Farbbeutel-Schlacht (!!!) gedacht gewesen, aber da habe dann außer ihm niemand mitmachen wollen. Deshalb hätten sie die dann auf ein altes Bahnhäuschen geworfen. Niemals seien die für das LINKE-Büro gedacht gewesen! Über den LIDL-Anschlag wisse er rein gar nichts. Und das Auto von dem polnischen Staatsbürger? Ja, die Tat habe er schon gefilnt, aber nur durch Zufall! Bei den verklebten Schlössern glaubt er schon, dass das Dennis W. gewesen sein könnte, aber auch da wisse er nichts. Und bei der SVV, da sei er völlig unschuldig. Also er habe da schon was gerufen, aber niemanden aufgefordert gegen die Scheiben zu schlagen!

Und die kriminelle Vereinigung? Ja, sowas hat es nie gegeben. Bei der Befragung durch die Polizei hätte diese immer erst am Anfang von der WhatsApp-Gruppe gesprochen und dann hätte sie das „WhatsApp“ weg gelassen und dadurch hätten die Zeugen „Gruppe“ falsch interpretiert. Die WhatsApp-Gruppe sei auch nur zum Flyer verteilen und sowas da gewesen. Er wollte die nicht NPD-Stadtverband nennen, um nicht Leute abzuschrecken, und deshalb sei der Name halt „Heimat im Herzen“ gewesen. Da sei er Administrator gewesen, aber das bedeute ja nun nicht, dass er der Rädelsführer gewesen sei. Außerdem habe es ja eh keine kriminielle Vereinigung gegeben.

Das ist die Kurzfassung, des eineinhalbstündigen Statements, und ich versichere, ich hab hier nichts erfunden, lediglich zusammengefasst. Es war genau so absurd und dummdreist, wie es sich hier liest! Entsprechend reagierte das Gericht, der Richter war extrem genervt, der Schöffe fragte zwischendurch sichtlich aufgebracht, ob er den Quatsch ernst meine und sein eigener Anwalt saß daneben und wirkte sehr unglücklich.

 

Gleichzeitig will ich aber auf eines hinweisen: Das klingt zwar alles ziemlich irre. Aber: Der Mann ist aber ein knallharter Nazi und NPD-Funktionär, der bisher nicht durch Dummheit aufgefallen ist. Meines Erachtens steht dahinter eine klare Strategie: Die Aussagen der Mitangeklagten entwerten und Zweifel an deren Version säen, den Spagat hin bekommen, einerseits sich in der Szene nichts zu vergeben (und die findet das sicher erst mal lustig und schließlich stellt er sich schützend vor seine Kameraden!) und andererseits zu versuchen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dass er dabei ein wenig verwirrt wirkt, dürfte helfen, wenn er versucht, diese Geschichte mit den vorliegenden Beweisen irgendwie in Einklang zu bringen und den Prozess über durchzuhalten. Ich glaube nicht, dass die Strategie vor Gericht funktioniert. Ich bin aber ziemlich sicher, dass Dennis W. am Dienstag diese Geschichte stützen wird.

 

Die anderen Angeklagten scheinen eine andere Verteidigungsstrategie zu verfolgen, die im Grundsatz wie folgt aussieht: sie hatten eine schwere Kindheit, sind auch ansonsten gescheiterte Existenzen (gewesen), sind vollständig bis ziemlich unpolitisch aber beeinflussbar (durch Schneider zum Beispiel), haben nur Schneiders Anweisungen befolgt und standen eigentlich ständig unter Drogen und/oder Alkohol. Bei allen spielen Berichte über Treffen in der Kneipe „Karpfen“ eine Rolle, das soll wohl den Eindruck machen, dass sie eigentlich ein Freundeskreis sind, der sich regelmäßig zum Saufen trifft (von 7 bis 8 halbe Liter Bier und 6 bis 7 Schnäpsen an einem Abend wurde berichtet…). Da gibt es zwar durchaus Unterschiede zwischen den Angeklagten, aber von der Grundtendenz scheint das die Linie zu sein.

 

Sebastian F.

30 Jahre alt, hohe Spielschulden durch Spielsucht, diese bis 2014 erfolgreich therapiert, dann exzessiver Alkohol. Nicht politisch interessiert, war nur einmal bei einer Demo gegen Asyl, weil er sich sozial benachteiligt fühlt. Seine Erklärung wurde durch seinen Anwalt verlesen, insgesamt macht er einen recht labilen Eindruck, antwortete auf die Fragen des Richters sehr leise und verunsichert. Er hat alle Vorwürfe gegen sich eingeräumt, danach war er an der Turnhallenbrandstiftung dahingehend beteiligt, dass er die Materialien bei Dennis W. mit diesem und Schneider eingeladen und am Tatort ausgeladen und über den Zaun gehoben und auch auf Anweisung Schneiders mit angeordnet hat. Beim Anzünden sei er nicht mehr dabei gewesen, weil er zwischenzeitlich los geschickt worden sei, nachzuschauen ob jemand komme und dann habe er sich aus dem Staub gemacht und sei nach Hause gerannt. Von der Tatplanung habe er zwei bis drei Wochen vorher erfahren. Er habe ein schlechtes Gefühl dabei gehabt und habe im Übrigen auch gar nichts gegen Ausländer, im Gegenteil, er habe Kontakte auf Arbeit und versuche sich mit denen anzufreunden. Von den anderen Taten habe er nichts gewusst. Um von der Gruppe weg zu kommen, sei er aus Nauen weg gezogen.

 

Christian B.

32 Jahre alt, von Beruf Koch, hat bei seinen Eltern gearbeitet, dann arbeitslos, nun bei Zeitarbeitsfirma. Drogenkonsum bis er 25 Jahre alt war, seitdem häufig Alkohol. Hat Schneider 2014 kennen gelernt. War auch bei der SVV-Sitzung anwesend, wollte sich gegen Pläne der Stadt wehren. Dabei wurde die Stimmung von draußen gemacht, wer das gewesen sei, wisse er aber nicht, er wäre schließlich drin gewesen. Wollte sich wehren gegen den Umgang mit den Bürgern dort. Er wäre bspw. einer der letzten im Saal gewesen, nachdem die SVV-Sitzung abgebrochen wurde und habe dennoch seine Fragen nicht stellen können. Er hatte das Gefühl, etwas gegen die Pläne machen zu müssen, habe deshalb auch Unterschriften gesammelt und wäre zu den Demos gegangen.

Es habe zwei Treffen vor der Brandstiftung gegeben. Dabei habe Schneider unter anderem gefragt, ob schon Brandbeschleuniger gekauft sei. Während der Tat sei er bei der Freundin von Dennis W. gewesen und sei zwischendurch immer mal los gefahren, um zu schauen, wo Polizeistreifen sind. Er sei dann, nachdem Dennis W. nach der Tat nach Hause gekommen ist, mit diesem gemeinsam mit dem Auto unterwegs gewesen, sie hätten sich von Bredow aus die brennende Halle angeschaut.

Einige Zeit nach der Tat habe es in dem von ihm angemieteten Lagerraum ein Auswertungstreffen gegeben, bei dem Maik Schneider die Anwesenden und vor allem Dennis W. für die Tat gelobt habe. Dabei solle Schneider Sätze wie „Das habt ihr gut gemacht.“ und im Hinblick auf die bei ihm stattgefundene Hausdurchsuchung „Die kriegen uns sowieso nicht.“ gesagt haben.

Zu den anderen Taten wusste er auch etwas zu berichten. Zum angezündeten DIXI solle Christopher L. ihm erzählt haben, dass er das gewesen sei. Zum LIDL habe W. ihm erzählt, dass dies eigentlich zu Lasten einiger Autos mit polnischem Kennzeichen gelten sollte. Die Tat zugegeben habe er ihm gegenüber aber nicht. Zum angezündeten Auto wusste er zumindest zu berichten, dass es in Nauen das Gerücht gegeben habe, Dennis W. sei das gewesen. Es wird in den folgenden Prozesstagen sicher eine Rolle spielen, welches Motiv es für diesen Anschlag gab.

Er teilte außerdem mit, er habe Angst von Maik Schneider, weil diese auch aus der Haft heraus in der Lage sei, seine „Truppen“ zu steuern, es habe aber keine Versuche der Einschüchterung bisher gegeben.

 

Christopher L.

27 Jahre alt, Tiefbaufacharbeiter. Er entschuldigte sich zuerst einmal für die Taten und bei denen, die dadurch geschädigt wurden. Er gibt an, eigentlich in Frankfurt (Oder) gewesen zu sein und aufgrund einer Nachricht von einer unbekanten Nummer, er solle nach Nauen kommen, extra zur Tat angereist zu sein. Dadurch habe er auch die Anweisung bekommen, zum Repo-Parkplatz zu kommen und Streife zu laufen, falls Polizei käme. Er sei dann bis ca. 1 oder 2 Uhr durch die Gegend gelaufen und sei dann nach Berlin und später weiter nach Frankfurt (Oder) gefahren, deshalb habe er vom Brand der Halle gar nichts mitbekommen, wobei er schon davon ausgegangen sei, dass für diese Nacht die Brandstiftung geplant gewesen sei. Wenn er etwas Verdächtiges während seiner Streife bemerkt hätte, hätte er Dennis W. oder Maik Schneider konsultieren sollen. Wer ansonsten bei de Tat dabei war, wisse er nicht.

Bei einem Vorbereitungstreffen zur Brandstiftung sei er nicht gewesen, aber er habe gemeinsam mit Schneider und Dennis W. bei Renault in Nauen Reifen zur Vorbereitung der Tat gekauft. Eigentlich wären Dennis W. und er bereits an diesem Tag von Schneider beauftragt gewesen, die Turnhalle in Brand zu setzen. Si hätten dazu jedoch nicht den Arsch in der Hose gehabt und seien daraufhin von Schneider als „Feiglinge“ bezeichnet worden.

An ein Nachtreffen zur Tat könne er sich nicht erinnern, zu Schneider habe er das letzte Mal im Oktober 2015 Kontakt gehabt, wo sie gemeinsam zu einer Demonstration in Rathenow gewesen wären.

Zur in Brand gesteckten DIXI-Toilette gibt er an, dass er dies gewesen sei. Vorher sei er lange im „Karpfen“ gewesen udn habe sehr viel getrunken. Deshalb wisse er auch nicht mehr, warum er eigentlich die Toilette angezündet habe. Es könne schon sein, dass er Frust hatte, dass ein Asylheim da hin komme, aber das wisse er einfach nicht mehr. Nach dem Verlassen der Kneipe sei er nach Hause gegangen, habe Spiritus geholt und habe damit dann das DIXI in Brand gesetzt.

Ähnlich soll es sich bei dem Farbbeutelanschlag verhalten haben. Er hbae mit dem Angeklagten Thomas E. sehr viel im „Karpfen“ getrunken (er Bier und Schnaps, E. nur Schnaps). Sie seien nach Mitternacht völlig betrunken aufgebrochen, hätten die restlichen (!!!) Farbbeutel geholt und hätten diese auf die Fassade des Büros geworfen. Leider hat der Richter hier nicht nachgefragt, was er mit „restliche“ Farbbeutel meint, der andere Farbbeutelanschlag ist ja nicht angeklagt, man könnte aber schon vermuten, dass sich bei Nachfrage hier etwas ergeben hätte. Nachdem sie die Farbbeutel geworfen hatten, wollten die beiden Angeklagte wohl zu Schneider und sind auf dem Weg in Richtung Bahnhofgefasst worden. Als Motiv gab L. an, dass er aus Rache dafür gehandelt habe, dass die Linken immer gegen die Nein-zum-Heim-Demos gehetzt und die Teilnehmer als Nazis beschimpft hätten, obwohl da doch „auch normale Bürger“ dabei gewesen wären.

Zum LIDL-Anschlag berichtete L., dass er von der Explosiob durch seine Mitter erfahren habe. Dennis W. habe ihm später erzählt, dass er das war, es könne aber sein, dass W. zu dem Zeitpunkt unter Drogen- oder Alkholeinfluss stand.

 

Thomas E.

30 Jahre, Elektroniker. Er berichtete, Schneider schon sehr lange zu kennen und mit ihm seit der Jugend befreundet zu sein. Er habe auch in der Wohnung von Schneider gewohnt, als dieser diese nur wenig nutzte, weil er bei seiner Freundin in Jüterbog wohnte. Diese Information, dass Schneider in Jüterbog gewohnt hat, war zumindest für mich neu und wirft einige neue Fragen hinsichtlich des noch unaufgeklärten Anschlags auf den Jugendclub in Jüterbog auf!

Er habe oft Flyer verteilt und politische Aktionen vorbereitet, sei bei einigen Demonstrationen auch Ordner gewesen und habe mit Schneider gemeinsam Plakate bzw. Transparente in der Wohnung angefertigt. In die WhatsApp-Gruppe habe er aber nur sehr selten rein geschaut, weil er vor und nach dem Brand nur sehr wenig Kontaktzu der Gruppe gehabt habe, da L. ihm Geld geschuldet habe und er auch selbst eine Menge persönliche Probleme gehabt habe. Von den Planungen zur Brandstiftung der Turnhalle habe er nichts gewusst, er habe auch erst durch die Hausdurchsuchung erfahren, dass das jemand aus der Gruppe gewesen sein soll. Dass eine auf ihn zugelassene Handynummer in der Brandnacht am Tatort erfasst worden sei, könne er damit erklären, dass die Funkzellen sich in seiner Wohnung überschneiden und außerdem seine Freundin das Handy nutze, es sei nur eine kostenlose Zweitnummer, die er ihr überlassen habe.

Zu dem Farbbeutelanschlag sagte er, dass er zu L. noch ergänzen wolle, dass er schon zuvor in Falkensee mit einer Freundin sehr viel Alkohol konsumiert habe und nachdem dort die Bar geschlossen habe, er nach Nauen gefahren sei und im „Karpfen“ L. getroffen habe. Er sei erst nach Mitternacht dort eingetroffen. Er war so betrunken, dass er sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern könne, er vermute aber, dass er auch Farbbeutel geworfen habe.

Zu den restlichen Taten sagte er nichts.

 

Soweit zu meinen Beobachtungen. Mein Eindruck war, dass das Gericht sich leider sehr wenig für die politischen Hintergründe der Angeklagten interessierte. Nur einmal wurde nachgefragt, was das für Flyer gewesen seien, die verteilt wurden. Zumindest bei den Angeklagten Maik Schneider, Dennis W., Christopher L., Thomas E. und Christian B. (bei Sebastian F. kann ich es nciht einschätzen) kann man davon ausgehen, dass sie fest in der regionalen Naziszene verankert und hochaktiv waren. Die Havelländer Szene ist gut vernetzt mit Strukturen in Ostprignitz-Ruppin, Potsdam und Potsdam-Mittelmark. Und es ist bekannt, dass die regionale Szene über ein hohes Gewaltpotenzial verfügt. Das sind keine armen Jungs, die nur nen bisschen zu viel Alkohol und Drogen konsumieren und ansonsten blind Maik Schneider folgen. Das sind ganz klar bekennende Nazis mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild und der Hass auf politische Gegner und Rassismus sind die Motive für die Taten (und das kann man auch bei jeder einzelnen Tat – vielleicht mit Ausnahme de LIDL-Filiale unschwer erkennen). Ich hoffe sehr, dass dieser politische Hintergrund an den folgenden Prozesstagen eine größere Rolle spielt und die Angeklagten nicht mit ihrer Legende durch kommen, sie seien nur ein bisschen frustriert gewesen . Jede einzelne dieser Taten ist nicht einfach im Suff spontan entstanden sondern hatte einen politischen Hintergrund.