Rede zum Antrag der AfD zum Chancen-Aufenthaltsrecht
Die AfD hat einen Antrag „„Chancen-Aufenthaltsrecht“ stoppen – Ausreisepflicht konsequent umsetzen!“ eingebracht. Er wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Das Video der Rede ist hier verfügbar.
Mein Redeskript dokumentiere ich hier:
„Die AfD legt heute einen Antrag vor, den sie in gleicher Form schon im August im Landtag Nordrhein Westfalen eingebracht haben. Die nach eigenem Bekunden „größte Oppositionsfraktion“ hier im Landtag besticht mal wieder durch bodenlose Faulheit. Dieselben Forderungen, die selben kruden Thesen. Selbst den Link zum Artikel in der Welt vom 6.7. haben sie übernommen. Das war übrigens vor 5 Monaten!
Das führt zu einer weiteren Schwäche des Antrags: Sie fordern, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene für eine Rücknahme bzw. Ablehnung des Gesetzentwurfs einsetzen soll. Nun, meine Damen und Herren, was im August noch passte, ist mittlerweile überholt: Der Bundestag hat in seiner Sitzung am 2.12. das neue Chancenaufenthaltsrecht beschlossen. Ob die Landesregierung sich für die Rücknahme oder Ablehnung des Entwurfs einsetzt, ist vollkommen egal. Der Antrag ist also Quark.
Inhaltlich sagt die AfD in ihrem Antrag an einer Stelle aber die Wahrheit: Es werden mehr ausländische Menschen eine Aufenthaltsgenehmigung erlangen. Und wissen sie was: Das ist auch gut so!
Ich möchte gar nicht so tief in die einzelnen Regelungen einsteigen, wir führten ja in dieser und der letzten Wahlperiode mehrfach Debatten über eine grundsätzliche Veränderung der Haltung des Landes zu Aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen. Allerdings will ich noch mal kurz die Bundestagsdebatte zum Chancenaufenthaltsrecht aufgreifen, denn da formulierte ein Redner sehr treffend, warum wir seit Jahren für ein besseres Aufenthaltsrecht kämpfen und warum das jetzt verabschiedete Gesetz trotz aller unnötig eingezogener Hürden, ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Adis Ahmetovic ist als Sohn bosnischer Kriegsflüchtlinge in Deutschland geboren und sitzt für die SPD im Bundestag. Er berichtete, dass er von der zuständigen Ausländerbehörde sage und schreibe 18 Duldungen mit maximal dreimonatiger Dauer erhielt – und zudem eine Androhung der Abschiebung und Ausreiseaufforderung. „Wie sie sehen können, hat es nicht geklappt. Jetzt bin ich direkt gewählter Bundestagsabgeordneter“, ergänzte er die Auflistung behördlicher Drangsalierung.
Er führte aus: „Wer wie ich hautnah miterlebt hat, wie die bosnischen Kriegsflüchtlinge trotz ihrer offenkundigen Schutzbedürftigkeit in deutschen Asylverfahren rundweg als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurden und deshalb jahrelang ohne legalen Status, ohne Sicherheit und ohne Rechte als „Ausreisepflichtige“ in Deutschland leben mussten; wer weiß, dass alle bosnischen Flüchtlinge direkt nach Kriegsende zur Rückkehr aufgefordert wurden, obwohl es für die allermeisten keine Rückkehrmöglichkeit gab, und dass zehntausende bosnische Flüchtlinge aus Deutschland von den USA, Kanada und Australien aufgenommen werden mussten, weil ihnen die Abschiebung nach Bosnien drohte; wer jahrelang dafür gekämpft hat, dass zumindest den schwer traumatisierten Opfern des bosnischen Kriegs ein rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland zugestanden wurde, der oder die ist einfach glücklich, wenn ein unter diesen beschämenden Umständen in Deutschland aufgewachsener Mensch Jahre später als deutscher Bundestagsabgeordneter im Parlament erklärt, dass „mit diesen behördlichen Gängeleien, dieser unsäglichen Praxis der Kettenduldungen … ab heute Schluss“ sein soll.“
Dies meine Damen und Herren, ist der Geist des Chancenaufenthaltsrechts und diese Empfindungen dürften so oder so ähnlich viele der in der Begründung des AfD – Antrags aufgeführten „ausreisepflichtige Ausländer“ teilen. Und genau deshalb werden wir als Linke auch ein waches Auge darauf haben, wie mit geduldeten Geflüchteten nun weiter in Brandenburg verfahren wird. Darauf gebe ich ihnen mein Wort.
Aber ich möchte auch die Möglichkeit nicht verpassen, Herrn Minister Stübgen mal zu danken. Danke, dass sie ihr Versprechen aus der 38. Sitzung des Innenausschusses am 8.6. gehalten haben, und nach – wahrscheinlich intensiver – Prüfung am 20.7. per Weisung eine Vorgriffsregelung auf das Gesetz erlassen haben! Das hat denen Sicherheit gegeben, die hier seit Jahren gut integriert leben und die nun die Chance bekommen, sich ein Leben in Deutschland, ohne ständige Angst vor Abschiebungen aufbauen zu können. Im Übrigen lehnen wir den Antrag natürlich ab.“