Rede zur Aktuellen Stunde der AFD "Masseneinwanderung nach Brandenburg"

Rede zur Aktuellen Stunde der AFD „Masseneinwanderung nach Brandenburg“

Auf AfD-Antrag hat der Landtag über „Masseneinwanderung nach Brandenburg“ debattiert. Dazu hat sie einen Entschließungsantrag vorgelegt, der abgelehnt wurde.

Meine Rede ist als Video hier zu finden.

Das Skript meiner Rede dokumentiere ich hier:

„Masseneinwanderung, Belastungsgrenze, Kriminalität, Abschiebungen – das sind die Stichworte, die die AfD in den Mittelpunkt der Debatte stellen will. Das politische Ziel ist klar: Angst schüren und aus der Situation politisches Kapital schlagen. Das Feindbild – Flüchtlinge – ist markiert und, na klar, die Welt und Brandenburg wären viel schöner, wenn Migration nicht wäre. Schöne deutsche Volksgemeinschaft, alle sind glücklich und Probleme gibt es auch nicht mehr.

Doch so einfach, wie die AfD uns Glauben machen will, ist es nicht. Wir wissen, dass in Krisen Probleme, die schon lange da sind, noch deutlicher hervortreten. Und das gilt auch hier. Nicht die die Flüchtlinge sind Schuld, die eigentlichen Herausforderungen waren schon vorher da und werden nun halt offenbar.

Und deshalb lohnt ein Blick auf die Problembereiche, über die wir im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen auch in Brandenburg immer wieder sprechen: Wohnen, Bildung und Integration.

Beginnen wir mit dem Wohnen. Landesweit fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Überall im Land ist Mangel an bezahlbarem Wohnraum Realität. Nicht erst seit heute und die Landesregierung hat nichts getan, um die Situation zu verbessern. Gerade einmal 20.000 Wohnungen in Brandenburg sind noch belegungsgebunden, die Kappungsgrenzenverordnung läuft völlig an der Realität vorbei und Initiativen zur Steigerung der Bautätigkeit im Sozialwohnungsbau oder zur Begrenzung der Mietpreise seitens der Landesregierung sind nicht bekannt.

Das Problem sind also nicht die Flüchtlinge sondern der Mangel an bezahlbarem Wohnraum insgesamt. Das muss endlich angegangen werden, dringend.

Allerdings wird die Unterbringung noch zusätzlich durch das Handeln der Landesregierung verschärft. Der Innenminister schließt eine Erstaufnahmeeinrichtung, die Integrationsministerin erklärt öffentlich, dass sie das falsch findet. Geschlossen wird die Einrichtung dennoch.

Nun vermietet der Innenminister 250 Plätze der Einrichtung nun an den Landkreis Elbe-Elster. Zu einem höheren Tagessatz als das Sozialministerium dem Landkreis pro Platz erstattet übrigens. Der Landkreis zahlt also drauf.

Was zum nächsten Punkt überleitet, wo die Landesregierung ein Problem durch Nichthandeln verschärft: Das Landesaufnahmegesetz. Die notwendige Evaluation wurde durch das Sozialministerium jahrelang verschleppt. Damit werden weder die Kostensätze angepasst, noch wird das System der Unterbringung insgesamt auf den Prüfstand gestellt.

Dabei wissen wir aus Erfahrung der Jahre 2015/2016, dass es extrem teuer ist, sehr schnell Unterkünfte aquirieren zu müssen. Da das Land sich jahrelang geweigert hat, mit den Kommunen vernünftige Regelungen zum Vorhalten von Unterkünften zu treffen, waren die Kommunen gezwungen Plätze in Größenordnungen wieder abzubauen. Um die Kapazitäten nun wieder  aufzubauen – verbunden mit extrem hohen Investitionskosten und riesigem Aufwand.

Dass Sie sich jetzt dafür feiern, 7.000 zusätzliche Unterbringungsplätze  zu finanzieren, ist vor diesem Hintergrund ein Hohn. Es kommt viel zu spät und wäre zum Teil gar nicht nötig gewesen, wenn Sie die Kommunen nicht durch mangelnde Finanzierung gezwungen hätten, vorhandene Plätze wieder abzubauen.

Ähnlich ist es beim zweiten Bereich, der Bildung. Auch hier entsteht das Problem nicht, wie uns die AfD Glauben machen will, durch die Flüchtlinge.

Bei den Kitas herrscht seit Jahren ein großer Mangel in fast allen Regionen des Landes. Die Kommunen fordern seit Jahren mehr investive Mittel, die Koalition hat entsprechende Landesprogramm im vergangenen Jahr auslaufen lassen. Unseren Antrag auf Fortsetzung haben sie abgelehnt.

Gleiches gilt für den Schulbau, wo ebenfalls lange klar ist, dass die Schulkapazitäten nicht reichen. Kommunen können sich die teuren Neubauten oft nicht leisten und die Hilfe des Landes ist auch hier zu gering.

Das kann man fortsetzen: Fachkräftemangel, Nichtberücksichtigung von Geflüchteten in der der Lehrermodellrechnung , zu wenig Vorbereitungskurse und Förderklassen Deutsch usw. Die Folgen sind zusätzliche Belastung der Lehrkräfte, immer größere Klassen und das Absinken der Bildungsqualität. Und auch hier zeigt sich, lange bekannte Probleme werden angesichts steigender Geflüchtetenzahlen offenbar. Reagiert wird auch hier zu spät oder auch gar nicht.

Was also brauchen wir angesichts der nun wieder steigenden Flüchtlingszahlen? Die plumpen Antworten der AfD sind Grenzen dicht und abschieben. Das wird aber keines der Probleme, die wir aktuell haben, lösen.

Was wir brauchen ist ein entschlossenes Handeln der Landesregierung. Nicht kurzfristig Geld raus holen, um notdürftig Löcher zu stopfen, sondern langfristige Lösungen, also die Verbesserung der investiven Ausstattung der Kommunen für soziale Infrastruktur, die bessere Ausstattung der Schulen mit Personal, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und die Begrenzung der Mietpreisexplosion. Das würde allen Brandenburgerinnen und Brandenburgern helfen, gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land schaffen und den sozialen Frieden im Land sichern.

Und wenn man das dann auch noch verbindet mit nachhaltigen Lösungen für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten, verbesserte Integrationsbedingungen durch Deutschkurse vom ersten Tag an und verstärkte Anstrengungen bei der Qualifizierung und Integration in den Arbeitsmarkt kommen wir ein ganzes Stück weiter.

Und wenn wir es dann noch schaffen, Migrationssozialarbeit für alle Geflüchtetengruppen vorzuhalten und die Integrationsarbeit im Land verlässlich zu finanzieren, dann werden wir auch die jetzt anstehenden Herausforderungen angesichts der steigenden Geflüchtetenzahlen gemeinsam bewältigen.“